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Prozess am Landgericht in Potsdam: Vorwurf des Kindsmordes bestritten

Zwar wird der Prozess um den Kindsmord am Landgericht Potsdam neu aufgerollt, dennoch bleibt der Anwalt des Angeklagten bei seiner Linie

Im neu aufgerollten Prozess um den mutmaßlichen Giftmord an einem Potsdamer Kleinkind bleibt der Anwalt des Angeklagten bei seiner Linie. Er habe Zweifel an den Vorwürfen gegen seinen Mandanten, machte Verteidiger Christoph Balke am Montag vor dem Landgericht Potsdam deutlich. „Die Anklage ist nur eine Hypothese, diverse Verfahrensbeteiligte sehen das anders“, sagte er. Zwar sei sein Mandant Ricardo H. suchtkrank, vorbestraft und ein Lügner – „also eine unsympathische Person, die eigentlich perfekt als Täter passt“. Allerdings dürfe sich das Gericht gerade nicht von diesen Vorurteilen leiten lassen, appellierte Jurist Balke.

Dem 37-Jährigen wird vorgeworfen, den eineinhalbjährigen Sohn seiner damaligen Freundin in der gemeinsamen Wohnung im Stadtteil Schlaatz im März 2014 vorsätzlich mit einem Tablettencocktail in süßem Babybrei getötet zu haben. Ein erster Prozess war im vergangenen Dezember kurz vor den abschließenden Plädoyers der Verteidigung geplatzt, weil ein Schöffe verstorben war. Daher muss nun das gesamte Verfahren noch einmal von vorn verhandelt werden, inklusive der Beweisaufnahme und Zeugenvernehmung. Im ersten Prozess hatte das zehn Verhandlungstage gedauert.

Danach hatten Staatsanwaltschaft und Nebenklage eine lebenslange Haftstrafe für H. gefordert – aus ihrer, vornehmlich auf Indizien gestützten Sicht, sei der Angeklagte mit dem häufig quengeligen Jungen überfordert gewesen und habe ihn ruhigstellen wollen. Zudem habe er den Jungen beseitigt, um die kriselnde Beziehung mit dessen Mutter zu retten – sie hatte unter anderem gesagt, H. sei sehr eifersüchtig auf den leiblichen Kindsvater gewesen, was häufig zu Streit geführt habe.

Der Angeklagte selbst bestreitet den Mordvorwurf, äußerte sich aber zu den Geschehnissen des Todestages bisher nicht. Am Montag sagte der Kurierfahrer vor Gericht, er sei von dem Jungen fasziniert gewesen, dieser wäre „pflegeleicht und immer gut drauf“ gewesen. In dieser Zeit war der ehemalige Alkoholiker stark medikamentenabhängig und hatte sich wegen einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung von unterschiedlichen Ärzten starke Schmerzpräparate besorgt. Der Junge war laut Gerichtsmedizin unter anderem mit Morphium vergiftet worden. Doch vor Gericht sagt H., er habe seine Tabletten eigens in einem Medizinschrank im Schlafzimmer unter Verschluss gehalten: „Mir war bewusst, dass solche Mittel nicht in Kinderhände gehören.“ Das Urteil wird für den 27. April erwartet. 

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