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Der Potsdamer Sternenhimmel im Frühling.

© Stellarium/ Urania-Planetarium

Potsdams Sternenhimmel im Frühling: Aschgraues Mondlicht in der Abenddämmerung

Ein Blick nach oben: Die Raumstation ISS saust über die Stadt und beim Erdtrabanten ist ein besonderer Lichteffekt zu entdecken.

Potsdam - Der Anblick des Firmaments beruhigt die Seele und kann ein Trostpflaster für die Sorgen des Alltags sein. Oft sind bereits aus der eigenen Wohnung erstaunliche astronomische Beobachtungen möglich. Warum also nicht einmal vom Küchenfenster aus für zehn Minuten in den Sternenhimmel blicken? Dafür muss nur das Zimmerlicht ausgeschaltet werden, anschließend lassen sich vom Fenster Mond und Planeten sehen oder Sternbilder erkennen. Was genau bringt uns der frühlingshafte Sternenhimmel über Potsdam?

Einmal in 90 Minuten um die Erde kreisen und das Weltgeschehen aus der Distanz betrachten. Für die Astronauten an Bord der International Space Station (ISS) ist das sprichwörtlicher Alltag. Und vom Erdboden aus lässt sich auch die Raumstation beobachten. Als leuchtender Punkt zieht sie immer wieder über den Abend- oder Morgenhimmel. Dieses fliegende Weltraumlabor reflektiert aufgrund seiner großen Solarmodule viel Sonnenlicht. Während der Erdboden abends oder morgens im Dämmerlicht liegt, scheint in 400 Kilometern Höhe die Sonne. Die ISS strahlt dann auffällig hell. Nur vom Planeten Venus und dem Mond wird sie übertrumpft. Visuell ist sie leicht von Flugzeugen zu unterscheiden, da die ISS keine Positionslichter besitzt. Als punktförmig leuchtende Lichtquelle zieht sie in bis zu sechs Minuten zügig über den Himmel. Derzeit, Anfang April 2020, liegt Potsdam genau richtig für eine Beobachtung. Die Website www.astroviewer.net informiert zu allen Überflugzeiten.

> ISS über Potsdam

  • Freitag, 3. April 2020 ► Beginn 21:02:31, Dauer 4:33
  • Samstag, 4. April 2020 ► Beginn 20:15:02, Dauer 5:26
  • Montag, 6. April 2020 ► Beginn 20:18:09, Dauer 2:44

Ende April wird es spannend

Aktuell scheint der zunehmende Halbmond auf die Erde herab. Ein richtig spannender Moment zur Mondbeobachtung wird jedoch Ende April eintreten. Am 26. April zum Beispiel lässt sich gegen 21.30 Uhr über dem Westhorizont nicht nur die schmale zunehmende Mondsichel erkennen. Neben der sichelförmigen Tagseite des Monds, ist auch seine Nachtseite in einem gräulichen Licht zu erkennen. Sie ist nicht pechschwarz. Astronomen nennen dieses Phänomen „aschgraues Mondlicht“. Den Mond sehen wir in der Nacht, da die Sonne ihn beleuchtet. Gleichzeitig scheint die Sonne auf die Erde, die ihrerseits Sonnenlicht zurück ins Weltall reflektiert. Dieses zurückgestrahlte Sonnenlicht erreicht auch den Mond – auf seiner der Erde zugewandten Seite. Der Nachtbereich des Erdtrabanten wird dadurch matt erhellt und erscheint in einem aschgrauen Licht. Kurz nach Neumond ist dieses Phänomen derzeit gut zu sehen: Die Abenddämmerung ist im Frühling schnell vorbei, so dass die schmale Mondsichel an einem bereits sehr dunklen Himmel steht. Wächst in den Folgetagen die Mondsichel, wird das aschgraue Leuchten jedoch wieder überstrahlt. Das erste schriftliche Zeugnis dieser Aufhellung der lunaren Nachtseite hat Leonardo Da Vinci im sogenannten Codex Leicester geliefert.

Venus vor dem Sternenhaufen

Wem durch das Wohnungsfenster ein Blick nach Westen möglich ist, der wird in der Abenddämmerung die brillante Venus entdecken. Sie ist aktuell nach dem Mond das hellste natürliche Himmelsobjekt und steht gegen halb neun hoch über dem Horizont. Die Venus ist der innere Nachbarplanet der Erde und hat gerade ihren größten Winkelabstand zur Sonne erreicht. Am 3. April, bietet sich ein besonders schöner Anblick: Venus schiebt sich vor den Sternhaufen der Plejaden im Sternbild Stier. Mit einem Fernglas lässt sich der Anblick der Venus vor dem Hintergrund der funkelnden Sterne genießen.

Obwohl Orion eigentlich ein Wintersternbild ist, dominiert er durch seine Helligkeit den südwestlichen Abendhimmel. Besonders markant sind seine drei Gürtelsterne. Ihm folgt weiter östlich das Sternbild Zwillinge, in dem wir die beiden Helden Castor und Pollux aus der antiken Mythologie ausmachen können. Wunderbar zu erkennen ist auch der Löwe im Südosten. In der Antike Griechenlands sahen die Menschen hier den Nemäischen Löwen, eine Sagengestalt, die vom mythologischen Helden Herakles besiegt wurde. Tief im Osten schimmert das Sternbild Jungfrau. Schon vor mindestens 4 000 Jahren war diese Konstellation in Mesopotamien bekannt. Dort könnte sie der bäuerlichen Gesellschaft als Zeitgeber für die Aussaat auf dem Feld gedient haben.

Dieser wichtigen kalendarischen Funktion des Sternenhimmels begegnen wir heute natürlich nicht mehr. Gerade jetzt tut es einfach gut, sich an seinem Anblick zu erfreuen – und sei es nur durchs Küchenfenster.

Fragen zum Sternenhimmel werden in den nächsten astronomischen Telefonsprechstunden des Urania-Planetariums am Montag, dem 6., und Dienstag, dem 7. April, jeweils von 14 bis 16 Uhr unter Tel.: (0331) 270 27 21, beantwortet. Informationen zum All gibt es auch unter www.urania-planetarium.de.

Simon Plate

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