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Peter und Antje Gühne-Poprawa verkaufen neben Stoffen jetzt auch zahlreiche Nähmaschinen im separaten Geschäft in der Jägerstraße.

© Ottmar Winter

Potsdams einziger Nähmaschinen-Laden: Bei den Poprawas sitzt die Naht

Die Poprawas haben ihr Stoffgeschäft erweitert – und verkaufen jetzt auch Nähmaschinen. Auch der Nachwuchs hilft mit.

Von Carsten Holm

Potsdam - Kann sich ein gestandener Mann in eine Maschine verlieben? Man kennt das Phänomen von der oft seltsamen Beziehung von Männern zu schnellen Autos. Aber zu Nähmaschinen? Auch das ist offenbar möglich. Wer dem Potsdamer Peter Poprawa zuhört, wie er die Eigenschaften der Geräte preist, die er mit seiner Frau Antje Gühne-Poprawa in ihrem Geschäft TexStile an der Jägerstraße 38 verkauft, kann zu keinem anderen Schluss kommen.

„Hier, sehen Sie, die Brother XJ1“, schwärmt Poprawa, „weißes Gehäuse mit blauem Deckel, unter dem die feinsten Garne verborgen sind.“ Das Wunderwerk für die Kunst des Nähens und Stickens zeichne sich durch ein mächtiges Display aus, so groß wie ein Tablet. Darüber könnten Näherinnen und Näher mit Hightech alle Vorgänge steuern, von einfachen Stichen bis zu Dekorstichen. Alle gespeichert in der Bibliothek mit 577 Dekor- und 150 programmierbaren Nutzstichen. 

Und dann der Clou: Der „Mercedes der Nähmaschinen“ verfüge via W-Lan über einen Zugang zum Internet. Sogar mit einem Stift lasse sich auf dem Display zeichnen. Die Brother setze die Zeichnung um und stelle sie zum Sticken auf Stoff bereit. „Stellen Sie sich vor“, sagt Poprawa, „Sie haben ein Foto von Ihrer Liebsten oder dem Logo ihres Sportvereins gemacht und senden es vom Handy an die Nähmaschine. Die rechnet das Motiv um und stickt es sogleich auf ein T-Shirt.“

7800 Euro muss berappen, wer mit der XJ1 daheim nähen und sticken möchte. „So ein Modell geht natürlich nicht jeden Tag über den Ladentisch“, sagt der frühere Journalist, der einst die mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Online-Berichterstattung des TV-Senders n-tv aufbaute. Wer aber nur gelegentlich nähe, sei auch mit einer Maschine für 400 Euro gut bedient. Für alle Nähmaschinen bieten die Poprawas kostenlose Einführungskurse an.

Die Nähschule läuft weiter

Seit neun Jahren führt Antje Gühne-Poprawa das Stoffgeschäft TexStile, vorher hatte sie sich mit einer Nähschule einen Namen gemacht. Die wird fortgeführt: Wochentags treffen sich jeweils vier Teilnehmer, Frauen und Männer. Sie nähen etwa Röcke, Kleider oder Mützen, drei Stunden Unterricht kosten 40 Euro. Die Kurse werden zumeist von Frauen besucht, aber zunehmend meldeten sich Männer an. Das Ehepaar, das unter ein Foto von sich auf seiner Homepage keck die Bildunterschrift „Inhaberin und Knecht“ platzierte, hat die auf 80 Geräte aller Preisklassen gewachsene Nähmaschinen-Abteilung jetzt ausgegliedert und dafür Räume in der Jägerstraße 40 angemietet. Die Nachfrage war vor allem durch die Corona-Lockdowns stark gestiegen. 

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Etliche Kunden hätten von Hunderten Masken berichtet, die sie für sich, Verwandte und Freunde hergestellt hätten, sagt Poprawa: „Wer nähen konnte, hat genäht, wer das nicht konnte, hat es gelernt.“ Vielen sei „bewusst geworden, dass Selbstgenähtes viel mehr Wertschätzung erfährt als Selbstgekauftes“. Zudem schätzten Kunden, „dass wir die Nähmaschinen innerhalb kürzester Zeit selbst warten und sie nicht zu weit entfernten Reparaturbetrieben schicken müssen“.

Die Poprawas sind auch in den sozialen Medien unterwegs

Für die Poprawas war es eine gute Gelegenheit, die Umsatzeinbußen durch Corona im Stoffbereich auszugleichen. Da es für den traditionellen Handel „keine Zukunft“ sieht, stellte das Ehepaar die TexStile GmbH mit Unterstützung ihrer drei erwachsenen Kinder neu auf. Die 29 Jahre alte Tochter Leona ist seit zwei Jahren angestellt und verantwortet den Bereich E-Commerce. Dazu zählen der Web-Shop texstile-shop.de und die Auftritte in den sozialen Medien. Außerdem baut sie das Stoffgeschäft einmal monatlich zu einer Art TV-Studio um und verkauft live auf Instagram Stoffe und Nähzubehör. „Gute Umsätze“, sagt ihr Vater. 

Leona Poprawa verantwortet den Bereich E-Commerce.
Leona Poprawa verantwortet den Bereich E-Commerce.

© Ottmar Winter

Ins richtige Licht gesetzt wird sie dabei von ihrem 23 Jahre alten Bruder Bela-Luca. Er ist neben seinem Studium zum Bauingenieur für die Technik verantwortlich. Zudem half der 27 Jahre alte Sohn Levin neben seinem Masterstudium beim Aufbau des Web-Shops, den er jetzt weiter technisch betreut. Geht das gut, fünf Familienmitglieder im selben Projekt? „Wir verstehen uns bestens und ergänzen uns alle“, sagt Peter Poprawa mit hörbarem Stolz in der Stimme, „ohne unsere Kinder würde hier nichts gehen.“ 

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