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Blick aus einem Stollen in den Dolomiten in Südtirol.

© Jan Woitas/dpa

Potsdamer Schüler unter Corona-Verdacht: Südtirol nun offiziell Risikogebiet

Die 70 Potsdamer Schüler und ihre 17 Begleitpersonen befinden sich nun auch offiziell im Corona-Risikogebiet. Nach der Rückkehr werden alle auf das Virus getestet.

Potsdam - Die 87 Potsdamer Schüler und ihre Betreuer, die gerade auf Klassenfahrt in Südtirol sind, halten sich nun auch offiziell  in einem Corona-Risikogebiet auf. Denn das Robert-Koch-Institut (RKI) stuft die Urlaubsregion in Norditalien seit Donnerstagabend nun auch als Risikogebiet ein, wie es auf der RKI-Internetseite heißt.

Alle Schüler und Begleitpersonen werden auf das Virus getestet

Wie berichtet müssen sich die 70 Potsdamer Schüler und ihre 17 Betreuer und die Busfahrer am Samstag auf eine Corona-Infektion testen lassen und danach in Quarantäne. Das teilte die Chefin des Gesundheitsamts, Kristina Böhm, bereits am Donnerstag bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz mit. Mit ersten Ergebnissen rechne man 48 Stunden nach den Tests. Doch erst, wenn alle Tests negativ seien, werde die häusliche Isolation komplett aufgehoben. Sei auch nur ein Test positiv, müssten alle bis zum 21. März in Quarantäne bleiben, sagte Amtsärztin Böhm.

Die Schüler aus den Klassenstufen Stufen 11 bis 13 des Leibniz-Gymnasiums am Stern, der Voltaire-Gesamtschule in der Innenstadt und der privaten Nobel-Schule in der Waldstadt befinden sich nach Angaben der Stadt seit Sonntag in einem Hotel im Örtchen Lappach in Südtirol. Wie berichtet hatten mindestens 14 Schüler in den vergangenen Tagen Erkältungssymptome, mindestens einer schon vor der Abreise - und manche fieberten auch. Inzwischen gehe es den meisten Schülern wieder besser, teilten Amtsärztin Böhm und auch die Nobel-Schule mit. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO beträgt die Inkubationszeit des Coronavirus im Durchschnitt rund fünf bis sechs Tage, es sind jedoch auch Fälle bekannt, wo sie kürzer war. Die Potsdamer Schüler waren erst am vergangenen Sonntag in Südtirol angekommen.

Mehrere nachgewiesene Corona-infizierte waren zuvor in Südtirol

Doch wegen der Symptome hatten sich Eltern Sorgen gemacht und darauf verwiesen, dass mehrere der nachgewiesen Corona-infizierten Deutschen zuvor in Südtirol gewesen sind. Nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts gilt das Urlaubsgebiet bislang nicht als Risikoregion. Daher hieß es von Eltern, deren Kinder dort sind, gegenüber den PNN auch, die Jugendlichen hätten sich möglicherweise nur eine Erkältung wegen abendlichen Feierns in zu leichter Bekleidung eingefangen. Die Aufregung empfänden sie als Panikmache, so Eltern.

Ähnlich begründete auch Amtsärztin Böhm, dass sich die Stadtverwaltung am Mittwoch noch gegen einen flächendeckenden Corona-Test der Schüler entschieden hatte. Auch jetzt gehe man „eigentlich nicht von einer Gefährdung aus“, sagte Böhm. Doch wegen der auch durch die Medienberichte entstandenen „massiven Verunsicherung“ habe man sich am Donnerstagmorgen gegen 7.30 Uhr zu dem Test der gesamten Reisegruppe entschlossen. Dazu gebe es, angesichts der von Italien verfügten Schließung aller Schulen und Universitäten, auch eine neue Sachlage, sagte Gesundheitsdezernentin Brigitte Meier (SPD). Daher sei es wohl „nur eine Frage der Zeit“, bis auch Südtirol zum Corona-Risikogebiet erklärt werde, so Meier - was am Donnerstagabend geschehen ist.

Die Stadt sieht keine Meldepflicht der Schule, das Land schon

Bemerkenswert war die Kommunikation der Nobel-Schule: Noch am Donnerstag um 11.20 Uhr - also nach der Entscheidung im Rathaus - erklärte diese in einer Mitteilung, „zurzeit ist es so“, dass es keinen flächendeckenden Corona-Test geben werde. Diese Irrungen seien dem dynamischen Geschehen am Tage geschuldet, so Geschäftsführer Steffen Dietzel.

Widersprüchliche Angaben gab es dazu, wer die Probleme in Südtirol wann wem meldete. Dazu sagte Amtsärztin Böhm, den Schulen sei kein Vorwurf zu machen - für die Erkrankungen habe keine Meldepflicht bestanden. Dabei hatte das Gesundheitsministerium des Landes in Zusammenhang mit der Corona-Krise Schulen bei Klassenfahrten ausdrücklich aufgefordert, „bei Verdachts- oder Krankheitsfällen unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt zu informieren“. Dazu sagte Amtsärztin Böhm: Das Ministerium könne nicht das geltende Infektionsschutzgesetz des Bundes „aushebeln“.

Der Abbruch der Reise wie bei Schülern aus Osnabrück sei für Potsdam keine Option

Keine Option, so machten es beide Frauen klar, sei ein Abbruch der Reise. So hatte die Stadt Osnabrück am Donnerstag mitgeteilt, man hole vorbeugend zum Schutz vor einer Corona-Ansteckung 55 Kinder aus einer Skifreizeit in Südtirol zurück. Am Donnerstag habe sich ein Konvoi aus mehreren Bussen und Feuerwehrfahrzeugen mit zwei Ärzten, Rettungsassistenten, Fahrern und zwei Eltern auf den Weg nach Südtirol gemacht, teilte die niedersächsische Stadt mit. Ein Kind der Gruppe habe Fieber bekommen, dann kamen weitere Kinder dazu. Daher habe man sich zur schnellstmöglichen Rückholung entschieden, so die Stadt. Ein solcher Abbruch der Reise würde die Verunsicherung noch erhöhen, so Böhm. Überdies müsse man auch die Ankunft gut vorbereiten, damit wirklich die gesamte Gruppe getestet wird. Ein Test kostet laut Stadt jeweils 150 Euro, wenn der Verdacht begründet ist, zahlen die Krankenkassen.

Damit die Schüler und ihre Betreuer im Zweifelsfall niemanden anstecken können, sollen sie direkt nach der Rückkehr ins Bergmann-Klinikum gefahren werden. „Alle Kinder, die Lehrer und auch die Busfahrer werden einen Abstrich bekommen auf das Coronavirus“, sagte Böhm.

Während der anschließenden häuslichen Isolation werde das Gesundheitsamt täglich bei allen betroffenen Familien anrufen und den Gesundheitszustand abfragen. Für die betroffenen Eltern wird eine Hotline eingerichtet, die Nummer erhalten die Eltern über die Schulen. Auch eine Infoveranstaltung soll stattfinden.

Isolation ist wichtig, weil Tests im Anfangsstadium negativ ausfallen könnten

Das Vorgehen bei der Isolation hängt mit einer Eigenart des neuartigen Virus zusammen. Im Anfangsstadium einer Erkrankung könne ein Test negativ ausfallen, weil sich dann manchmal noch nicht sehr viele Viren im Rachen befinden, wie der Oberarzt der Infektiologie des Klinikums „Ernst von Bergmann“ Tillmann Schumacher erklärte. So könne ein fälschlicherweise negativer Test entstehen - was dazu führen könne, dass Infizierte sich sicher fühlen und andere anstecken, sagte auch Amtsärztin Böhm.

Eine häusliche Isolation, also die Quarantäne, bedeutet laut Amtsärztin Kristina Böhm, dass die Betroffenen „möglichst zu Hause bleiben“. Besuche seien auf „das Notwendigste“ zu reduzieren. Wer wegen unaufschiebbarer Terminen einmal hinaus muss, sollte einen einfachen Mund-Nasenschutz tragen, so die Medizinerin - vor allem, um andere Menschen zu schützen. Ärzte empfehlen, in Quarantäne-Haushalten penibel auf Hygieneregeln zu achten und regelmäßig die Hände zu waschen. Wenn zum Haushalt Eltern oder Geschwister mit Gesundheitsproblemen gehören, müsse überlegt werden, ob für diese eine Übergangsbleibe gefunden werden könne. Im aktuellen Fall hat das Gesundheitsamt die Quarantäne angeordnet.

Durch eine einheitliche Informationspolitik wolle die Stadt weitere Irritationen vermeiden, sagte die Beigeordnete Meier. Es werde einen täglichen Corona-Lagebericht geben, auch der Verwaltungsstab der Stadt unter Leitung von Meier, zu dem auch beide Krankenhäuser gehören, werde jeden Tag zusammenkommen.

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