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Potsdam vor dem Klimastreik: Polizei rechnet mit Behinderungen, Forscher verzichten auf Flüge

Bei der Demo am Freitag erwartet die Polizei Verkehrsprobleme in der Innenstadt. Kritik gibt es an Lackgraffiti-Werbung für den Protest. Indes wollen Potsdamer Forscher fürs Klima weniger fliegen.

Potsdam - Vor dem Klimastreik am Freitag warnt die Polizei vor Verkehrsbehinderungen in der Innenstadt. Zwischen 12 und 16 Uhr sei mit jeweils kurzzeitigen Beeinträchtigungen für Autofahrer und den öffentlichen Nahverkehr zu rechnen, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag auf Anfrage. Der Protestzug für einen stärkeren Klimaschutz soll wie berichtet gegen 12 Uhr am Alten Markt starten, von dort geht es über die Straße Am Kanal, die Jäger-, die Gutenberg-, die Lindenstraße und Hegelallee zum Luisenplatz und dann über die Breite Straße zurück zum Landtag. Organisiert wird die Demonstration vom Bündnis „Potsdam for Future“, erwartet werden etwa 2000 Teilnehmer. Diesmal sind auch Erwachsene aufgefordert, sich zu beteiligen. Die Gruppe „Extinction Rebellion“, die nun auch in Potsdam aktiv ist, kündigte dabei auf Facebook ab 16 Uhr eine „We will block you“-Aktion am Brandenburger Tor an. In Berlin planen Gleichgesinnte am Freitag massenhafte Straßenblockaden.

Weltweite Proteste 

Weltweit sind Proteste in mehr als 2000 Städten 129 Staaten angekündigt. Unterstützt wird das unter anderem vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Direktor Johan Rockström, der bei einer Kundgebung in Berlin sprechen wird, erklärte angesichts des menschengemachten Klimawandels: „Lebenswichtige Elemente des Erdsystems stehen kurz davor, unumkehrbar Schaden zu nehmen.“ Wenn die politischen Entscheidungsträger zu zaghaft handelten, „werden sie die Sicherheit und den Wohlstand ihrer Wählerinnen und Wähler – also von uns allen – nicht schützen können“. In Potsdam rief zum Beispiel auch der Landesverband der Volkssolidarität zur Teilnahme auf. 

Kritik an Werbung mit  Lackfarbe-Graffiti

Im Vorfeld der Aktion hat die Stadtverwaltung kritisiert, dass für die Demo in mehreren Fällen auch mit schwer entfernbaren Lackfarbe-Graffiti geworben wird. Das sagte Stadtsprecherin Christine Homann am Donnerstag auf PNN-Anfrage. „Die Entfernung muss in solchen Fällen mit chemischen Lösungsmitteln erfolgen“. Und: „Die Anwendung von Lösungsmitteln ist keinesfalls nachhaltig, was dem Ansinnen der Veranstaltung ja eigentlich widerspricht.“ Es gehe nach derzeitigen Erkenntnissen um etwa zehn Fälle, zum Beispiel auf Natursteinpflaster vor dem Brandenburger Tor. Auch auf der Brandenburger Straße prangen Slogans, etwa der Schriftzug „Gegen den Massenkonsum“ vor dem Karstadt-Warenhaus. Wie berichtet hatten in den vergangenen Tagen mehrere PNN-Leser geschildert, dass auf Gehwegen für den Klimastreik geworben wird, in vielen Fällen sahen die Losungen wie Graffiti aus. Allerdings hatte sich herausgestellt, dass die Werbung auch mittels wasserlöslicher Sprühkreide aufgetragen wurde – „leider in vielen Fällen“ aber auch mit Lackfarbe, so Homann. Sie verwies auch auf die Stadtordnung: Generell müssten Eingriffe ins Straßenland genehmigt werden, „auch das Besprühen von Gehwegen mit Sprühkreide“. Ohne Genehmigung werde das zunächst als Sachbeschädigung gewertet. Da Sprühkreide aber durch Wasser entfernt werden könne, werde das nicht strafrechtlich verfolgt – sofern der Inhalt nicht zum Beispiel verfassungsfeindlich sei. 

Das Landesbildungsministerium erklärte indessen, man unterstütze das Anliegen einer nachhaltigen Umweltpolitik, wies „aber darauf hin, dass die Schulpflicht nicht außer Kraft gesetzt werden darf“. Und: „Die Schulen gehen damit eigenverantwortlich um und reagieren vor Ort angemessen auf die Situation.“

Wissenschaftler wollen weniger fliegen 

Mehr als 1400 Wissenschaftler aus Berlin-Brandenburg haben unterdessen erklärt, in Zukunft für das Klima auf dienstliche Kurzstreckenflüge verzichten zu wollen. Neben Beschäftigten der Universität Potsdam beteiligen sich Mitarbeiter der Fachhochschule Potsdam, der Berliner Humboldt und Freien Universität, der TU Berlin, der Beuth-Hochschule und des Instituts für Raumbezogene Sozialforschung Erkner (IRS) an dem Verzicht auf Flüge unter 1000 Kilometern. Wegen der sogenannten Höhenwirkung schätzt das Umweltbundesamt die klimaschädigende Wirkung des Fliegens als etwa zwei- bis fünfmal so groß ein, wie es durch den reinen CO2-Ausstoß zu erwarten wäre. Mit der Selbstverpflichtung werde von den Unterzeichnern ein Zeichen gesetzt, dass nicht nur Forderungen an die Unileitung gestellt werden, sondern man selbst zu Veränderungen bereit sei: „Auch wenn diese zeitaufwendiger und unbequemer sind als die jetzigen Gewohnheiten“, so Gisbert Fanselow, Initiator an der Universität Potsdam. Die Potsdamer Hochschule will zum Ende des Jahres ein umfassendes Klimaschutzkonzept verabschieden. „Damit wird die Universität zum Beispiel in den Bereichen Energie, Mobilität und Beschaffung nachhaltiger wirtschaften“, sagte Uni-Kanzler Karsten Gerlof.

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