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Potsdam: Erneut Speicheltest wegen Babymord

Zweieinhalb Jahre nach dem Fund eines toten Säuglings sollen rund 1000 Potsdamer zum DNA-Abgleich

Von Matthias Matern

Potsdam - Auch zweieinhalb Jahre nach dem Fund einer Babyleiche in Potsdam-West fehlen der Polizei konkrete Spuren. Jetzt soll eine zweite breit angelegte Speichelprobe die Ermittler auf die richtige Fährte bringen. Ab dem 7. Juli sind alle Frauen und Männer, die zur Tatzeit zwischen 16 und 45 Jahre alt waren und in Potsdam-West wohnten, aufgerufen, eine Speichelprobe abzugeben. Rund 1000 Personen werde dieser Tage ein entsprechender Serienbrief zugesandt, teilte die Staatsanwaltschaft Potsdam am Montag mit. Bereits Anfang Dezember 2012 hatte die Polizei vergeblich die Speichelproben mehrerer Hundert Personen mit der vom Leichnam gewonnenen DNA der Mutter abgleichen lassen. Die Hoffnung, dass der neue DNA-Test den Durchbruch bringt, ist offenbar gering. „Es ist einfach eine Notwendigkeit, weil bisher nichts zum Erfolg geführt hat“, räumte Staatsanwaltschaftssprecher Christoph Lange am Montag gegenüber den PNN ein.

Eine solche breit angelegte DNA-Reihenuntersuchung, wie sie nun in Potsdam geplant ist, ist nach Einschätzung von Experten beinahe so etwas wie eine „ultima ratio“. Erschwert werde die Suche nach der Mutter sowie der oder dem Mörder zusätzlich durch den mittlerweile erheblichen zeitlichen Abstand zur Tat. Wie berichtet wurde die Leiche des neugeborenen Mädchens am 23. Dezember 2011 von einem Passanten gegen 9.30 Uhr in der Böschung eines Bahndamms an einem Garagenkomplex nahe der Haeckelstraße gefunden. Der Fund, einen Tag vor Heiligabend, hatte über Potsdams Grenzen hinweg tiefe Bestürzung und Anteilnahme ausgelöst. Der Leichnam des Kindes war in ein Frotteehandtuch eingewickelt – die bis heute einzige handfeste Spur, die die Ermittler am Fundort sichern konnten. Bei dem Handtuch handelt es sich um ein Produkt der Marke „Facotti“. Es hat eine Größe von 130 mal 65 Zentimetern und trägt den Schriftzug „Fitness“. Die folgende Obduktion des Kindes hatte zudem ergeben, dass es bei der Geburt lebensfähig gewesen und vermutlich getötet worden war. Außerdem hatte die Polizei einige Tage nach dem Fund den Hinweis auf ein dunkles Auto mit einem PM-Kennzeichen, also einem Nummernschild aus dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, erhalten, das am 22. Dezember 2011 zwischen 23 und 24 Uhr auf dem Garagenkomplexes gestanden haben soll. Eine Überprüfung von Tausenden Fahrzeugen aber blieb ohne Ergbnis. Auch die anfängliche Vermutung, das Baby könnte aus einem fahrenden Zug auf der nahen Strecke Potsdam-Beelitz-Schönefeld geworfen worden sein, löste sich in Luft auf – aufgrund der schlichten Tatsache, dass sich die Fenster der dort verkehrenden Regio-Züge nicht weit genug öffnen lassen.

Darüber hinaus hatte die Polizei kaum etwas unversucht gelassen, um bei den Ermittlungen weiterzukommen. Zunächst hatten die Ermittler noch im Januar 2012 in der MDR-Fernsehsendung „Kripo live“ von dem Fall berichtet, später war der Fund der Baby-Leiche auch Thema in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“. „Sowohl die bisherige Öffentlichkeitsarbeit als auch die nach wie vor ausgesetzte Belohnung von 10 000 Euro haben keine Spuren gebracht“, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Christoph Lange am Montag.

Mit den Ergebnissen der erneuten Speicheltests ist wohl frühestens im August zu rechnen. Die Probenentnahmen und -auswertung erfolgen laut Polizei anonym und nur mit schriftlicher Einwilligung. Nach dem Abgleich werden die Proben unverzüglich vernichtet, heißt es. Wer angeschrieben wurde, aber nicht erscheine, könne später als Zeuge vernommen werden, kündigte Lange an.

Möglicherweise schießen die Ermittler mit der erneuten DNA-Reihenuntersuchung aber weniger ins Blaue, als man meinen könnte. Denn zur Abgabe einer Probe sind explizit Frauen aufgerufen, die zwischen dem 1. Januar 1966 und dem 31. Dezember 1996 geboren wurden. Bei den Männern aber richtet sich der Appell an jene, die zwischen dem 1. Januar 1966 und dem 31. Dezember 1993 zur Welt kamen. „Das ist nicht einfach aus der Luft gegriffen. Wir haben gewisse Erkenntnisse, warum wir diese Daten genommen haben“, räumte der Sprecher der Staatsanwaltschaft ein. „Eine Spur zu einem bestimmten Verdächtigen haben wir aber noch nicht“, stellte Lange klar.

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