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Lange Begleiterin. Helmut Przybilski spielt nur selten zu Hause auf seiner Posaune. Die Stücke erarbeitet der Chor meist gemeinschaftlich bei den Proben.

© Ottmar Winter

Portrait | Helmut Przybilski: Posaunist mit langem Atem

Helmut Przybilski ist das langjährigste Mitglied des Evangelischen Posaunenchors Babelsberg. Seit 67 Jahren ist er im Einsatz. Bekannt ist er den meisten aber aus der Stadtpolitik.

Von Birte Förster

Potsdam - Es muss nicht immer der Konzertsaal sein. Manchmal sucht der Evangelische Posaunenchor Babelsberg sein Publikum auf und nicht andersrum. So zum Beispiel am 15. Dezember 2019, als die etwa 25 Posaunisten traditionell die Flure des Bergmann-Klinikums mit ihren voluminösen Klängen erfüllten. Einer von ihnen war Helmut Przybilski. In mehreren Stationen hätten sie gespielt – zur Freude von Patienten und Mitarbeitern. „Das bringt ein bisschen Abwechslung in den Klinik-Alltag“, sagt der 83-Jährige.

Überhaupt ist der Posaunenchor in der Weihnachtszeit sehr gefragt. Weihnachtsliedersingen und Blasmusik im Landtag und mehrere Kirchenkonzerte. Die Aufregung halte sich bei ihm trotz der ganzen Aufmerksamkeit in Grenzen, sagt Przybilski. Schließlich ist an dem Instrument wohl kaum einer so routiniert wie er. Denn die Posaune begleitet ihn bereits einen Großteil seines Lebens. Przybilski ist das langjährigste Mitglied des Evangelischen Posaunenchors Babelsberg, der im kommenden Jahr sein 135-jähriges Bestehen feiert. Seit 1952 ist er Chor-Mitglied.

Stolz auf die bestandene Bläserprüfung

Nachdem er zunächst Trompete und dann noch Tuba lernte, wurde schließlich die Bass-Posaune zu seinem Instrument. Die Aufnahme in den Chor war damals keine Selbstverständlichkeit. Bis in die 70er Jahre war eine erfolgreiche Bläserprüfung die Voraussetzung dafür. „Da war man dann natürlich stolz, wenn man in den Chor aufgenommen war“, erinnert sich Przybilski. Mittlerweile ist er selbst nun kein Anfänger mehr. 1982 hat er die organisatorische Leitung des Chors übernommen. Außerdem gibt er sein Wissen an den Bläsernachwuchs weiter. Mit entsprechendem Unterricht hat er schon dem einen oder anderen jungen Chormitglied in der Anfangszeit geholfen. Mit Studenten in den Zwanzigern und sogar einer Schülerin bis zu Chormitgliedern in den 80gern ist die Altersspanne des Posaunenchors recht groß. „Es geht über die Generationen“, sagt Przybilski.

Einmal in der Woche treffen sich die Chormitglieder zur Probe. Dazu kommen etwa 30 bis 40 Konzerte im Jahr bei denen sie ihr Repertoire aus Stücken „vom Mittelalter bis zur Gegenwart“ präsentieren. Zusätzlich zu Hause üben muss der erfahrene Posaunist da kaum noch, nur manch schwierige Passage muss intensiver geprobt werden. „Im Wesentlichen werden die Stücke im Chor erarbeitet“, sagt Przybilski. Genau das stärke auch das Gemeinschaftsgefühl. Der Posaunist spricht von einer „integrierenden Kraft“ durch die gemeinsame Arbeit.

Eine späte politische Karriere

Viel Zeit zum Üben außerhalb der Chortreffen hätte das „Babelsberger Urgestein“, wie Przybilski, 1936 in Nowawes geboren, sich selbst bezeichnet, in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin nicht gehabt. Bis 1991 hat der Babelsberger als Biochemiker im Zentralinstitut für Ernährung in Rehbrücke gearbeitet. Das Ende seiner Tätigkeit in diesem Beruf eröffnete ihm zugleich eine ganz neue Karriere. Zunächst begann er, im Zentralinstitut gewerkschaftlich aktiv zu werden und wurde 1990 zum Personalratsvorsitzenden gewählt. Bereits im Dezember 1989 war er der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) beigetreten. „Dadurch bin ich in die Kommunalpolitik gekommen“, sagt Przybilski.

Seit 1990 war er dann Stadtverordneter der SPD. Im selben Jahr wurde er zum ersten Stadtpräsidenten von Potsdam gewählt. Als Vorsitzender des Babelsberger Ortsvereins der SPD habe er 1995 Matthias Platzeck, ehemaliger Brandenburger Ministerpräsident, sowie auch den jetzigen Oberbürgermeister Mike Schubert als neue Mitglieder in die SPD aufgenommen, erzählt der 83-Jährige. Bis 2008 war er als Stadtverordneter in der Kommunalpolitik aktiv, danach noch einige Jahre als sachkundiger Einwohner im Kulturausschuss. Auch in anderer Hinsicht engagierte sich Przybilski im Kulturbereich. So gehört er zu den Gründungsmitgliedern der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci.

Kultur und Politik nehmen insgesamt also einen hohen Stellenwert in seinem Leben ein. Und dann ist da eben noch die Posaune, die in der Weihnachtszeit alles andere in den Hintergrund drängt. Wie am 19. Dezember 2019, wenn um 18 Uhr wieder die Turmbläser wie jeden Donnerstag in der Adventszeit das traditionelle Turmblasen auf dem Balkon des Kulturhauses veranstalten und tragende, raumfüllende Klänge sich in den Straßen von Babelsberg ausbreiten.

Der Evangelische Posaunenchor Babelsberg lädt zum Weihnachtsliedersingen und Bläsermusik am Samstag, 21. Dezember 2019, um 17 Uhr in die Friedrichskirche am Weberplatz.

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