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Pläne für die Waldstadt: Plädoyer für mehr Wald

Der Gestaltungsrat kritisiert ein Pro-Potsdam-Projekt in der Waldstadt: Die Gebäude passten nicht ins Viertel und zerstörten dessen Charakter. Ein Experte verlässt das sechsköpfige Gremium.

Potsdam - Mehr Wald – so könnte man die Forderung des Gestaltungsrates für das Neubauprojekt der städtischen Pro Potsdam in der Waldstadt auf den Punkt bringen. Drei Sechsgeschosser sollen am Moosfenn auf einem Garagengrundstück entstehen. Die Entwürfe des Berliner Büros Thoma Architekten stießen in dem Expertengremium, das Bauherren in Potsdam beraten soll, am Dienstag aber auf wenig Gegenliebe. Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius sagte nach der harten Kritik ein Umdenken zu – auch wenn es wegen einer Frist für Fördermittelanträge Zeitdruck gebe. Außerdem diskutierte der Gestaltungsrat bei seiner ersten Sitzung in diesem Jahr über die geplante Schulerweiterung am Standort der Coubertin-Schule in der Gagarinstraße am Stern.

Christian Rapp wird Stadtbaumeister in Antwerpen

Zuerst aber verabschiedete sich ein Mitglied des sechsköpfigen Gremiums – überraschend: Christian Rapp, der als Architekt und Hochschullehrer in den Niederlanden tätig ist, wird Stadtbaumeister in Antwerpen, was ihm eine Mitwirkung in Potsdam nicht mehr ermöglicht. Gestaltungsratschefin Ulla Luther und Stadtplanungschef Andreas Goetzmann dankten ihm für sein Engagement in den vergangenen fünf Jahren. Der Gestaltungsrat werde bei der Suche nach einem Nachfolger darauf achten, wieder einen Vertreter der niederländischen Schule zu finden, sagte Luther – die Niederlande gelten als vorbildlich für städtebauliche Großvorhaben und eine Herangehensweise, die auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behält.

Um Wirtschaftlichkeit geht es auch bei dem Waldstadt-Projekt der Pro Potsdam. Mit Unterstützung aus dem Landesförderprogramm für sozialen Wohnungsbau sollen dort insgesamt 102 Wohnungen entstehen, wie Müller-Zinsius ausführte – darunter kleinere und größere Zweizimmer- sowie Dreizimmer-Wohnungen, maximal 1350 Euro pro Quadratmeter dürfe man sich das kosten lassen. Die Planer vom Büro Thoma Architekten entschieden sich für den bewussten Bruch mit der durch Plattenbau-Riegel geprägten Struktur des Stadtviertels und planen dort mit Punkthäusern, die mit sechs Geschossen eine Etage höher als vorgesehen und auch höher als die Umgebungsbebauung sind.

Zu massige und zu hohe Gebäude, zu wenig Waldcharakter

Aus Sicht des Gestaltungsrates ist das eine Fehlentscheidung, wie Landschaftsarchitekt Axel Lohrer erklärte. Durch die Pläne werde der „unwahrscheinliche Charakter“ des von „großen Waldinseln“ geprägten Wohnviertels aufgerissen, warnte er – der Gestaltungsrat hatte sich bei einer Ortsbegehung vorab einen Eindruck von dem Plattenbauviertel verschafft. Die Entwürfe böten ein Bild, „wie wir es vom Bornstedter Feld kennen“, so Lohrer. Die Gebäude seien viel zu massig, kritisierte auch die Architektin Anke Schettler: „Dieser Charme, dass man unter Kiefern wohnt, geht verloren.“ Auch Gestaltungsratschefin Ulla Luther warb dringend für eine Umplanung mit niedrigeren Gebäudehöhen, wenn möglich sogar mit einem schmaleren Riegelbau. Das Projekt sei richtungsweisend, betonte sie: Die Stadtplanung müsse sich fragen, ob sie eine derartige Veränderung des Charakters im Stadtviertel – auch durch weitere Neubauprojekte – befürworte.

Die Wirkung ins Viertel hinein spielte auch beim zweiten Projekt eine Rolle, über das die Experten berieten: Die Erweiterung der Coubertin-Oberschule am Stern. Dort sollen künftig bis zu 1200 Schüler von der Grundschule bis zum Abitur lernen. Von den Entwürfen des Bremer Architekten Ingo Lütkemeyer, der die erforderlichen Neubauten viergeschossig mit einer hochwertig anmutenden Klinkerfassade plant, zeigte sich der Gestaltungsrat grundsätzlich angetan.

Kritik an Wegeführung bei Schulkomplex: "Angsträume, die man nicht haben möchte"

Diskussionen gab es aber um die Einbindung der Querachse für Fußgänger vom Bahnhof Medienstadt in Richtung Galileistraße. Die teils von alten Eichen gesäumte Route ist offenbar Überbleibsel des historischen Wegesystems am Stern und auch in der städtischen Raumplanung vorgesehen. In den Entwürfen endet die Achse aber auf dem Schulhof. Dort wiederum entstünden durch den massiven Giebel des Neubaus und die verwinkelte Struktur mit Stufen „Angsträume, die man nicht haben möchte“, meinte Lohrer. Lütkemeyer versprach ein Überdenken. Ob der Weg bei einer Einzäunung des Schulgeländes überhaupt nutzbar wäre, blieb offen.

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