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Neujahrsempfang der Stadt Potsdam: Potsdams erste Ehrenbürgerin

Sie hat kein historisches Gebäude wieder aufbauen lassen, keine Millionen gespendet, keine wichtige Einrichtung der Stadt geleitet. Doch Helga Schütz hat den guten Potsdamer Geist mit ihren Filmen, Büchern, mit ihren inspirierenden Gedanken bereichert.

Potsdam -  Helga Schütz hat kein historisches Gebäude wieder aufbauen lassen. Sie hat keine Millionen gespendet, keine wichtige Einrichtung der Stadt geleitet, doch sie hat den guten Potsdamer Geist verkörpert - und mit ihren Filmen, Büchern, mit ihren inspirierenden Gedanken vermehrt. Seit Freitag ist die Autorin Schütz die erste Ehrenbürgerin Potsdams in der 1025-jährigen Geschichte der Stadt. Oberbügermeister Jann Jakobs (SPD) verlieh der 80-Jährigen beim Neujahrsempfang im Nikolaisaal die Ehrenbürger(innen)würde.

Dafür hätten sich wohl besonders die Frauen stark gemacht, sagte Schütz im Anschluss in ihrer Dankesrede. Große Freude darüber sei ihre erste Reaktion gewesen, bekannte die neue Ehrenbürgerin. Sie denke daran, wie ihre Mutter sich jetzt gefreut hätte. Zugleich legte Schütz ein bewegendes Bekenntnis zu Potsdam ab. Könnte sie "zaubern oder zahlen", so Schütz, würde sie den Turm der Garnisonkirche "einfach wieder hinstellen". Zu glauben, an dem Bau klebten "die Verbrechen meiner frühen Kindheit, die Tod und Trümmer gebracht haben", das sei ein Aberglaube. Die Garnisonkirche werde, so Helga Schütz, in ihren neuen Mauern keinen gestrigen Geist beherbergen. Sie werde ein Ort des Friedens sein.

Besondere Beziehung zu Potsdam entsteht in Babelsberg

Beim Lesen so mancher ihrer Erzählungen und Romane wird spürbar, welche tiefe Zuneigung sie zu Dresden empfindet. Als Kind kam sie in die Stadt an der Elbe, erlebte ihre furchtbare Zerstörung und den Tod tausender Menschen im Februar 1945, ebenso wie die Überlebenswunder und den Hoffnungsgeist der Dresdner. Dieter Wiedemann, ehemaliger Rektor der Filmhochschule Potsdam und Laudator auf Helga Schütz, erinnerte an ihren 2012 erschienenen autobiografisch gefärbten Roman „Sepia“. In ihm lässt sie den Gartenmeister Henn über Eli alias Helga Schütz sagen: „Auf ihrer Laufbahn wurde viel erschlagen, verbrannt, erschossen. Manch einer ist neben ihr auf dem Fluchtkarren verhungert oder erfroren. Eli hat jedoch in der Schornsteinecke des Luftschutzkellers überlebt. Danach ist sie in die Schule gegangen, anschließend in den Botanischen Garten. Nun ist sie siebzehn geworden.“ In einem Jugendmagazin habe das Mädchen, das zunächst Gärtnerin lernte, gelesen, dass man in Potsdam an der Filmhochschule studieren könne. Regie, Schauspiel, Kamera, Dramaturgie. Auch würde es dort für die Lernenden ein Mittagessen geben. Eli alias Helga Schütz ging also nach Babelsberg und studierte Dramaturgie. Von dieser Zeit an ist sie mit Potsdam eng verbunden.

„Sie hat eine kluge Grazie und eine Bescheidenheit, die auf natürlichem Takt gewachsen ist"

Seit mehr als 50 Jahren lebt Helga Schütz nun in dieser Region, in Groß Glienicke und in Potsdam, nicht weit entfernt von ihren ehemaligen Wirkungsstätten Filmhochschule und Defa-Spielfilme. Für mehr als 30 Spielfilme verfasste sie Drehbücher. Davon haben mehrere Filme den Ruf eines Filmkunstwerks der DDR erworben, darunter „Die Leiden des jungen Werthers“, „Wenn du groß bist, lieber Adam“ oder „Lots Weib“, „Addio, mia piccola“. Sie sind zumeist unter der Regie ihres Ehemanns Egon Günther entstanden. Doch, so hat sie im Herbst im Filmmuseum in einer Veranstaltungsreihe mit ihren Filmen bekannt, sie wollte auch etwas ganz Eigenständiges schaffen, für das sie ganz und gar verantwortlich sei. So schrieb Helga Schütz Erzählungen und Romane, in denen sie vor allem die Kindheit und das Erwachsenwerden zum Thema machte.

Bis heute ist sie eine produktive Schriftstellerin. Man begibt sich gern in ihre bilder- und assoziationsreiche Sprache, in denen sich die Leser wiederfinden können, sei es in Erinnerungen an die Zeiten kurz nach dem Krieg, an den DDR-Alltag sowie in Begegnungen mit dem Heute. Im Jahre 1973 bekam Helga Schütz den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR verliehen. Dieter Wiedemann erinnerte daran und zitierte eine wunderbar treffende Einschätzung, die immer noch zutrifft: „Sie hat eine kluge Grazie und eine Bescheidenheit, die auf natürlichem Takt gewachsen ist. Sie hat, was sie aufschreibt, erworben und geprüft und gewogen und danach viel Liebe und immer wieder Liebe daran gewendet.“ 

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