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Die Stahnsdorfer Straße soll Fahrradstraße werden. Dafür sollen viele Parkplätze wegfallen

© Andreas Klaer

Neue Fahrradstraße für Potsdam: Anwohner wettern gegen Pläne für die Stahnsdorfer Straße

Gestrichene Parkplätze und roter Asphalt: Anwohner ärgert der Plan, die Stahnsdorfer Straße zur Fahrradstraße zu machen. Das Rathaus hält dagegen.

Potsdam - Die Pläne für eine neue Fahrradstraße in der Stahnsdorfer Straße sorgen für Unmut bei Anwohnern. Gleichwohl wollen die Verkehrsplaner im Rathaus noch in diesem Jahr mit dem Umbau beginnen. Das wurde bei einer mehr als zweistündigen Bürgerversammlung zu dem Projekt deutlich, die am Donnerstagabend im Lindenpark stattgefunden hat.

Mehr als 100 Anwesende

Zu der Veranstaltung kamen mehr als 100 Anwohner, die meisten davon waren gegen das Vorhaben. Denn es ist mit neuen Einschränkungen für Autofahrer verbunden. So fallen durch ein neues Halteverbot gleich rund 40 Parkplätze zwischen der August-Bebel-Straße und der Straße An der Sandscholle weg, um dort die notwendige Fahrbahnbreite zu gewährleisten, wenn die dort verkehrenden Busse auf die vielen Fahrräder und Anliegerautos treffen. An anderen Stellen sollen bisherige Ausweichflächen für den Bus verlängert werden, was den Wegfall weiterer sechs Stellplätze bedingt. Die Straße an sich soll für den Durchgangsverkehr gesperrt werden, Schilder aber die Nutzung durch direkte Anlieger erlauben. Generell haben Radler auf so einer Straße Vorrang vor Autos, dürfen auch nebeneinander fahren, maximal mit 30 Kilometer pro Stunde. Die Gehwege wiederum sind ausschließlich für Fußgänger reserviert.

Viele Fragen und Bedenken

Doch das alles sorgte für vielerlei Bedenken. So zweifelten Anwohner gleich mehrfach statistische Erhebungen der Stadtverwaltung an, dass der Wegfall von Parkplätzen – jetzt sind es 120 – auf der Straße verkraftbar sei, zumal mit den Planungen für die Media City an der Medienstadt auch weiterer Verkehr in das Viertel kommen könnte. Schon jetzt seien doch die Nebenstraßen schon so zugeparkt, dass in Notfällen die Feuerwehr kaum durchpasse, hieß es. Ohne parkende Wagen würden für Autofahrer, die sich nicht an das Durchfahrverbot halten würden, auch natürliche Begrenzungen an der Seite wegfallen – und dies zum Rasen einladen. Das wäre für die Radler sicherlich gefährlicher, meinte ein Anwohner. Zudem sei die Fahrradstraße am Anfang und am Ende ohne Anbindung an weitere Radwege, das ganze nur ein „Torso“, so ein weiterer Anwurf.

Für die Stadtverwaltung verteidigten der Fahrradbeauftragte Torsten von Einem und Tiefbauamtschef Thomas Schenke die Planungen, an denen maximal noch Details verändert werden könnten. Von Einem sagte, die Parkplatzzählung vor Ort habe man erst vor wenigen Wochen durchgeführt, zu verschiedenen Uhrzeiten, auch Anliegerstraßen im Umfeld seien einbezogen worden. Das Ergebnis habe die Planungen bestätigt, machte Schenke klar. Schon jetzt seien mehr Radfahrer als Autos auf der Straße unterwegs, hieß es unter Bezug auf Zählungen. Die Maßnahme diene prinzipiell der Verkehrssicherheit, die Straße sei eben zu eng für Autofahrer, Bus und Fahrräder, meinte Schenke. Gerade an den Bus-Ausweichbuchten habe es immer wieder Unfälle gegeben.

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Der Tiefbauamtschef widerspricht

Auch das Anwohner-Argument, dass nach Neuwidmung der Straße möglicherweise gegen dann geltende Regeln verstoßen werde, auch von Falschparkern, mochte Schenke so nicht nachvollziehen – gehe man neue Projekte generell so an, dann könne man gar nichts mehr planen, sagte er. Von Einem versprach aber in Richtung der Anwohner, es werde noch einmal Informationsmaterial geben, welche Regeln dann gelten – die Ordnungsamt und Polizei dann durchsetzen könnten, wie Schenke deutlich machte. Auch die Kritik, dass die neue Radstraße noch nicht an andere Radwege angebunden sei, ließ der Verwaltungsmann so nicht gelten: „Irgendwo müssen wir einmal anfangen.“

Bald ein Radschnellweg?

Auch wegen solcher Aussagen wollte die Babelsberger CDU-Chefin Tanja Mutschischk schließlich wissen, ob die Planungen die Vorbereitung für einen Radschnellweg von Berlin nach Potsdam darstellen. Dazu sagte Rad-Experte von Einem, Berlin bemühe sich um mehrere Radschnellverbindungen ins Umland, dazu würden Machbarkeitsstudien durchgeführt. „Es kann sein, dass die Stahnsdorfer Straße dann eine der geeigneten Trassen ist“, sagte von Einem auch mit Verweis auf die nahen Hochschulstandorte und die Medienstadt. Schon 2017 war im damals von den Stadtverordneten beschlossenem Radverkehrskonzept eine Fahrradstraße von der Babelsberger Schul- über die Benz- bis zur Stahnsdofer Straße beschlossen worden – die weiter über Steinstücken bis nach Stahnsdorfer verlaufen sollte. Damals war das Konzept aber daran gescheitert, dass die Gemeinde Stahnsdorf die notwendige Kofinanzierung nicht aufbringen konnte. Den jetzt strittigen neuen Anlauf für die Fahrradstraße hatten die Grünen – zusammen mit ihren Kooperationspartnern SPD und Linken – im Mai 2020 im Stadtparlament durchgesetzt. 

Doch an diesem Abend waren davon viele nicht zu überzeugen. Ein häufiger Kritikpunkt war auch, warum ein allzu breiter und meist nicht gut ausgelasteter Linienbus durch die Straße fahre, berichtet wurden mehrfach Erfahrungen mit rücksichtslosen Busfahrern. Als Lösung schlug CDU-Frau Mutschischk vor, dass dort kleinere E-Busse eingesetzt werden könnten. Die Prüfung dieser Idee sagte Schenke zu. Mehrere Senioren bestanden darauf, dass ein Bus für ihre Anbindung bleiben müsse. Und zwei Anwohner begrüßten sogar die Planungen – weil nun Fahrradfahrer begünstigt würden. Allerdings könne auch eine Einbahnstraße eine gerechte Lösung für alle Verkehrsteilnehmer sein, so ein weiterer Anlieger. 

Übrigens: Um auf die neuen besonderen Regeln in der Stahnsdorfer Straße hinzuweisen, würde dort auch noch spezieller roter Asphalt an den Kreuzungen verbaut – lediglich rund eine Woche werde das zu Sperrungen führen, antwortete Amtsmann Schenke einer Anwohnerin. Ein solches optisches Hervorheben empfiehlt auch das 1973 auf Initiative des auf Initiative des Deutschen Städtetages gegründete Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) in einem aktuellen Leitfaden für Fahrradstraßen: Solche Wege müssten besonders gekennzeichnet werden, etwa mit farbigem Asphalt. Ein Schild am Anfang der Straße reiche jedenfalls nicht aus, um das gerade von Autofahrern gewünschte Verhalten in solchen Fahrradstraßen zu bewirken. Zugleich wird vom Difu ein stadtweit möglichst einheitliches Markierungskonzept für solche Wege gefordert, für den Wiedererkennungswert. In Potsdam sind bisher nur der Rande der Berliner Straße, der Heinrich-Mann-Allee und am Babelsberger Park im Bereich des Sportplatzes Nowawiese als Fahrradstraßen ausgewiesen – bisher freilich ohne einheitliche Farben.

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