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Neue Ausstellung auf der Pfaueninsel: Glas aus Gold und Rubinen

Der Alchimist Johann Kunckel machte Potsdam im 17. Jahrhundert zum Vorreiter in der Glasproduktion. Auf der Pfaueninsel hat er nun eine eigene Ausstellung.

Von Sarah Kugler

Der Legende nach soll er vor Unglück schützen, Mut verleihen, verjüngen und sogar das ewige Leben schenken: der Stein des Weisen. Jahrhundertelang waren Alchimisten auf der Suche nach dem geheimnisvollen Stein oder versuchten ein Rezept zu finden, um ihn selbst herzustellen. Ein Potsdamer Alchimist kam der Herstellung im 17. Jahrhundert schon ziemlich nahe: Johann Kunckel, damaliger Leiter der Drewitzer Glashütte bei Potsdam, lüftete das verloren gegangene Geheimnis der Herstellung von Goldrubinglas. In der Meierei auf der Pfaueninsel widmet die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) dem Alchimisten nun einen eigenen Ausstellungsraum. Das „Kunckelkabinett“ ergänzt die Dauerausstellung in der Meierei und wird am kommenden Sonntag im Rahmen des Familienfestes „Gold, Rubin, Glas“ offiziell eröffnet.

Zu sehen sind dort über 400 Zeugnisse, bestehend aus verschiedenen Glasteilen – darunter auch Scherben des berühmten Goldrubinglases. „Der Stein des Weisen wurde von Alchimisten mit dem ,Karfunkelstein’ gleichgesetzt, der wiederum den Rubin meint“, erklärt Susanne Evers, Glaskustodin der SPSG. „Deswegen war die Herstellung von Glas mit rubinroter Farbe ein erster Schritt in Richtung Stein des Weisen.“ Der Wert dieses besonderen Glases lässt sich auch durch seine komplizierte Herstellung erklären. Wie Evers sagt, müssten dafür Nanopartikel von Gold in einem komplizierten Schmelzverfahren dem Glas zugefügt werden, was dann die rote Farbe erzeugt. „Das Schwierige ist dabei die richtige Handhabung“, so die Glaskustodin. „In einem ersten Vorgang bleibt das Glas noch klar, erst in einem zweiten entsteht bei etwa 600 Grad dann die rote Farbe.“ Ausgegraben wurden die ausgestellten Stücke Anfang der 1970er-Jahre von dem Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen Berlin Preußischer Kulturbesitz auf der Pfaueninsel. Dort hatte Kunckel nicht nur von 1685 bis 1688 seine eigene Glashütte, ihm gehörte für die Zeit sogar die ganze Insel.

Die wurde ihm vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg geschenkt, der Kunckel bereits 1678 an seinen Hof holte, weil er so begeistert von dem Glasmacher aus Holstein war. Als Sohn eines Glasmachers wurde Johann Kunckel 1635 bei Plön geboren und war zunächst als Geheimer Kammerdiener und Chemiker beim Herzog Franz Carl von Sachen-Lauenburg beschäftigt. Dort übernahm er die Leitung der Hofapotheke in Schloss Neuhau, um ab 1667 in die Dienste des sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. in Dresden zu gehen. Er machte sich in dieser Zeit vor allem wegen der Entdeckung des Phosphors verdient. Ab 1678 hielt er Vorlesungen in Wittenberg über experimentelle Chemie, bis Friedrich Wilhelm ihn schließlich zu sich holte. „Der Brandenburgische Kurfürst hat Kunckel gezielt nach Brandenburg geholt, um die Glasmacherei hier wieder groß zu machen“, erklärt Evers. Nach dem Dreißigjährigen Krieg habe es um die Wirtschaft des Landes nicht besonders gut gestanden, die Luxusglasproduktion sollte das ändern. „In Brandenburg herrschten die besten Voraussetzungen für die Glasherstellung“, so Evers. „Sowohl Sand, Wasser als auch Holz waren reichlich vorhanden.“

Und so übernimmt Kunckel erst die Leitung der Glashütte in Drewitz und pachtet 1679 zusätzlich die neue Kristallhütte auf dem Hakendamm bei Potsdam, deren Leitung er bald darauf ebenso übernimmt. Bereits 1679 erscheint Kunckels „Ars Vitraria Experimentalis, oder vollkommene Glasmacherkunst“, die lange Zeit das wichtigste Standardwerk der Glastechnologie war. „Kunckel sammelte darin alte Rezepte der Glasmacherei und kommentierte sie anhand seiner eigenen Experimente und Forschungen“, so Evers. Durch die Überlieferung des Werkes – das in einer Faksimileausgabe auch in der Ausstellung zu sehen ist – könne Kunckels Arbeit sehr gut nachvollzogen werden, wie Evers sagt.

Seine Arbeit erreicht schließlich den Höhepunkt, als der Kurfürst ihm auf der Pfaueninsel eine exklusive Glashütte einrichtete. Abgeschieden von den Augen der neugierigen Welt. „Der Standort war natürlich eine wunderbare Geheimhaltungstaktik, schließlich wollte der Kurfürst die Vormachtstellung in der Glasmacherei behalten“, erklärt Evers. Allerdings sei es auch eine Schutzmaßnahme gegen vermeintliche Unfälle gewesen. Durch das viele Wasser um der Insel sei die Gefahr eines großen Brandes geringer gewesen. Die Rechnung des Kurfürsten ging schließlich auf: Potsdam und somit auch Brandenburg war dank Kunckel führend in der Glasmacherei.

Vor allem das wiederentdeckte Goldrubinglas trug zu diesem Erfolg bei. Dabei konnte Kunckel es nicht nur herstellen, sondern sogar in Gefäßform, etwa Pokale oder Schüsseln, bringen, was außer ihm bis dahin niemand geschafft hatte und auch die Flüssigkeiten aufwertete, die darin gereicht wurden. Darüber hinaus entwickelte Kunckel ein Rezept, mit dem er klares Glas herstellen konnte – normalerweise war das Glas grünlich mit Schlieren darin. Potsdam sei bis heute in aller Welt für sein klares Glas bekannt, so Evers. Darüber hinaus versuchte Kunckel auch Venezianische Kelche zu kreieren und stellte in verschiedenen Verfahren Glasperlen her. Diese waren in den afrikanischen Kolonien ein beliebtes Zahlungsmittel, sodass Kunckel im weitesten Sinne tatsächlich Gold herstellte, wie es Alchimisten seit Jahrhunderten versucht hatten.

Mit dem Tod des Kurfürsten 1688 war jedoch auch Kunckels Ansehen gestorben. Friedrich II., der spätere Friedrich I. von Preußen, entzog dem Glasmacher alle Privilegien, die Glashütte auf der Pfaueninsel wurde durch Brandstiftung zerstört und Kunckel musste Brandenburg verlassen. Nach Aufenthalten in Stockholm und im Niederbarnim starb er schließlich im März 1703. Am Sonntag wird dem Alchimisten mit mehreren Aktionen gedacht. Unter anderem wird das Extavium alchimistische Experimente durchführen. Außerdem können die Gäste Kräutersalben herstellen oder sich bei einer Führung auf die Suche nach dem „Stein des Weisen“ machen.

Das Kunckelfest „Gold, Rubin, Glas“ findet am Sonntag von 12 bis 17 Uhr auf der Pfaueninsel statt. Der Eintritt kostet 5, ermäßigt 4 Euro.

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