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Gegen den Schulcampus am Bahnhof Rehbrücke gabe es auch schon Demonstrationen

© Ottmar Winter

Nachlese zur Potsdamer Stadtverordnetenversammlung: Grünes Licht für Schulcampus am Bahnhof Rehbrücke

Die Stadtverordneten haben am Donnerstagabend einige bemerkenswerte Beschlüsse gefällt. Unter anderem kauft die Stadt nun Flächen vom Land Brandenburg für einen neuen Schulcampus an der Waldstadt

Potsdam - Gleich mehrere Beschlüsse gegen aktuelle Planungen der märkischen Landesregierung haben die Stadtverordneten am Donnerstagabend gefasst. Es ging um die Reform der Arbeitsgerichte, aber auch um das umstrittene Vorhaben einer neuen Autobahnraststätte im Potsdamer Norden. Bei anderen Angelegenheiten sollen Landesbehörden hingegen helfen.

Gegen die Raststätte

Der Reihe nach: Einmal soll sich Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) nun gegen den umstrittenen Bau der Raststätte Havelseen einsetzen. Das haben die Kommunalpolitiker auf Antrag von Grünen, Linke und SPD beschlossen. Saskia Hüneke (Grüne) betonte, es sei wichtig, hier ein klares Signal gegenüber dem Land und der ebenfalls zuständigen Autobahn GmbH auszusenden.

Für das Arbeitsgericht

Ferner machen die Stadtverordneten mobil gegen die geplante Verlagerung des Potsdamer Arbeitsgerichts. Mit großer Mehrheit beschlossen sie einen Antrag von Linken und Grünen, dass das Gericht hier erhalten werden müsse. Es gehe immerhin um das am höchsten ausgelastete Arbeitsgericht im Land Brandenburg, zumal die Fallzahl der Verfahren im Zuge der Pandemie steige. Potsdamer müssten sonst zu Gerichtsterminen nach Brandenburg/Havel, hieß es. Die auch vom Beamtenbund schon heftig kritisierten Pläne hat Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) vorgestellt: Sie will auf seit Jahren sinkende Fallzahlen reagieren. Derzeit gibt es sechs Arbeitsgerichte im Land, ab 2023 sollen es vier sein. Beschlossen wurde auch ein Antrag der CDU-Fraktion: Demnach soll von allen Potsdamer Landtagskandidaten, also auch jenen der CDU, ein Bekenntnis für den Arbeitsgerichtsstandort Potsdam eingefordert werden – auch gegen die eigene Unionsministerin.

Hoffen auf die Forstbehörde

An anderer Stelle setzt die Kommunalpolitik auf Hilfe vom Land: Das Rathaus soll sich beim Landesbetrieb Forst für eine neue 27-Bahnen-Discgolf-Anlage im Potsdamer Katharinenholz einsetzen. Das wurde auf Antrag der rot-grün-roten Rathauskooperation beschlossen. Der Verein Hyzernauts, der den Discgolf-Sport in Potsdam bisher im Volkspark etabliert hat, warb zuvor für das Anliegen: Das Katharinenholz, gelegen zwischen Bornim und Eiche, sei sehr gut als Standort geeignet. Leider müsse man den Volkspark wegen dessen Verkleinerung verlassen, Wettbewerbe seien dort nicht mehr möglich.

Waldstadt-Schulcampus kann kommen

Bei einem  Großprojekt gibt es bereits Hilfe vom Land: Der umstrittene Bau eines Schulcampus am Bahnhof Rehbrücke, wofür dort viele Bäume gefällt werden müssen, kann nun kommen. Den dafür nötigen Kauf von 125.000 Quadratmetern Landesflächen segneten die Stadtverordneten im nicht-öffentlichen Teil ihrer Sitzung ab. Nun soll ein Architekturwettbewerb folgen, der Standort möglichst ab Sommer 2026 zur Verfügung stehen. Details zum Kaufpreis nannte die Stadtverwaltung nicht. Anwohner hatten über Jahre hinweg gegen die Pläne protestiert.

Potsdam will Patenschaft mit Seenotrettern

In der Sitzung ging es auch um Internationales: Die Stadt soll eine Patenschaft für Missionen der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer übernehmen. Diesem Antrag der rot-grün-roten Rathauskooperation und der Fraktion Die Andere ist eine Mehrheit der Stadtverordneten erwartungsgemäß gefolgt. Kritik kam von der AfD-Fraktion: Deren Abgeordneter Sebastian Olbrich sagte, man lehne den Antrag als verantwortungslos ab – auch im Sinne einer Verantwortungsethik nach Max Weber. Doch wie alle anderen Vorstöße der Rechtspopulisten blieb auch dieser erfolglos.

Mal kein Streit zur Potsdamer Mitte

Ungewohnte Einigkeit herrschte bei der Zukunft der Potsdamer Mitte. Die Stadtverordneten haben hier eine Leitentscheidung für das städtebauliche Konzept des Kreativquartiers auf dem Gelände der früheren Feuerwache an der Werner-Seelenbinder-Straße getroffen. Diese soll als Grundlage für den Bebauungsplan dienen. Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) sagte, mit diesem Beschluss sei das Werkstattverfahren auch unter Beteiligung der Kreativen zu einem Ziel geführt worden. Die Vorlage basiere auf den Ergebnissen des etwa dreijährigen Verfahrens. Carsten Linke (Die Andere) hob hervor, es habe durchaus auch Holprigkeiten gegeben in dem Prozess. Seine Fraktion werde trotzdem zustimmen.

Mit großer Mehrheit haben die Stadtverordneten auch einen Antrag der Linken beschlossen, demzufolge geprüft werden soll, ob die geplante Erweiterung des Potsdam Museums in das neue Kreativquartier eingeordnet werden kann. Auch die CDU schloss sich dem Antrag der Linken an. Mit dem Vorstoß sollen tausende Gemälde, die bisher im Depot schlummern, der Öffentlichkeit gezeigt werden.

Weniger Geld durch Coronakrise

Ferner wurde in der Sitzung auch deutlich: Angesichts der Coronakrise sinkt der finanzielle Gestaltungsspielraum für die Kommunalpolitiker, gerade bei sogenannten freiwilligen Aufgaben einer Kommune. Das zeigte sich bei der Debatte um die städtische Musikschule „Johann Sebastian Bach“ – hier soll die Stadt laut einem auf Antrag der Linken gefassten Beschluss prüfen, wie die Einrichtung ihre Kapazitäten erweitern kann. Tina Lange (Linke) sagte, die Kurse für fast alle Instrumente seien übernachgefragt. Allein beim Fach Klavier stünden 200 Kinder auf der Warteliste. „Zwei Jahre Wartezeit sind keine Seltenheit“, so Lange. Häufig wichen Familien auf teurere private Musiklehrer aus. Langfristig brauche es einen dritten Standort der Musikschule im Norden, inklusive entsprechender  Personalkapazitäten. Potsdams Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD) jedoch zeigte sich irritiert über solche zusätzlichen Forderungen. Schließlich rechne man mit deutlich niedrigeren Steuereinnahmen im Zuge der Coronakrise, es gehe um zweistellige Millionenbeträge. Exner: „Ich habe das Gefühl, in den Köpfen ist noch nicht angekommen, wie die kommunale Lage derzeit ist.“

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