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Selbst Künstler sein. Im Museum Barberini lernten Besucher beim Museumstag in der Ausstellung mit Werken von Max Beckmann, selbst zum Bleistift zu greifen. Auf dem Alten Markt fand das Atlasfest statt, ins Potsdam Museum kamen bei freiem Eintritt 1650 Besucher.

© Andreas Klaer

Museumstag in Potsdam: Barberini: Besucher zeichnen in Beckmann-Manier

Die Besucher sind nicht nur Betrachter, sondern greifen selbst zum Zeichenstift. Zum Museumstag bietet das Museum Barberini ein neues Konzept an.

Von Birte Förster

Potsdam - Mit viel Kraft und ordentlich Schwung bäumt sich die 18-jährige Katharina Schönfelder auf zu einer Brücke. Ihr ganzer Körper steht unter Spannung. Sie verharrt eine Weile in dieser Position, dann lässt sie sich auf den Boden sinken. Die Schülerin beweist ihr turnerisches Können nicht etwa in einer Sporthalle, sondern mitten in den Ausstellungsräumen des Museums Barberini in Potsdam. In seiner Führung durch die aktuelle Ausstellung „Max Beckmann. Welttheater“ macht Peter Eurlings die Kunst auf eine ganz neue Weise erfahrbar. Die Teilnehmer werden selbst aktiv. In eigenen Zeichnungen versuchen sie die Bronzeskulptur „Brücke“ von Max Beckmann künstlerisch nachzuempfinden. In Beckmanns Werk deutete Eurlings zuvor auf die sichtbare Spannung im Bauch, die besonderen Formen. „Die Silhouette ist eine starke Bildsprache“, sagt er.

Genau 40 Sekunden haben die Teilnehmer später Zeit, um die Silhouette der Schülerin, die sich freiwillig als Modell anbietet, in wenigen Strichen aufs Blatt zu bringen. Das lässt keinen Raum für Vorüberlegungen. „Dann wird das Denken ausgeschaltet“, sagt der Kunsthistoriker. Man müsse intuitiv zeichnen, dürfe den Blick nicht vom Motiv abwenden. So sei es auch Max Beckmann ergangen, der viele seiner Motive in Theater und Varieté fand, Bewegungsabläufe oft schnell skizzieren musste, erklärt er. „Einfach dem folgen, was dein Auge sagt.“

Museum Barberini mit neuem Konzept für Beckmann-Ausstellung

Für den Internationalen Museumstag am Sonntag hatte sich das Museum Barberini ein neues Konzept einfallen lassen. Der Titel der Führung lautete „Beckmann mit dem Smartphone entdecken“ und sollte die Teilnehmer dazu anregen, über entsprechende Zeichenapps die Werke des Künstlers nachzuzeichnen und ein jüngeres Publikum erreichen. Doch letztendlich griffen die Teilnehmer der Führung, die selbst wählen durften, alle zu Papier und Bleistift statt zum Smartphone. Eurlings, der selbst Malerei und Zeichnen studiert hat, sieht aber auch die Nachteile des Formats: Es reiche nicht, die App zu installieren, man müsse zudem wissen, wie diese funktioniert. Besser würden sich bei der digitalen Variante zudem großformatige iPads eignen, die man mit einem digitalen Stift bediene.

Deshalb befürwortet Eurlings letztendlich die Wahl der Teilnehmer: „Ich denke, Max Beckmann hat nicht mit dem Smartphone gearbeitet“, sagt er ein wenig scherzend über den Künstler, der 1950 mit 66 Jahren verstarb und sein künstlerisches Schaffen lange vor der digitalen Revolution beendet hat.

Die klassische Variante mit Papier und Bleistift, die in ein paar Führungen angeboten wurde, habe sich bereits bewährt. Ziel sei es, dass sich die Museumsbesucher den praktischen Tätigkeiten, die den Künstlerberuf ausmachen, stärker annähern. „Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten“, sagt er. Aktives Mitmachen statt passives Zuhören. Für Eurlings sei das „zeitgenössische Kunstvermittlung“. Indem sie selbst zeichnen, könnten die Teilnehmer die Kunst besser einordnen, könnten besser deren Komplexität erkennen, meint er. „Bei einer praktischen Auseinandersetzung erinnerst du dich auch an das, was du gemacht hast.“

„Ich dachte, ich kann gar nicht zeichnen“

So ergeht es auch den Teilnehmern. Die Dichte an Informationen sei geringer, sagt Katharina Schönfelder danach. „Aber man merkt sich mehr, weil man nicht so überflutet wird.“ Ihre Mutter habe die Teilnahme an der Führung vorgeschlagen, als Vorbereitung für die anstehende Abiturprüfung in Kunst. Vor allem privat zeichne sie regelmäßig. Ihre Mutter Kerstin Franz hingegen hat keinerlei derartige Erfahrungen. Zu Anfang sei sie skeptisch gewesen, sagt sie. „Ich dachte, ich kann gar nicht zeichnen.“ Letztendlich habe es ihr viel Spaß gemacht.

Tatsächlich geht es Eurlings nicht ums Können. „Wir zeichnen nicht für die Welt“, betont er zu Beginn. Konzentriert machen sich die Teilnehmer an die Übungen und besprechen ihre Bilder danach. Sie zeichnen Skizzen des Künstlers nach – Vorarbeiten zu seinen Malereien, die Artisten in der Manege zeigen. Es folgen Übungen zu Licht und Schatten sowie eine Porträtzeichnung. Eine der letzten Herausforderungen ist eine Nase mit all ihren Formen und Krümmungen. „Sie haben alle gut aufgepasst“, lobt er die Teilnehmer zum Schluss.

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Museumstag in Potsdam: Oldtimer, Musik und Modenschau am Potsdam Museum

Im Rahmen des Museumstages öffnete auch das Potsdam Museum seine Türen und veranstaltete auf dem Alten Markt zum sechsten Mal das Atlasfest. 16 Oldtimer von Mitgliedern des Vereins MC Oldtimer Club Potsdam wurden dort ausgestellt. Es seien doppelt so viele wie im Jahr zuvor, sagte Hans-Jürgen Krackher vom Förderverein Potsdam Museum. Einer der Publikumsmagnete war ein silberner Tatra von 1948. Das Fahrzeug sei ein Highlight aufgrund seiner besonderen Form, sagte er. In achtjähriger Arbeit sei das Fahrzeug restauriert worden. An einem weiteren Stand wurden Fotos mit einer historischen Holzkamera gemacht und über die historische Nassplatten-Entwicklung im Laborauto entwickelt. So entstand auch eine Aufnahme des Alten Marktes – das Bild sieht aus wie eine Aufnahme aus dem 19. Jahrhundert, wurde aber am Tag zuvor aufgenommen. Fotorestauratorin Kerstin Bartels und Museumsexperten beantworteten Besuchern Fragen zu mitgebrachten alten Fotos. Außerdem gab es eine Taschenmodenschau und ein Schwarzlichttheater mit Schülern des Gymnasiums Hermannswerder. 1650 Besucher kamen ins Potsdam Museum. Neben dem Museum Barberini, für das Besucher wie sonst Eintritt zahlen mussten, und dem Potsdam Museum öffneten insgesamt 13 Museen und Archive unter dem Motto „Netzwerk Museum: Neue Wege, neue Besucher“ in Potsdam ihre Türen. Darunter waren unter anderem das Filmmuseum, die Gedenkstätte Lindenstraße, das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, das Jan Bouman Haus im Holländischen Viertel, der Kunstraum Potsdam sowie das Naturkundemuseum. In Brandenburg beteiligten sich insgesamt 90 Ausstellungshäuser mit besonderen Programmen an dem Internationalen Museumstag. 

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