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Staus und Baustellen machen das Autofahren in Potsdam oft zu einer Qual.

© Andreas Klaer

Update

Letzter Platz für Potsdam bei ADAC-Ranking: Nirgendwo in Deutschland sind Autofahrer unzufriedener

Baustellen-Chaos, hohe Parkgebühren und zu wenige Parkplätze frustrieren Autofahrer in der Landeshauptstadt. Fußgänger sind deutlich zufriedener - Radfahrer allerdings nicht.

Von
  • Matthias Matern
  • Carsten Holm

Potsdam - Hohe Parkgebühren, schlechtes Baustellenmanagement, zu wenig Abstellflächen - nirgendwo in Deutschland sind Autofahrer so unzufrieden mit den Bedingungen in ihrer Stadt wie in Potsdam. Das ist ein Ergebnis des aktuellen ADAC Monitors „Mobil in der Stadt“, der am Freitag veröffentlicht wurde. 

Für seine Untersuchung hat der Automobilklub nach eigenen Angaben bundesweit in 29 Städten rund 12.000 Online-Befragungen durchgeführt und ausgewertet. Gefragt wurde nach der Zufriedenheit von Auto- und Radfahrern, Fußgängern sowie ÖPNV-Nutzern. 

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Fußgänger deutlich zufriedener

Einwohner, Pendler und Besucher Potsdams haben demnach eine geteilte Meinung über den Verkehr in der Landeshauptstadt. Auf der einen Seite stehen  Fußgänger, Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs und Radfahrer, die mit ihrer persönlichen Mobilitätssituation überdurchschnittlich zufrieden sind. Ihnen gegenüber stehen Autofahrer, die so unzufrieden sind wie in keiner weiteren der untersuchten Städte. Als Bewertung hat der ADAC einen Indexwert ermittelt, der prozentual angibt, ob zufriedene oder unzufriedene Verkehrsteilnehmer überwiegen. In der Online-Befragung wurden die  12.000 Interviews ausgewertet, im Schnitt 400 pro Stadt. Den höchsten Gesamtindex hat Münster mit 35 Punkten, das Schlusslicht ist Mönchengladbach. Dort beträgt der Index lediglich 3. Der Gesamtindex setzt sich aus den einzelnen Teilbewertungen für Pkw-Verkehr, Radverkehr, öffentlichen Nahverkehr und Fußgänger zusammen.

Potsdam liegt insgesamt bundesweit im Mittelfeld

Für Potsdam ergibt der Gesamtindex einen Wert von 23. Das ist Rang 12 der 29 untersuchten Städte und damit der gleiche Wert wie Karlsruhe. Am zufriedensten sind in Potsdam laut ADAC die Fußgänger (46 Punkte, Rang 5 im Städtevergleich). Positiv werden die kurzen Wege, das Angebot an gesicherten Überquerungsmöglichkeiten und die Beleuchtung der Überquerungsmöglichkeiten gesehen - negativ das Verhalten von Radfahrern, die Sitzmöglichkeiten entlang der Wege und die Barrierefreiheit für mobilitätseingeschränkte Menschen. Am unzufriedensten sind die Autofahrer (-13 Punkte). Als Pluspunkte werden die Wegweisung an den Straßen, das regelkonforme Verhalten von Fußgängern und der Straßenzustand genannt. Minuspunkte gibt es für das Baustellenmanagement, das Parkraumangebot im gesamten Stadtgebiet sowie die Höhe der Parkgebühren. Der Indexwert -13 Punkte ist der schlechteste im Vergleich mit allen Städten.

Radfahrer sind mit Platz 11 ähnlich unzufrieden wie die Autofahrer. Nutzer des Öffentlichen Nahverkehrs verschafften Potsdam dagegen mit ihren Bewertungen einen ordentlichen 8. Platz. 
Der ADAC Berlin-Brandenburg forderte angesichts der schlechten Bewertung von Autofahrern, das Angebot an Park+Ride-Plätzen am Stadtrand auszubauen, um die Innenstadt zu entlasten. Auch Parkhäuser könnten besser ausgeschildert werden, damit mehr benutzt werden.

Volker Krane, Vorstand für Verkehr im ADAC Berlin-Brandenburg, kann den Frust der Autofahrer nachvollziehen, weist aber zugleich auf die baulichen Gegebenheiten der Stadt Potsdam hin: „Baustellen und der damit verbundene Stau haben natürlich ein großes Frustpotenzial. Doch Potsdam stellt aufgrund seiner historischen Altstadtstruktur und geographischen Lage eine Herausforderung für das Baustellenmanagement dar. Eine einzelne Baustelle kann schnell zum Verkehrsinfarkt führen.“

Potsdamer legen deutlich mehr Wege zu Fuß zurück

Zumindest bei den Potsdamern scheint der Frust hinter dem Steuer zu einem Umdenken geführt zu haben. Das zumindest hat die deutschlandweite Untersuchung „Mobilität in Städten“ ergeben, deren Ergebnis das Rathaus jetzt präsentierte. Immer weniger Potsdamer benutzen demnach ihr Auto für Fahrten ins und im Zentrum der Stadt. Im Zentrum werden danach nur etwa 18 Prozent aller Wege mit dem Auto zurückgelegt – 2013 betrug dieser Anteil noch 25 Prozent. Der Unterschied zwischen der Innenstadt und der Umgebung der Landeshauptstadt drückt sich, wenig überraschend, in Zahlen aus: Im ländlich geprägten Potsdamer Norden werden laut der Studie mit 53 Prozent etwas mehr als die Hälfte der Wege mit dem Auto zurückgelegt, 2013 waren es mit 56 Prozent kaum weniger.

Bundesweit wurden mehr als 150.000 Personen von Mitarbeitern der Technischen Universität Dresden befragt. In Potsdam äußerten sich 2018 rund 2100 Bürger etwa über Länge und Dauer ihres Arbeitsweges und dazu, ob sie Einkäufe zu Fuß erledigen und die Kinder zur Schule radeln. Heraus kam, dass der Arbeitsplatz überdurchschnittlich oft mit dem Auto erreicht wird, ebenso dienstliche Wege und Arztbesuche.

Potsdamer nutzen das Auto seltener als im Bundesdurchschnitt

Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil der Potsdamer, die Fahrräder oder Busse und Trams nutzen, wenn sie sich auf den Weg zur Kita, zur Schule oder zum Ausbildungsplatz machen: 35 Prozent treten in die Pedale, 27 Prozent steigen in Bus oder Straßenbahn. Am Auto halten die Bürger dennoch fest. Pro 1000 Einwohner gibt es 489 Pkw, 2013 waren es mit 501 geringfügig mehr. Gestiegen ist die Zahl der Fahrräder: 2013 waren es noch 959 pro 1000 Einwohner, die neue Studie weist 1087 aus.

Die Statistik sagt viel über die Fortbewegung der Bürger aus. Durchschnittlich legen sie pro Person in Potsdam 3,4 Wege am Tag zurück. Am Abend haben sie im Schnitt 7,6 Kilometer bewältigt, auf den einzelnen Wegstrecken waren sie 23,7 Minuten unterwegs. Auffällig: für nur 32 Prozent aller Wege nutzen die Bürger ein Auto als Selbstfahrer oder Mitfahrer. Bundesweit liegt dieser Anteil in vergleichbaren Städten bei 39 Prozent. „Die Langzeitbetrachtung der Studie zeigt, dass der Wandel im Potsdamer Mobilitätsverhalten vor allem auf einen Anstieg der Verkehrsanteile im Öffentlichen Nahverkehr und Radverkehr zurückzuführen ist”, sagt Bernd Rubelt (parteilos), Beigeordneter für Stadtentwicklung, insbesondere im Potsdamer Norden sehe er jedoch noch „viel Potenzial”.

Die Untersuchung, die 2018 zum zehnten Mal in Potsdam durchgeführt wurde, wird alle fünf Jahre wiederholt. Ihre Ergebnisse fließen in die städtische Verkehrsplanung ein. Eine Zusammenfassung der sogenannten Mobilitätskennwerte ist unter https://www.potsdam.de/verkehrsbefragung-potsdam abrufbar.

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