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Das Bürgerservice-Center im Potsdamer Rathaus.

© Andreas Klaer

Lange Wartezeiten auf Termine: Wie der Bürgerservice die Potsdamer verärgert

Führungszeugnis, Reisepass, Ummeldungen - wer das beantragen will, brauchte zuletzt viel Geduld in Potsdam. Erweiterte Öffnungszeiten sollen nun helfen.

Potsdam - Es geht um Reisepässe, Ausweise oder wichtige Dokumente für potentielle Arbeitgeber, die Potsdamer über Monate nur unter großen Schwierigkeiten oder bislang noch gar nicht beantragen konnten: Nach anhaltenden Beschwerden über die Terminvergabe im sogenannten Bürgerservice des Rathauses soll nun vieles besser werden.

Das kündigten Ordnungsdezernentin Brigitte Meier (SPD) und Amtschefin Antonia Döhl am Donnerstag vor Journalisten an. Vor allem sollen nun stets früh ab 8 Uhr nicht mehr nur 90 Termine für den jeweiligen Tag, sondern auch bis zu 260 Termine für die Zeit in drei bis vier Wochen freigeschaltet. „Damit wollen wir bessere Planungssicherheit schaffen“, sagte Meier. Das scheint nötig.

Zuletzt hatte der Bürgerservice wie berichtet nur Termine für den jeweiligen Tag ab 8 Uhr freigeschaltet, dazu kamen noch längerfristige Termine ab jedem Montagmorgen – entsprechend schnell waren diese aber meist nach wenigen Minuten weg. Zugleich war dieses schmale Zeitfenster monatelang nicht auf der Internetseite der Stadtverwaltung publiziert worden, erst nach einem PNN-Bericht Ende August änderte sich zumindest das, wurde auf das Zeitfenster online verwiesen.

Wochenlanger Verdienstausfall

Dabei hatte das Rathaus eigentlich schon im Juni baldige Besserung gelobt, später aber auch Fluktuation und hohen Krankenstand in der Behörde eingeräumt – was so laut Meier aber aktuell nicht der Fall ist. Zugleich ist der Bedarf, nach den langen coronabedingten Einschränkungen in dem Amt, offensichtlich groß – was aktuelle Bürgerbeschwerden zeigen, die den PNN vorliegen. So schilderte die Potsdamerin Maria Unverdroß, im Sommer habe sie für eine kurzfristig freie Arbeitsstelle unter anderem ein Führungszeugnis beantragen müssen.

„Wochenlang versuchte ich online einen Termin zu ergattern – doch vergebens.“ Nach ungefähr zwei Monaten mit unbeantworteten Telefonversuchen, täglichen Besuchen der Anmeldeseite des Bürgerservice und einseitigem Emailverkehr erreichte sie dann „endlich einen Mitarbeiter am Telefon“ – der einen Termin innerhalb von vier Wochen vergab. Mit dreimonatiger Verspätung habe sie die Arbeit dann endlich aufnehmen können, so Unverdroß. Ihr Fazit: „Großer Frust und Verdienstausfall.“

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Noch keinen Termin hat der Potsdamer Professor Klaus R. Kunzmann. Seit drei Monaten versuche er einen neuen Reisepass zu erhalten, den er für internationale Konferenzen benötige. „Ich kann doch nicht tagelang versuchen, dort anzurufen. Auch online hatte ich kein Glück“, sagte er. Dieser Service sei kein Aushängeschild „für eine Stadt, die sich gerne als attraktiver Wohn- und Arbeitsort vermarktet“.

Zwei Reisepässe benötigte auch Anja Rivoir, für ihre beiden Kinder, weil in den Herbstferien ein Urlaub geplant ist. „Sechs Wochen habe ich gebraucht, um online einen Termin zu bekommen.“ Abgeblitzt sei sie an der Telefonhotline, die Dame dort habe ihr erklärt, dass der Einlass vor Ort nur mit Termin möglich sei – sie aber gerade auch keinen vergeben könne.

Kinder müssen für Termin aus der Schule genommen werden

„Sie bekundete Verständnis, dass ich langsam verzweifelt bin – bei der Lösung wollte sie aber nicht helfen.“ Irgendwann habe sie einen Termin bekommen – um 12.25 Uhr. „Dafür muss ich die Kinder aus der Schule nehmen – da gab es keinen anderen Weg, wurde mir erklärt.“ Das Wort „Bürgerservice“ erhalte so einen zynischen Klang, lautet das Fazit der Mutter.

Auch der ehrenamtliche rechtliche Betreuer Christoph Blankenburg hat solche Erfahrungen gemacht – er vertritt Klienten, die ihre Angelegenheiten mit Behörden nicht mehr selbst regeln können. Dabei habe er im Juni zwei neue Personen von einer Kollegin übernommen, die schon seit zwei Jahren umgezogen – aber eben nicht umgemeldet waren. „Damals habe ich mich noch gewundert: Warum ist das noch nicht erledigt?“ Dann versuchte er selbst sein Glück im Bürgerservice.

Dezernentin Meier lehnt Wartenummern-System ab

Seine Erfahrung: „Keine Termine auf der Website. Anrufversuche an mehreren Tagen zu unterschiedlichen Zeiten erfolglos. Es ging einfach niemand ran.“ Erst nach fünf Wochen sei er für einen seiner Klienten erfolgreich gewesen – weil er dessen Ausweis gerade da hatte. Bei dem anderen Fall gestalte sich die Situation schwieriger, weil dieser Klient seinen Ausweis immer dabei haben müsse. „Also muss ich hoffen, dass er bei einem verfügbaren Termin spontan auch greifbar ist“, sagte Blankenburg. Er wünsche sich daher die „gute alte Zeit“ mit Wartenummern zurück. „Da warte ich lieber ein paar Stunden vor Ort – bin aber gewiss, dass die Sache am Ende des Tages erledigt ist.“

Dieser Idee erteilte Dezernentin Meier vor der Presse eine Absage. Denn angesichts der Pandemie wolle man keine Warteschlangen im Rathaus. Amtschefin Döhl sagte, durch Umbauten im Rathaus könne man nun wieder zwölf Schalter anbieten – und mit erweiterten Öffnungszeiten nun bis zu 2400 Termine pro Woche.

Probleme auch in der Fahrerlaubnisbehörde

Das seien sogar 14 Prozent mehr Termine als vor Corona. Allerdings werden längst nicht alle wahrgenommen. Denn manche Bürger würden gleich mehrere Termine auf einmal „hamstern“ – aber nur einen wahrnehmen. „Wir bitten darum, dass Termine, die nicht klappen, abgesagt werden“, so Meier. Wenn man das online machen möchte, muss man eine dafür vergebene Pin–Nummer wieder parat haben. Döhl sagte, eine Absage sei aber auch per E–Mail oder Telefon möglich. Wie hoch der Anteil solcher verfallener Termine ist, konnte Chefin Döhl nicht sagen.

Es ist nicht die einzige Baustelle in dem Bereich. So gebe es auch in der Fahrerlaubnisbehörde „noch Vakanzen“ – auch dort wolle man Personal aufstocken und „an die Prozesse rangehen“. Hierzu will Dezernentin Meier im Herbst informieren. So müssen tausende alte Führerscheine in EU-Papiere umgetauscht werden.

Wie kommen Sie an einen Termin?

  • Zur Online-Terminvergabe des Potsdamer Bürgerservice-Centers kommt man im Internet über www.potsdam.de/termine.
  • Freie Termine sind laut Rathaus immer nur ab 8 Uhr verfügbar – wer dann keinen ergattert, soll das am Folgetag erneut ab 8 Uhr versuchen. Das wäre auch die Zeit, wann man anrufen müsste – und zwar unter Tel.: (0331) 289 11 11.
  • Das Bürgerservicecenter im Rathaus hat Montag bis Donnerstag von jeweils 7.30 bis 18 Uhr, am Freitag von 7.30 bis 14 Uhr und am Samstag von 8 bis 12 Uhr geöffnet. 

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