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Künftiges Wohngebiet Krampnitz in Potsdam: Die Stadt will das Land enteignen

Im zukünftigen Wohnviertel Krampnitz sollen einmal bis zu 3800 Menschen wohnen. Dafür hat die Stadt Potsdam das Land Brandenburg gebeten, ihr die strittigen Flächen zu verkaufen. Nun wehren sich aber ehemalige Käufer gegen die Rathauspläne.

Potsdamz - Die Planspiele im Rathaus zur möglichen Enteignung von Flächen des künftigen Wohngebiets Krampnitz werden konkret. Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) bestätigte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, dass die Stadtverwaltung das Land Brandenburg gebeten hat, ihr die strittigen Flächen zu verkaufen. Weil dem Land aber wegen eines Rechtsstreits bekanntermaßen die Hände gebunden sind, bliebe als letztes Mittel damit nur die Enteignung des Landes, so Klipp. Zugleich kündigte er an, die unklare Grundstückssituation im Herbst anzugehen. Details nannte er nicht.

Die Stadt will das Gelände mithilfe noch zu findender Investoren zu einem neuen Viertel für bis zu 3800 Menschen entwickeln. Auch der Chef des dafür zuständigen städtischen Entwicklungsträgers, Bert Nicke, sagte, die Verfügbarkeit des Areals müsse „zeitnah“ gesichert werden, um nach vielerlei Planungen mit den Arbeiten beginnen zu können. Klipp erklärte, solche Enteignungen seien ein normaler Vorgang und etwa auch im Bornstedter Feld schon praktiziert worden. Noch im Juni war eine Entscheidung zu den möglichen Enteignungen kurzfristig von der Tagesordnung für die Stadtverordnetenversammlung genommen worden – wegen ernster Vorbehalte in der Rathauskooperation, vor allem bei der SPD.

TG Potsdam will sich gegen Enteignung wehren

Denn die Gemengelage ist komplex. Da gibt es etwa die TG Potsdam, die früheren Käufer des Areals. Vor Gericht streiten die TG und das Land seit Jahren darum, wem das Gelände gehört – die dubiosen Umstände dieses Grundstücksgeschäfts hatten auch einen Untersuchungsausschuss im Landtag beschäftigt. Die TG verfügt dabei lediglich über Grundbuch-Vormerkungen für das landeseigene Areal, während das Land noch offizieller Eigentümer ist. Zu den Enteignungsplänen der Stadt wollte man sich im zuständigen Landesfinanzministerium am Mittwoch nicht weiter äußern – unter Verweis auf die laufenden Rechtsstreitigkeiten. Man befinde sich zu dem Thema im Austausch mit der Stadt Potsdam, hieß es lediglich. Formal zuständig für Enteignungen in der Mark ist das Landesinnenministerium.

Die TG Potsdam kündigte ihrerseits an, sich gegen die Enteignungspläne der Stadt zu wehren. Ihr Berliner Anwalt Karl-Josef Stöhr sagte auf Anfrage, auch die Vormerkungen der TG im Grundbuch müssten enteignet werden. „Das wird aber nicht funktionieren.“ Schließlich sei man bereit und in der Lage, die geplante Entwicklungsmaßnahme auch selbst und für die Stadt durchzuführen. „Doch leider spricht niemand mit uns, das würde vieles einfacher machen.“ Noch 2008 hatte die Stadt mit der TG eine Rahmenvereinbarung über die Entwicklung des Geländes getroffen – unter anderem stellte sich später heraus, dass sich hinter der TG Potsdam nicht wie angenommen die renommierte dänische Thylander-Gruppe, sondern ein Firmengeflecht verbarg. Danach hatte die Stadt den Vertrag gelöst, um das Gelände in Eigenregie zu entwickeln. Eine Klage dagegen hatte die TG vor anderthalb Jahren am Potsdamer Verwaltungsgericht verloren. Als nächste Instanz entscheidet das Oberlandesgericht (OLG) Berlin-Brandenburg. Dort wird im November auch wieder der Rechtsstreit von Land und TG behandelt – hier wiederum hatte das Gericht bereits deutliche Zweifel am Vorgehen des Finanzministeriums bekundet, als dieses nach Bekanntwerden der dubiosen Verkaufsumstände die Rückübertragung der Flächen einleitete.

Wie sich Krampnitz entwickeln soll

Wegen den Enteignungsankündigungen rückte der eigentliche Anlass der Pressekonferenz etwas in den Hintergrund: Spitzenvertreter der Stadtverwaltung, die Stadtwerke und der zuständige Entwicklungsträger unterschrieben eine Rahmenvereinbarung zur Entwicklung des ehemaligen Kasernengeländes. Unter anderem heißt es in der Präambel des Vertrags, die Partner „beabsichtigen bei der inneren und äußeren Erschließung des Entwicklungsbereichs eng zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig Unterstützung zu leisten, um so eine sichere, effiziente, umweltverträgliche, preisgünstige und verbraucherfreundliche Infrastruktur zu errichten“.

Unter anderem stellten die Stadtwerke ihr Konzept eines möglichst umweltfreundlichen Stadtteils vor. Die Maßnahmen in diesem Bereich dürften etwa zehn Jahre dauern, sagte Stadtwerke-Chef Wilfried Böhme. Noch nicht spruchreif ist der exakte Umfang der nötigen Investitionen, wie es weiter hieß – lediglich von Gesamtkosten im niedrigen zweistelligen Millionenbereich war die Rede. Potsdam wolle zudem möglichst viel EU-Fördergeld über den sogenannten Stadt-Umland-Wettbewerb einwerben. Entwicklungsträgerchef Nicke sagte, Krampnitz ließe sich so als „grüner Stadtteil“ vermarkten – wenn eben die „Grundstücksverfügbarkeit“ geklärt sei.

Unter anderem hatte die Stadt gegen die TG Sicherungsverfügungen für einzelne denkmalgeschützte Gebäude in Krampnitz verhängt. Damit soll die TG gezwungen werden, diese dem Verfall preisgegebenen Gebäude zu sichern. Auch gegen diese Verfügung hatte die TG bereits rechtliche Schritte angekündigt.

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