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Krisentreffen beim SVB 03: Es fehlt die Hinterzimmer-Bürgschaft

Sondersitzung des SV-Babelsberg-Aufsichtsrats / Debatte um Sponsoring der Stadtwerke hält an

Die akute Finanzkrise beim Potsdamer Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03 ist offenbar unmittelbare Folge des Rücktritts von Stadtwerke- und EWP-Chef Peter Paffhausen am vergangenen Freitag: Nach PNN-Informationen hat die von Paffhausen geführte kommunale Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) in den vergangenen Jahren stets für die im Saisonetat fehlenden Gelder gebürgt – „hemdsärmelig und unkompliziert“, verabredet „im kleinen Kreis beim Wein im Hinterzimmer“, wie ein Manager aus einem Stadtwerke-Unternehmen den PNN bestätigte. Vor seinem Rücktritt habe Paffhausen bei der zu den kommunalen Stadtwerken gehörenden EWP die neue Bürgschaft für die kommende Saison nicht mehr auf den Weg bringen können. Nach seinem Rücktritt sei derzeit niemand willens und in der Lage, eine so weitreichende Entscheidung zu treffen, hieß es weiter. 

Die Stadt Potsdam selbst darf dem Verein nach Kommunalrecht keine Bürgschaft erteilen – das erklärte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern den Stadtverordneten im Hauptausschuss. Wie berichtet fehlen dem SVB 1,5 Millionen Euro für den Drittliga-Etat in der nächsten Saison. Weder die Stadtwerke, die EWP noch deren Aufsichtsratschef Jakobs beantworteten bis zum Abend Anfragen der PNN zu möglichen früheren Bürgschaften. Auch blieb offen, ob es Pläne der Aufsichtsräte von EWP und Stadtwerke gibt, doch noch eine Bürgschaft für den Verein zu übernehmen und gegenüber den Banken für neue Darlehen an den Fußballklub geradezustehen.

Schon 2003 hatte die frühere Führungsriege des SVB vor der damaligen ersten Insolvenz des Vereins einen Millionenkredit aufgenommen. Die Restschuld liegt bei 870 000 Euro. Sollte der Fußballverein als Pächter ausfallen, müsste die Stadt zudem das Stadion wieder übernehmen – samt Betriebskosten in Höhe von bis zu einer Million Euro jährlich, wie es heißt.

Der Stadtverordnete Sven Brödno von der Fraktion Die Andere, die vor allem mit den Babelsberger Fans eng verbunden ist, forderte ein Eingreifen von  Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und auch von Jakobs: Sie sollten sicherstellen, dass die Lizensierungsauflagen für die dritte Liga erfüllt werden können – nachdem acht Millionen Euro in die Stadionsanierung geflossen seien und die junge Mannschaft begeisternden Fußball geboten habe. Zugleich schaffe die Krise die Chance, „verfilzte Strukturen zu überwinden und demokratische Zustände im Verein herzustellen“, so Brödno.

Das hatten gestern Abend auch Mitglieder des Aufsichtsrates des Vereins vor – beginnen sollte es mit der Ablösung des aktuellen Vorstands um Vereinspräsident Rainer Speer. Dieser sagte vor der Sitzung noch, er wolle an Bord bleiben (siehe Interview). Nach der Sitzung sagte Aufsichtsratsmitglied Thomas Bastian, eine Entscheidung zum künftigen Vorstand werde nach dessen Anhörung bei einer weiteren Sitzung am kommenden Montag fallen. Es müsse aber neue Gesichter geben. Ziel sei der Erhalt der Handlungsfähigkeit des Vereins. Angepeilt werde – wenn nicht noch ein plötzlicher Geldsegen komme – der Erhalt des Vereins in der Oberliga, ohne Insolvenz. Geplant sei auch den Vorstand vorübergehend mit dem Verein verbundenen Fans aus der freien Wirtschaft zu besetzen. Auch SVB-Geschäftsführer Ralf Hechel, der nicht vom Verein, sondern von dem für die Stadionsanierung zuständigen und im Zuge der Affären um den Verein ins Zwielicht geratenen Aufsichtsrat Frank Marczinek seinen Lohn erhält, solle „seinen Schreibtisch räumen“, hieß es nach PNN-Informationen. Es solle ein Verein ohne „Großmannssucht und geprägt von Ehrlichkeit entstehen“, sagte Bastian. Das Potenzial dazu sei vorhanden.

Zugleich ging gestern die Debatte um mehr Transparenz im Sport-Sponsoring in Potsdam weiter. SPD–Chef Mike Schubert sagte, die Stadtwerke sollten weiter Sport und Kultur in Potsdam fördern. Jedoch müsse das Sponsoring der städtischen Unternehmen „zügig“ transparent dargestellt werden, „um weitere Verdächtigungen auszuschließen“.

Als „schädlich“ bezeichnete hingegen Günter Baaske (SPD), Landessozialminister und Präsident von Champions-League-Finalist Turbine Potsdam, die Debatte. Turbine-Trainer Bernd Schröder sagte, „einige Politiker stellen mit ihrem Anti-Sponsoring-Aktionismus Potsdam ein Armutszeugnis aus“.

Gegen solche Vorwürfe verwahrte sich die Grünen-Landtagsabgeordnete Marie Luise von Halem: „Wer die Aufklärer als Nestbeschmutzer hinstellt, verwechselt Ursache und Wirkung.“ Wenn sich jetzt Sponsoren beim Babelsberger Fußballverein zurückziehen, sei „das die Schuld derjenigen, die durch Interessenverquickung und intransparente Finanzbeziehungen Zweifel an Seriosität und sauberer Auftragsvergabe genährt haben“, so von Halem. Der CDU-Landespolitiker Dierk Homeyer bezeichnete „die Verfilzung und Verquickung wirtschaftlicher, politischer und sportlicher Interessen“ in der bisherigen Vereinsspitze von Babelsberg als „einmalig“ in Brandenburg.

Der Stadt sei durch die Affären rund um den SVB-Vorstand – vom Fall „Krampnitz“ über Stasi-Vorwürfe bis zur Spitzel-Affäre des Ex-Aufsichtsratschefs Paffhausen – bereits ein „Image-Schaden“ entstanden, sagte Götz Friederich (CDU), Präsident des Marketing Clubs, dazu Vorsitzender des Breitensportvereins Potsdamer Sport-Union. Jedoch sei die „Sportstadt“ Potsdam auf Sponsoring angewiesen, so Friederich – zugleich müsse die Förderung aus der öffentlichen Hand transparent verlaufen. (mit dpa, SCH, pet)

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