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Katja Dietrich-Kröck hat ihre Brustkrebs-Diagnose auf Facebook ihren Freunden öffentlich gemacht. Die Reaktionen haben sie gestärkt.

©  Manuela Clemens

Krebsdiagnose in der Pandemie: „Krebs kann ich überleben, aber Corona dazu kann tödlich sein“

Mitten in der Coronakrise erkrankte die bekannte Potsdamerin Katja Dietrich-Kröck an Brustkrebs. Sie entschied sich für eine Behandlung im Bergmann-Klinikum - trotz des Virusausbruchs dort.

Potsdam - Als Katja Dietrich-Kröck erfuhr, dass sie eine Chemotherapie braucht, ging sie noch auf dem Heimweg zum Frisör und ließ sich das schulterlange, blonde Haar zentimeterkurz schneiden. „Vielleicht, um mich selbst zu schockieren und aus der Verdrängung herauszuholen.“ Sie brauche solche Gesten, sagt die 49-Jährige. „Um mich und andere damit zu konfrontieren.“ Deshalb hat sie die Diagnose Brustkrebs, von der sie kurz nach Ostern erfuhr und die sie mitten in der Corona-Pandemie ereilte, auch mit ihrem Netzwerk auf Facebook geteilt. „Erst dann habe ich es mir selbst geglaubt.“

Dietrich-Kröck ist seit Jahrzehnten in Potsdams Kulturszene aktiv und gerade unter Kulturschaffenden bekannt. Sie baute den Standort Schiffbauergasse mit auf, koordinierte zeitweise das Programm für das Waschhaus und leitete den Kunstraum, regelmäßig legt sie auch als DJane auf. Seit einigen Jahren arbeitet sie im Wirtschaftsministerium als Referentin für Kreativwirtschaft und Digitalisierung.

"Hiobsbotschaften kamen häppchenweise"

Das zu fassen, zu begreifen, was ihr da nun zustieß, sei ihr nicht leicht gefallen. „Die Hiobsbotschaften kamen häppchenweise“, beschreibt sie. Die veränderte Brust, dann die Diagnose. Zunächst hieß es, bei einer Operation könne die Brust erhalten werden. Das mussten die Ärzte später revidieren. Nach der Operation kam dann, anders als erhofft, doch die Nachricht einer nötigen Chemotherapie.

Während die Covid-19-Fallzahlen in Deutschland, Brandenburg und Potsdam in die Höhe schnellten, Gesellschaft und Medien auf die Pandemie fixiert waren, musste Dietrich-Kröck schnell eine Entscheidung treffen. „Wo gehe ich jetzt hin?“ Zunächst fuhr sie nach Berlin ins Brustzentrum, doch als klar wurde, dass sie zur Operation ins Krankenhaus musste, entschied sie sich für das kommunale Bergmann-Klinikum. Trotz – oder gerade wegen – des Coronaausbruchs in dem Krankenhaus. Mehr als 300 Patienten und Mitarbeiter im Klinikum waren infiziert. „Ich war sicher, dass das Personal nun besonders sensibilisiert ist“, sagt sie. Zudem habe das Brustzentrum in Potsdam einen sehr guten Ruf, die Wege seien kürzer, die Familie in der Nähe.

Aufnahme während des Aufnahmestopps

Während das Klinikum also wegen des mehrwöchigen Aufnahmestopps fast leer war, begab sie sich zur Behandlung hinein. Natürlich sei auch sie verunsichert gewesen durch die Nachrichten und Berichte über das Virus im Klinikum und verstehe, wenn es anderen Patienten ebenso ergehe. Aber wer ein ernstes gesundheitliches Problem habe, „sollte unbedingt ins Krankenhaus gehen und nicht wegen Corona warten“, sagt sie.

Trotz des Aufnahmestopps wurde sie als Patientin aufgenommen. Wie Klinikumsprecherin Theresa Decker erläutert, sei das bei nicht aufschiebbaren Operationen, deren Verzögerung schwere gesundheitliche Schäden oder den Tod hervorrufen können, möglich gewesen.

Mitarbeiter auf der Covid-Station im Klinikum "Ernst von Bergmann" im Frühjahr 2020.
Mitarbeiter auf der Covid-Station im Klinikum "Ernst von Bergmann" im Frühjahr 2020.

© Andreas Klaer

Die Notaufnahme war noch geschlossen, als Dietrich-Kröck am 1. Mai im Klinikum ankam. „Es war völlig bizarr, alles war dunkel, ich bin ganz allein durch die leeren Gänge gegangen. Das ganze Krankenhaus fühlte sich verlassen an.“ Die ersten vier Tage nach der Aufnahme verbrachte sie in Isolation im so genannten grauen Bereich, täglich wurde ein Corona-Test durchgeführt. Das Personal betrat ihr Zimmer nur in voller Schutzmontur. Trotzdem habe sie die Schwestern und Pfleger in dem kaum belegten Haus als sehr zugewandt empfunden. „Mein Mann und mein Sohn kamen vor das Fenster, um zu winken“, erinnert sie sich.

Die Angst, die Mutter in Gefahr zu bringen

Die Krebsdiagnose an sich, sagt Dietrich-Kröck, habe sie nicht unbedingt aus der Bahn geworfen. „Aber die Pandemie hat meine Verunsicherung potenziert. Den Krebs kann ich überleben, aber falls Corona oben drauf kommt, kann das potenziell tödlich sein.“ Auch ihrem 14-jähriger Sohn sei es nicht leicht gefallen, mit dieser Angst umzugehen. Der Angst, das Virus mit nach Hause und damit seine Mutter in Gefahr zu bringen.

Angesichts dessen habe sie den Lockdown mit Homeoffice und Homeschooling zu Hause in der Nauener Vorstadt als eher angenehm empfunden, beschreibt Dietrich-Kröck. Er hielt eine gewisse Normalität aufrecht. Eine Woche nach der Operation fing sie wieder an zu arbeiten. Sie sei angesichts der Krankheit lange relativ gelassen geblieben.

Nachtaufnahme des Klinikums "Ernst von Bergmann" in Potsdam. 
Nachtaufnahme des Klinikums "Ernst von Bergmann" in Potsdam. 

© Ottmar Winter

Als sie jedoch zur ersten Chemotherapie ins Brustzentrum kam, war sie dazu nicht mehr in der Lage. „Als ich die ganzen Frauen mit ihren Mützen dort sitzen sah, wie sie an der Chemo hingen, das hat mich umgehauen.“ Jetzt stehen bis Weihnachten noch gut ein Dutzend weitere Therapiesitzungen bevor. Sie bleibe optimistisch, sagt Dietrich-Kröck. Dabei haben ihr auch die vielen Nachrichten geholfen, die sie nach der Veröffentlichung ihres Facebook-Posts erhalten habe. „Ich habe so viel positives Feedback bekommen, Erfahrungen von anderen Frauen. Der Austausch hat mir Mut gemacht.“

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