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Kolleg:innen unterstützen Olha Marushchak und ihre Familie.

© A. Klaer

Krankenpflegerin Olha Marushchak: „Meine Familie ist bei mir – das ist sehr gut“

Seit fünf Wochen führt Putin Krieg gegen ihr Land. Wie es Klinikum-Angestellten aus der Ukraine in Potsdam geht.

Potsdam - Die letzten Wochen waren nicht leicht für Olha Marushchak. Die 24-jährige Krankenpflegerin, die im „Ernst von Bergmann“-Klinikum arbeitet, muss nicht nur täglich mitansehen, wie ihre Heimat von Russland bombardiert wird. Sie beherbergt auch seit einem Monat vier Familienangehörige aus der Ukraine in ihrer Ein-Zimmer-Wohnung. „Das Leben zu fünft ist ein bisschen schwierig, aber es geht nun mal nicht anders“, sagt sie und lächelt. Neben ihrem Mann und ihrer vierjährigen Tochter wohnen auch ihre zwei Nichten bei Marushchak. Dennoch gehe es ihr gut: „Meine Familie ist bei mir – das ist sehr gut.“

Marushchak hatte Glück im Unglück: Putins Invasion in der Ukraine begann, während ihr Mann und ihre Tochter sie in Potsdam besuchten. Da sie hier in Sicherheit waren, blieben sie. Ihre Schwester, die als Ärztin in der Ukraine arbeitet, schickte ihre Töchter im Alter von sechs und zehn Jahren kurz darauf zu Marushchak nach Potsdam. Die Wohnsituation ist nicht optimal, die Stadtverwaltung versucht derzeit, eine bessere Lösung für die Familie zu finden.

Die Mädchen haben Heimweh

Um der kleinen Wohnung zu entfliehen, machen die Fünf regelmäßig Spaziergänge in Potsdamer Parks und besuchen Spielplätze in der Umgebung, etwa in der Schiffbauergasse. Die zehnjährige Nichte bekommt regelmäßig Unterricht – online aus der Ukraine. Tatsächlich ist das ukrainische Schulsystem komplett digital, sämtliches Schulmaterial ist online verfügbar. „Meine Schwester hat gesagt, das deutsche Schulsystem ist rückständig, weil es nicht so digital ist“, sagt Marushchak.

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Die Mädchen haben Heimweh: „Meine Nichten würden sehr gerne wieder zurück in die Ukraine“, sagt Marushchak. Wann es dazu kommt, ist unklar. Derzeit versucht Marushchak, eine Schule für die Mädchen und einen Kitaplatz für ihre Tochter zu finden. „Aber das ist gar nicht so einfach in Potsdam“, sagt sie und seufzt. Zumindest könnten ihre Nichten ihre Mutter bald wiedersehen: „Sie hat gesagt: Wenn der Krieg bis Ende des Sommers nicht vorbei ist, dann komme ich nach Potsdam“, sagt Marushchak.

Aus Sicherheitsgründen schicken Verwandte weniger Nachrichten

Auch mit ihren anderen Verwandten in der Ukraine hält sie Kontakt. Die Schwester ihres Mannes ist mit ihrer Familie in Marushchaks Wohnung in Iwano-Frankiwsk gezogen, nachdem sie aus Kiew fliehen mussten. Gerade sei es ruhig in der westukrainischen Stadt, sagt Marushchak, doch in den vergangenen Wochen sei der Flughafen nahe Iwano-Frankiwsk mehrmals bombardiert worden. Auch mit ihrem Bruder, der Soldat in der ukrainischen Armee ist, hält sie Kontakt. 

„Aber ich weiß nicht, wo genau er gerade ist“, sagt Marushchak. Generell würden ihre Verwandten und Freunde aus der Ukraine jetzt weniger Nachrichten schicken – aus Sicherheitsgründen, damit die russische Seite nicht zu viele Informationen bekommt. Trotz der schwierigen Lage glauben viele ihrer Verwandten an einen Sieg der Ukraine: „Mit Hilfe ihrer europäischen Partner“, sagt Marushchak.

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Sie und ihre Familie erfahren viel Hilfsbereitschaft von Kolleg:innen aus dem Klinikum: „Es gab viele Spenden, egal ob Spielzeug für die Kinder oder Kleidung für meinen Mann“, sagt Marushchak. Sie ist nicht die Einzige, die Familienangehörige nach Potsdam geholt hat: Im Klinikum arbeiten rund 100 Menschen aus der Ukraine, aktuell wohnen zehn Familien mit 20 Erwachsenen und zehn Kindern in den Apartments des Wohnheims. Im Laufe des Jahres plant das Klinikum, 22 weitere Ukrainer:innen als Krankenpflegehelfer:innen oder Pflegefachkräfte einzustellen.

Familie Marushchak will in Potsdam bleiben

„Für uns ist selbstverständlich, dass wir zur Erstunterbringung von geflüchteten Angehörigen unserer Mitarbeitenden auch unsere Apartments zur Verfügung stellen“, sagt Hans-Ulrich Schmidt, Sprecher der Bergmann-Geschäftsführung. „Zusammen mit der Landeshauptstadt suchen wir nach Lösungen, die den geflüchteten Angehörigen eine langfristige Perspektive nach ihrer Erstunterbringung bei uns bieten.“ Tatsächlich sind einige der ukrainischen Familien bereits aus dem Wohnheim in andere Wohnungen umgezogen. „Aber wir bekommen immer noch Anfragen von Mitarbeitenden, ob weitere Verwandte hierherkommen können“, sagt Klinikumsprecherin Theresa Decker.

Für Marushchak und ihre Familie ist die Perspektive klar: in Potsdam bleiben. Ihr Mann und ihre Tochter haben bereits Asyl beantragt, ihr Mann besucht derzeit Sprachkurse. „Er will hier gerne wieder als Koch arbeiten“, sagt Marushchak.

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