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Alles neu: Statt um Fische geht es jetzt im markanten Eckhaus zwischen Brandenburger Straße und Schopenhauerstraße um die Gesundheit. 

© Sebastian Gabsch/PNN

Krankenkasse verlegt Hauptsitz an Potsdamer Luisenplatz: Servicecenter statt Fischlokal

Im einstigen „Gastmahl des Meeres“ am Luisenplatz hat jetzt die AOK Nordost ihren Hauptsitz.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Eines der markantesten Häuser in der Potsdamer Innenstadt hat nach langem Leerstand wieder einen neuen Nutzer. Die Krankenkasse AOK Nordost hat das Eckhaus zwischen Brandenburger Straße und Schopenhauerstraße vor einigen Tagen bezogen, am gestrigen Mittwoch wurde offiziell Eröffnung gefeiert. Viele Potsdamer kennen noch gut den Vormieter in dem Haus direkt am Luisenplatz: bis 2014 hatte das Fischrestaurant „Gastmahl des Meeres“ hier jahrzehntelang seinen Sitz. Dass statt eines gastronomischen Betriebs nun eine Krankenkasse eingezogen ist, hatte nicht nur für Begeisterung gesorgt.

Der Standort sei für den neuen Hauptsitz der AOK ideal, so Niederlassungsleiterin Sabine Merboth gegenüber den PNN. Er sei zentral, gut erreichbar und biete die gewünschte Sichtbarkeit. In den neuen Räumen sind jetzt Geschäftsstelle und Vorstandssitz vereint, so Merboth. Erstere war bislang in der Friedrich-Ebert-Straße untergebracht, der Vorstand saß in der Behlertstraße.

Im neuen Hauptsitz sollen neue Beratungsformen ausprobiert werden

In der Brandenburger Straße 72, wie die Adresse offiziell lautet, finden nun auch die Kundengespräche statt. Je nach Anliegen will man hier unterschiedliche Beratungsformen ausprobieren. Eine einfache Adressänderung kann zum Beispiel an einer der digitalen Stationen gleich am Eingang erledigt werden, ein kurzes Beratungsgespräch zu einem unkomplizierten Thema kann an einem der Stehtische im Eingangsbereich stattfinden. Für Themen, die mehr Zeit brauchen oder auch sensible Informationen beinhalten, gibt es den sogenannten Loungebereich – mehrere Sofaecken im hinteren Bereich – und klassische Beratungsräume im ersten Obergeschoss. 

Die Potsdamer Einrichtung wolle auch eine Art Blaupause für andere Servicecenter der AOK sein, so Daniela Teichert von der Geschäftsführung. „Wir wollen hier testen, wie Beratung noch moderner werden kann.“ Die AOK Nordost besteht seit 2011 und hat sich aus der AOK Berlin-Brandenburg und der AOK Mecklenburg-Vorpommern zusammengesetzt. In den drei Bundesländer betreut die Kasse nach eigenen Angaben rund 1,8 Millionen Versicherte, allein in Potsdam sind es 26 100. Offizieller Sitz ist jetzt die Brandenburger Straße, tatsächlich hat der Vorstand sein Büro aber in Teltow.

Das Gebäude stand lange leer - und wurde jetzt teuer saniert

Mehrere Monate lang hatte der Eigentümer des Gebäudes, die Brennert Gbr, das Gebäude saniert. 2,9 Millionen Euro steckte der Vermieter in denkmalgerechte Fenster, feines Eichenholzparkett und moderne Technik. Wie viel die AOK nun – aus Mitgliedsbeiträgen – an Miete bezahlt, erfuhren die PNN nicht. Es sei aber weniger, als an den beiden alten Standorten zusammen, hieß es.

Die Sanierung sei „gut gelungen“, lobte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der zur Eröffnung gekommen war. Das Gebäude mit dem abblätternden Putz sei ihm schon lange ein Dorn im Auge gewesen. „Wir haben in den vergangenen Jahren ja viel unternommen, um die Stadt aufzuhübschen. Da fiel das hier etwas ab“, so der Rathauschef. Dass nicht wieder ein Fischrestaurant eingezogen sei, finde er aber dennoch ein bisschen schade.

Das "Gastmahl des Meeres" war zu DDR-Zeiten eine Kette

Tatsächlich hatte das „Gastmahl des Meeres“ eine lange Tradition in Potsdam – und der DDR. Die DDR-Handelsorganisation hatte mehrere Fischgaststätten im gesamten Staatsgebiet betrieben, das Potsdamer Restaurant gab es seit 1967. Sämtliche Gaststätten der Kette – zeitweise waren es 35 zwischen Sassnitz und Suhl – wurden ähnlich der Interhotels bevorzugt beliefert, die Rostocker Hochseefischerei lieferte subventionierten Fisch. Bis zu 800 Gäste aßen im Potsdamer Restaurant zu Spitzenzeiten jeden Tag, Tische mussten lange im Voraus reserviert werden.

Gastronomisches Aushängeschild: Bis 2014 hatte das beliebte Fischrestaurant „Gastmahl des Meeres“ in der Brandenburger Straße 72 seinen Sitz. 
Gastronomisches Aushängeschild: Bis 2014 hatte das beliebte Fischrestaurant „Gastmahl des Meeres“ in der Brandenburger Straße 72 seinen Sitz. 

© Manfred Thomas/PNN

Nach der Wende übernahm der langjährige Küchenchef, Jürgen Rückert, das Lokal. Doch die Gäste wurden immer weniger und als der Hauseigentümer die Miete fast verdoppeln wollte, gab Rückert 2014 auf. Vier Jahre stand das Haus leer, nun sind die Hoffnungen auf ein neues Restaurant an dieser markanten und von Touristen stark frequentierten Ecke endgültig begraben.

Gänzlich will sich die Krankenkasse der nicht-AOK-versicherten Öffentlichkeit aber nicht verschließen. So soll vor dem Gebäude, wo jetzt noch anlässlich der Eröffnungsfeier Stehtische und Topf-Palmen stehen, eine Terrasse angebracht werden. Dort dürfen sich auch Passanten aufhalten und das WLAN nutzen, so ein Mitarbeiter. Und der schicke, lichtdurchflutete Veranstaltungsraum unter dem Dach kann von allen Potsdamer Unternehmen und Institutionen gebucht werden – völlig kostenfrei, wie die dafür zuständige Mitarbeiterin beteuerte. Auch von Nicht-Versicherten.

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