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"Protagonisten": So heißt dieses Triptychon von Wolfram Baumgard. Könnte bald auch Russlands Präsident Wladimir Putin in dieser Reihe stehen?

© M. Thomas

Konzert für Garnisonkirche in der russischen Botschaft: Platz für Putin?

Die Garnisonkirchen-Stiftung lädt ausgewählte Gäste zu einem Benefizkonzert ausgerechnet in die russische Botschaft. Das gefällt nicht jedem.

Potsdam - Geplant ist ein Benefizkonzert mit dem bekannten Kammersänger Jochen Kowalski und anderen Musikern, danach ein Empfang mit Hunderten Gästen – und das alles zugunsten des Wiederaufbaus der Garnisonkirche. Der Ort für die Spendensammlung am kommenden Dienstag ist aber selbst bei Befürwortern des Wiederaufbaus umstritten: In den opulenten Räumlichkeiten der russischen Botschaft in Berlin, Unter den Linden.

Eingefädelt haben das Benefizkonzert Russlands Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin, und Brandenburgs früherer Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), der Mitglied im Kuratorium der Garnisonkirchen-Stiftung ist. Bei dem Konzert sollen Spenden für den Wiederaufbau gesammelt werden. Eingeladen wurden Hunderte Gäste aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, darunter etwa die Fraktionschefs in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Auf den Einladungskarten steht: „Die Garnisonkirche in Potsdam soll als Ort der Friedens- und Versöhnungsarbeit neu entstehen.“

Symbolischer Handschlag mit Russland?

Doch bereits am Mittwochabend protestierten dutzende Gegner des Wiederaufbaus in Potsdam unter dem Motto „Versöhnung ist käuflich“ gegen das Benefizkonzert. In einer Erklärung der Initiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ hieß es mit Blick auf die Verhältnisse in Russland unter Putin: „Geld lässt so manchen Makel wie Homophobie, Rassismus, Rüstungsindustrie und Geschichtsrevisionismus vergessen.“ Mit der Spendensammlung in Russlands Botschaft biete die evangelische Kirche dem gerade mit wirtschaftlichen Sanktionen belegten Russland den symbolischen Handschlag an. Potsdams Linke-Kreischef Sascha Krämer sagte, Putin und dessen „repressive Politik gegen Minderheiten, politische Gegner und Presse“ seien „nicht vereinbar mit dem Friedens- und Versöhnungsgedanken“ der Garnisonkirche.

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Doch auch Befürworter des in Potsdam höchst umstrittenen Wiederaufbauprojekts zeigten sich irritiert. So sagte der frühere brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) der „Bild“-Zeitung: „Ich fürchte, dass damit ein dunkler Schatten auf die Garnisonkirche fällt.“ Schönbohm ist Ehrenkurator der Wiederaufbaustiftung, die den Bau laut ihrer Satzung zur Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen will. „Mit russischem Geld darf man das nicht machen. Deshalb gehe ich da nicht hin“, so Schönbohm.

Ausgerechnet jetzt

Aus Kreisen der Aufbaustiftung und der Fördergesellschaft war die Rede von einem Alleingang Stolpes – der auch zum Deutsch-Russischen Forum gehört, das zuletzt im Kaiserbahnhof tagte. Ausgerechnet jetzt, so hieß, sei es problematisch, mit Hilfe Russlands Geld für die Garnisonkirche als Friedensmahnmal zu sammeln – nach der Krim-Annexion und der Kriegsführung in Syrien, die die Flüchtlingslage in Europa weiter verschärfe.

Stolpe entgegnete, das Kuratorium der Wiederaufbaustiftung habe zwar keinen Beschluss zu dem Benefizkonzert gefasst, hätte dies aber durch Kenntnisnahme gebilligt. Auch der Kuratoriumsvorsitzende, Altbischof Wolfgang Huber, sei beteiligt.

Geld aus Russland für die Garnisonkirche?

Aber auch Landesbischof Markus Dröge, der gerade den originalen Wiederaufbau der Kirche infrage stellt, äußerte sich zurückhaltend: „Im Hinblick auf die Annahme oder die Verwendung von eventuell im Zusammenhang mit dem Benefizkonzert eingehenden Spenden erwarte ich, dass die Stiftung sorgsam und verantwortungsvoll mit dieser Frage umgehen wird.“ Auf der Einladungsliste stehen laut Wiederaufbau-Stiftung diverse Botschafter, auch der ukrainische, der russische Konzern Gazprom allerdings nicht. Ob bei der Veranstaltung auch Geld aus Russland für die Garnisonkirche fließe, sei nicht auszuschließen.

Die Stiftung verteidigte dennoch das Konzert. Man habe schon mit anderen Botschaften kooperiert, hieß es in einer Erklärung. Versöhnung und Frieden könne nicht ohne Verständigung und Austausch gelingen. Stolpe nannte das Konzert ein „Zeichen der Normalisierung, wie man miteinander umgeht“. Es sei im Interesse beider Seiten, „trotz der Gewitterwolken in der großen Politik“ die Zusammenarbeit fortzusetzen. „Wir wollen keine Zeit verstreichen lassen und alle Möglichkeiten der Kooperation nutzen“, so Stolpe. Aus der Veranstaltung könne man aber nicht die „Wiederherstellung der sachlichen Zusammenarbeit mit Russland ableiten“. Russlands Botschafter Grinin überlege genau, was er mache, und sehe in dem Benefizkonzert eine Kulturveranstaltung. Dies könne auch ein Signal für die deutsch-russische Kulturarbeit und ein Präzedenzfall für weitere Veranstaltung in der Botschaft sein.

Wiederaufbaustiftung: Keine Verpflichtung

Für den Abend muss die Stiftung dem Vernehmen nach rund 6000 Euro für das Catering beim Empfang zahlen, weitere Kosten entstehen nicht. Die Künstler verzichten auf Gage. Aus dem Konzert entstünden allerdings keine Verpflichtungen gegenüber der Russischen Botschaft oder ihrer Politik, betonte die Wiederaufbaustiftung. Auch Potsdams Superintendent Joachim Zehner sagte, er sehe „keinen Widerspruch zum Versöhnungsgedanken“.

Die Russische Botschaft teilte wiederum mit, man habe einer Anfrage der Stiftung zugestimmt. Denn „Potsdam und seine weltberühmten architektonischen Perlen“ hätten „eine äußerst wichtige Rolle in den Beziehungen unserer Länder gespielt“ und spiegelten „die tiefen historischen Verbindungen zwischen unseren Völkern“. In der Garnisonkirche hätten zum Beispiel der russische Zar Alexander I. und der König Friedrich Wilhelm III. 1805 ihr Bündnis gegen Napoleon gefestigt, stellte die Botschaft fest.

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