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Der Turm der Garnisonkirche wächst in die Höhe. Aufgenommen am 29. Oktober 2019.

© Ottmar Winter

Konflikt um Potsdams Garnisonkirche: Oberbürgermeister lädt zur öffentlichen Anhörung

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert möchte Gegner und Befürworter des Wiederaufbaus der Garnisonkirche im Hauptausschuss zu Wort kommen lassen.

Potsdam - Angesichts des Dauerstreits um den Wiederaufbau der Garnisonkirche plant Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) nun eine öffentliche Anhörung der Gegner und Befürworter. Dazu wolle er im Januar eine Sondersitzung des Hauptausschusses durchführen, teilte Stadtsprecher Jan Brunzlow am Dienstag auf PNN-Nachfrage mit. Ziel sei ein möglichst breites Meinungsbild zu der vom Rathauschef angestoßenen Kompromisssuche zum Wiederaufbau.

Wie berichtet hatte sich Schubert unter anderem für ein Jugendbegegnungszentrum neben dem Kirchturm sowie ein stärkeres inhaltliches Engagement der Stadt für die dort geplante Ausstellung samt Versöhnungszentrum ausgesprochen. Dazu sollen sich Stadtverordneten positionieren. Eine entsprechende Beschlussvorlage, für welche Marschrichtung sich der Rathauschef im Kuratorium der Stiftung für die Garnisonkirche einsetzen soll, hat Schubert dem Stadtparlament zur Debatte vorgelegt. Zunächst hatte Schubert seinen Sitz im Kuratorium ruhen lassen – wegen unterschiedlicher und sich teils widersprechender Beschlusslagen zum Umgang mit dem umstrittenen Großprojekt. In der nächsten Sitzung des Kuratoriums am 21. November wolle er gleichwohl seine Kompromissidee erläutern, hatte Schubert bereits im September vor den Stadtverordneten angekündigt.

Kritik von allen Seiten

Unabhängig davon haben sich in den vergangenen Tagen vor allem die Gegner des Wiederaufbaus gegen Schuberts Vorgehen gewehrt. So forderte die Initiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ am Dienstagvormittag, dass der Rathauschef seine Beschlussvorlage zurückziehen und die von ihm bekundete Kompromissbereitschaft „durch einen ernstzunehmenden Beteiligungsprozess unter Beweis stellen“ müsse. Aus den Reihen der Befürworter eines möglichst originalgetreuen Wiederaufbaus war Schubert ebenfalls kritisiert worden.

Mit der Anhörung im Hauptausschuss will Schubert nun alle Seiten an einen Tisch bringen – abweichend vom bisherigen Zeitplan und angesichts der umfangreichen öffentlichen Debatte, wie Brunzlow bestätigte. Im Dezember wolle Schubert mit dem Hauptausschuss festlegen, wer zu der Anhörung eingeladen wird und wie das Ganze ablaufen soll, hieß es.

Öffentliche Diskussion zur Nutzung des Glockenspiels

Unterdessen hat die Leitung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz die Entscheidung der Stiftung Garnisonkirche begrüßt, das 1991 von der „Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel“ erbaute Glockenspiel nicht im Turm der Kirche anzubringen. Das hat Landesbischof Markus Dröge bereits am Samstag vor der Synode der Landeskirche erklärt. Das Geläut war der Stadt Potsdam Anfang der 1990er-Jahre geschenkt worden und steht auf der sogenannten Plantage an der Ecke Dortu-/Yorckstraße. Im September war es wegen vermutlich rechtsradikaler Inschriften an einigen Glocken außer Betrieb genommen worden. Dies soll nun untersucht und danach über die weitere Nutzung des Glockenspiels öffentlich diskutiert werden, hatte Oberbürgermeister Schubert angekündigt. Auch gegen diese Entscheidung hatte es Protestaktionen gegeben, unterstützt etwa von der Initiative „Mitteschön“.

Die 2016 beschlossenen Kredite der Landeskirche für den Wiederaufbau des Garnisonkirchturms sind indes noch nicht ausgezahlt worden. Eine Ausreichung der 3,25 Millionen Euro sei „auf Anforderung bei zeitnaher Verwendung“ der Mittel geplant, hieß es von der Kirchenleitung bei der Synode weiter. Das Darlehen müsse demnach ab dem Jahr nach der bauaufsichtlichen Abnahme des Turms zurückgezahlt werden, hieß es weiter. Die Rückzahlung in 29 gleichen Jahresraten und einer Schlussrate müsse jedoch spätestens im November 2021 beginnen. Sollte die Garnisonkirchen-Stiftung dabei mit einer Rate mehr als sechs Monate in Verzug kommen, werde der dann offene Restbetrag des Darlehens sofort fällig.

Die Eintragung der Grundschuld in Höhe von 3,25 Millionen Euro, die den Zustimmungsanspruch der Landeskirche zu einer eventuellen Errichtung des Kirchenschiffs sichern soll, sei inzwischen vollzogen, heißt es dort weiter. So hatte die Landeskirche den Kredit an die Bedingung geknüpft, dass am Schiff der Kirche ein architektonischer Bruch mit der umstrittenen Vergangenheit des 1945 weitgehend zerstörten und 1968 abgerissenen Barockbauwerks deutlich sichtbar gemacht werden muss. An diesen Passus knüpfte auch Schubert seine Kompromissidee, für die es im Stadtparlament auch Lob aus dem rot-grün-roten Rathausbündnis gab.

Dagegen hatte Potsdams CDU-Fraktion erst am vergangenen Wochenende erklärt, man plädiere für einen vollständigen Wiederaufbau „mit einem Kirchenschiff nach historischem Vorbild mit einer kirchlichen Nutzung“.

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