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Hella Dittfeld.

© Sebastian Gabsch

Kolumne | Etwas HELLA: Zu Hause bleiben, Humor behalten

Auch unsere Kolumnistin ist in Zeiten der Coronakrise allein zu Haus - das fällt nicht immer leicht. Allerdings hat sie ein Rezept gegen den Coronafrust.

Potsdam - Hella allein zu Haus. Ich probiere das nun seit fünf Tagen und versuche mit mir auszukommen. Das ist nicht einfach, denn wer ist schon mit einem Querkopf und Ruckelarsch in Personalunion gern allein zu Haus. Dabei habe ich den Vorteil, dass ich in meinen vier Wänden machen kann, was ich will. Ich muss niemand fragen, ob das Fernsehprogramm passt, ob wir lieber Mensch ärgere dich nicht oder Rommé spielen wollen. Ich kann ganz souverän die Entscheidung zwischen Sudoku und Kreuzworträtsel fällen, nachdem ich alle Fenster geputzt, die Gardinen gewaschen, die Schränke ausgewischt und die Treppe gebohnert habe.

Kreuzworträtsel habe ich jetzt erst mal gehamstert. Das war einfacher als im Supermarkt Klopapier zu bekommen. Aber auch Letzteres ist mir gelungen, weil ich blind dem Chef des Rewe-Marktes vertraut habe, der im rbb vorzeigte, wie es immer wieder nachwächst (weil ich ihn kenne, habe ich vorher angerufen, wann die nächste Lieferung kommt.). Der Rewe-Chef ist schon so lange im Dienst, dass er wahrscheinlich selbst das Klopapier aufrollen würde, wenn es beim Nachschub hapert. Er liebt seine Kunden von vorne und hinten.

Eingeschnapptes Innenleben

In meinem Hausgarten habe ich schon alle übersprossenden Grashalme flachgerupft, das Laub gefegt und den zu Erde umgewandelten Kompost verteilt. Die Krokusse, Tulpen und Narzissen haben mich böse angestarrt und mir bedeutet, ich solle ihren Standort in Ruhe und sie erst einmal zu Ende blühen lassen. Für das Einpflanzen der Dahlienknollen ist es noch viel zu früh und bei dem Kälteeinbruch auch die völlig falsche Zeit. Ein einsamer Spaziergang am Waldesrand entlang hat mir zwar gutgetan, doch besonders geschwätzig waren die Büsche und Bäume nicht. Sie haben auf meine tiefschürfenden Ausführungen sehr einsilbig reagiert. Meine Wirbelsäule hat die Bewegung trotzdem dankend angenommen. Sie ist nämlich sofort eingeschnappt, wenn ich zu lange im Sessel herumsitze. Mein Innenleben ist es allerdings auch, wenn ich mich durch das nicht gerade aufregende Fernsehprogramm mit der dritten Wiederholung der Wiederholung zappe.

Was kann man also machen gegen das „Allein zu Haus“? Wie ein Schwamm sauge ich alle Angebote auf, die mir Theater, Galerien und Opern ins Haus bringen. Leider konnte ich nur wenige meiner Bekannten begeistern, sich die Walküre anzuhören, um dann darüber mit mir am Telefon zu diskutieren, jeder für sich ein Glas Wein in der Hand. Ich musste mich also auch in diesem Fall entschließen, allein und unbehelligt von der Polizei rotweinbeschwipst nach Walhalla zu reiten.

Ode an die Freude singen

Einen Vorschlag aus dem Rundfunk, ich bin ja jetzt viel radioaktiver als vor Corona, habe ich dann doch – ich hoffe in froher Gemeinschaft, konnte das aber leider nicht kontrollieren –, aufgegriffen. Am Sonntag um 18 Uhr sollten sich Klassikfans ans Fenster stellen und lauthals die Ode an die Freude intonieren. Ich war zwar sehr erfreut, dass der Humor noch nicht zum Erliegen gekommen ist, ich habe mir auch zur Unterstützung eigens die 9. Sinfonie auf den Plattenspieler gelegt. Und um meinen gesanglich nicht sehr reifen Auftritt abzufedern, nur das Fenster nach hinten heraus geöffnet. Aber ich bin mir nicht sicher, ob meine Nachbarn nun denken, dass ich zum Coronavirus auch noch einen Gehirnschaden eingefangen habe. Deshalb bitte ich mit Schiller: Oh Freunde, nicht diese Töne...

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

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