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Blütenpracht. Etwa 1000 Orchideen werden in der Ausstellung in der Potsdamer Biosphäre gezeigt. Foto: Bernd Settnik/dpa

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Interview mit Gärtnerin Ivonne Bartsch-Kiesant: „Die Orchidee ist meist ein Frauending“

Manch einer erstellt tabellarische Gießpläne, andere erfreuen sich einfach an der Farbenpracht. Gärtnerin Ivonne Bartsch-Kiesant über die neue Orchideen-Ausstellung in der Biosphäre.

Frau Bartsch-Kiesant, in der aktuellen Ausstellung in der Biosphäre gibt es einen Orchideenmantis. Klingt gefährlich. Was ist das?
 

Nichts Gefährliches, nur eine kleine Fangschrecke, die aussieht wie eine rosa Blüte der Phalaenopsis. Wir haben zwei Weibchen, die zeigen wir in einem extra Terrarium, damit man sie auch findet. Dort sitzen sie gut getarnt auf der Pflanze und warten auf Beute, kleine Fliegen und Heimchen. Wir füttern allerdings mit der Pinzette, damit wir sehen, ob sie was fressen.

Vor allem geht es um Orchideen. Warum werden die nur im Rahmen einer Ausstellung gezeigt und nicht ganzjährig?

Das Klima der Biosphäre ist nicht für jede Orchidee optimal. Manche brauchen mehr Licht, andere mögen es wärmer oder kühler. Das können wir nicht so differenziert bieten. Vor allem mag sie Licht und wächst im natürlichen Regenwald oben in den Baumkronen, wo es hell ist. Aber weil wir die Vielfalt und Pracht dieser Pflanzengattung zeigen wollen, holen wir einmal im Jahr etwa 1000 Pflanzen aus einer speziellen Gärtnerei hierher und pflegen sie, so gut und so lange es eben geht. Manchmal wird zwischen durch auch was ersetzt. Die frei fliegenden Vögel in der Halle knabbern nämlich gerne an den Blüten, und es soll ja trotzdem bis zum Schluss schön aussehen.

Was unterscheidet eine Orchidee von der normalen Blühpflanze? Gibt es eine Definition?

Oh das ist kompliziert. Ein Merkmal ist, dass ihre Blüten symmetrisch aufgebaut sind. Sie sind jedenfalls die größte Pflanzenfamilie, es gibt zur Zeit etwa 30 000 bekannte Arten, und es gibt sie überall auf der Welt. Der Name der Orchidee kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „Hoden“. Theophrast, ein Philosoph und Naturforscher, beschrieb in seinem Buch „Historia plantarum“ die Orchidee als Pflanze mit zwei hodenförmigen Knollen.

Welche Sorten wachsen hier in der Natur?

Das Knabenkraut soll in Brandenburger Wäldern wachsen.

Und ist vermutlich eine geschützte Pflanze.

Alle Orchideen sind meines Erachtens geschützt, auch in Thailand dürfen Sie nicht einfach eine entnehmen und mitbringen. Das muss man beantragen. Oder man darf nur Teile, Samen zum Beispiel, mitnehmen. Wer dagegen verstößt, muss mit hohen Geldstrafen rechnen.

Wann kamen die ersten Orchideen nach Europa?

Der Orchideenboom begann im 19. Jahrhundert. Damals waren es vor allem die Reichen, die welche hatten, und es ging wie bei einem Wettkampf um das Entdecken neuer Sorten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie dann massenhaft importiert. Eine Sorte sogar aus Versehen, die Geschichte geht so: Man nutzte die Knollen einer Pflanze als Verpackungsmaterial für etwas ganz anderes, so wie man heute Styroporkugeln nimmt. Bei der Ankunft des Schiffs wurde die Kiste geöffnet und plötzlich blühte da was. Der Mann, der das entdeckte, hieß William Cattley und durfte diese Orchidee dann nach sich benennen: Cattleya.

Warum sind sie heute noch so beliebt?

Weil sie schön sind und robust und unglaublich vielfältig. Sie sind zufrieden mit einem Platz auf dem Fensterbrett, am besten Richtung Osten, damit es nachmittags schattig ist, und wollen dort eigentlich in Ruhe gelassen werden.

Was sind Ihre Pflegetipps?

Nicht zu viel Wasser und nicht gießen, sondern einmal in der Woche tauchen bis es im Topf nicht mehr blubbert, abtropfen lassen, das reicht. Düngen muss man nicht unbedingt. Wenn sie keine Blüten ansetzt, hilft es, wenn man sie zwei bis drei Monate rausstellt. Am besten nach den Eisheiligen, wenn die Nächte so 12 bis 15 Grad haben. Tagsüber hat sie es dann warm, abends kühl. Das regt die Blütenbildung an.

Was halten sie von den Notfallgeschenk-Orchideen von der Tanke oder aus dem Supermarkt?

Die sind zunächst genauso gut wie vom Züchter. Aber wenn sie tagelang ohne Tageslicht und Pflege dort stehen, bedeutet das Stress für die Pflanze, und das schwächt sie. Das muss man bedenken, wenn man dort eine kauft.

Wie viele Arten zeigen Sie in der Biosphäre?

Etwa 30. Neue Züchtungen haben oft weiße Blüten, schlicht ist angesagt. In der Natur gibt es alles, prächtige Blüten in knalligen Farben, mit oder ohne Duft. Manche duften auch nur nachts, weil der Bestäuber nur nachts unterwegs ist.

Zeigen Sie auch die Orchidee, die Wolfgang Joop vor zwei Jahren in der Biosphäre taufen durfte?

Nein, die „Phalaenopsis Wolfi“, ich glaube, es war Rotbraun auf Weiß in Leopardenmuster, hat sich nicht so richtig durchgesetzt. Es gibt schon wieder neue, interessantere Züchtungen.

Wie ist denn das Verhältnis von Männern und Orchideen?

Die Orchidee ist meist ein Frauending. Aber wenn Männer sich doch dafür interessieren, nehmen sie die Pflege sehr ernst. Manche erstellen tabellarische Gießpläne. Und einer brachte zum Orchideencafé, unser Treffpunkt während der Ausstellung, sogar einen Hefter mit. Dafür hatte er von jeder Orchidee ein Bild gemacht.

>>Die Orchideenausstellung ist bis zum 29. März in der Potsdamer Biosphäre zu sehen. Die nächste Führung findet am Mittwoch um 11.30 Uhr statt, das Orchideencafé ist jeden Mittwoch ab 14 Uhr geöffnet.

Ivonne Bartsch–Kiesant, 42, ist leitende Gärtnerin in der

Potsdamer Biosphäre und betreut die Orchideenausstellung, die noch bis zum 29. März für Besucher zu sehen ist.

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