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Katja Dietrich-Kröck.

© Andreas Klaer

Interview | Katja Dietrich-Kröck: „Es kann gern deutlich mehr werden“

Seit knapp einem Jahr ist Katja Dietrich-Kröck Vorsitzende des Förderkreises des Hans Otto Theaters in Potsdam. Sie spricht über Corona-Stillstand, neue Nähe und die Pläne für das Stadttheater.

Frau Dietrich-Kröck, Sie waren schon als Jugendliche Dauergast am Hans Otto Theater. Ihre frühesten Erinnerungen?

Das war noch in der Zimmerstraße. Bewusst erinnere ich mich an die Zeit ab 1986, ich war knapp 16. Gefühlt war ich in den Jahren danach zweimal pro Woche im Theater. „Der Kuss der Spinnenfrau“ habe ich bestimmt fünf Mal gesehen. Ich habe einfach alles geguckt, was lief. Von „Die Preußen kommen“ über „Mozart“ bis „Wolokolamsker Chaussee“, inszeniert von Bernd Weißig. Ich glaube nicht, dass ich damals die politische Dimension des Stücks vollständig verstanden habe, aber es hat mich wahnsinnig begeistert. Ich hatte das Gefühl, dass da etwas passiert, was wirklich mutig ist.

Seit September 2020 sind Sie Vorsitzende des Theater-Förderkreises. Der Vorstand hat sich insgesamt stark verjüngt.

Wir sind jetzt insgesamt acht Leute, inklusive Bettina Jahnke. Im Schnitt sind wir etwas über 50 – was deutlich jünger ist als der Vorgänger-Vorstand, das stimmt. Und es sind anders als zuvor nur noch Potsdamer:innen dabei. Unsere beruflichen Hintergründe sind sehr unterschiedlich. Das reicht vom Marketing, über Kultur und Pädagogik bis zur Wissenschaft. Und wir haben mehrere Juristen. Wir arbeiten sehr harmonisch zusammen. Auch mit dem Theater – was nicht immer so war. Vorstand und Theater wissen, was sie aneinander haben.

Ihr Ziel ist eine neue Nähe zur Bürgerschaft. Wie soll das gelingen?

Coronabedingt wurden wir total ausgebremst. Wir wollten ja beispielsweise neue Diskursformate entwickeln. Was von Anfang an wichtig war: dass wir uns auch mit anderen Kultureinrichtungen vernetzen und spezielle Angebote für unsere Mitglieder schaffen. Künftig können sie zum Beispiel exklusiv an Proben teilnehmen. So kann man in den ganz direkten Austausch mit Theatermacher:innen und Ensemble gehen. Wir hoffen, dass sich mit solchen Dialogformaten noch mehr Potsdamer Bürger:innen begeistern lassen. Dazu gehört auch unser Theater-Stammtisch, der übrigens am Sonntag das erste Mal analog stattfindet.

Ist der Förderkreis ein erweiterter Marketing-Arm des Theaters?

Vielleicht auch ein klein wenig. Aber erstmal geht es vor allem um die eigene Stärkung. Je größer wir sind, desto mehr können wir bewegen, das Theater unterstützen. Momentan beteiligen wir uns an der Finanzierung von Dingen wie der Sprecherziehung, was sich die Schauspieler sehr wünschen. Oder den Gebärdendolmetschern bei der Weihnachtsinszenierung. Die Bürgerbühne wollen wir im Herbst für ihr langes Durchhaltevermögen würdigen. Das kann aber gern alles noch deutlich mehr werden.

Lea Rosh hatte als langjährige Vorsitzende einen sehr offensiven Stil. Was wird Ihrer?

Wir sind ein Team aus acht Leuten, das ist mir wichtig. Wir agieren niedrigschwellig, nicht unbedingt mit der großen Geste und wollen einfach theaterbegeisterte Menschen in den Dialog bringen. Meine eigene Motivation, in den Förderverein einzutreten war 2010 übrigens, dass Lea Rosh zu Beginn ganz und gar nicht mit Tobias Wellemeyer konnte. Ich dachte damals: Es kann doch nicht sein, dass ein Förderverein sich gegen das Theater stellt.

Bettina Jahnke trat 2018 mit dem Motto „Haltung“ an. Hat sie Wort gehalten?

Ich denke, dass in den ersten anderthalb Jahren wichtige Pflöcke eingeschlagen werden konnten. Es ist schwer einzuschätzen, was noch gekommen wäre. Was mich auf jeden Fall auch jenseits der künstlerischen Projekte beeindruckt hat: Dass sich Theater und Intendantin immer wieder politisch positionieren. Sei es bei „Die Vielen“ oder bei der Aktion für Belarus oder „Alles dicht machen“. Das imponiert mir. Künstlerisch kann das von mir aus gern auch noch weitergehen. Aber da wurde viel auch von der Pandemie ausgebremst.

Die Intendantin musste die Hälfte ihrer bisherigen Amtszeit die Krise managen. Wie ist das gelungen?

Aus der Außensicht ziemlich bewundernswert. Erst die Schockstarre, dann der Run aufs Digitale, die Lust der Schauspieler:innen, sich in kleinen Formaten zu äußern. Ich fand gerade die sehr privaten Formate wie „Poesie persönlich“ sehr gelungen – in der Mischung mit den später professionell abgefilmten Inszenierungen war das schon sehr gut. Wir wissen ja, das Budget eines Stadttheaters ist begrenzt. Auch dass es eine Ruhephase gab, fand ich wichtig – um die Lücke aufzuzeigen, deutlich zu machen: Es ist nicht selbstverständlich, dass es Theater gibt. Hinzu kam das starke Engagement des Hauses in der Initiative KulturMachtPotsdam.

Ein durchaus positives Fazit.

Ohne Bettina Jahnke würde es diese Initiative vermutlich nicht geben. Was ich überhaupt sehr an ihr schätze: Sie geht stark nach außen, setzt auf Vernetzung, denkt über den Theaterhorizont hinaus. Insofern hat das auch viel mit ihr und ihrem Team zu tun, wenn das Theater hoffentlich ohne größere Blessuren aus dieser Krise herausgehen wird.

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Zur Person

Katja Dietrich-Kröck, geboren 1971 in Potsdam, ist seit über 30 Jahren in der Potsdamer Kultur- und Kreativszene unterwegs. Sie hat Sprachen und Kunst studiert und am Aufbau des Waschhaus Potsdam und des Kulturstandortes Schiffbauergasse mitgewirkt. Ende 2011 hat sie ihre Arbeit als Kreativkoordinatorin des Landes Brandenburg aufgenommen und dabei unterschiedlichste Formate zur Förderung und Vernetzung der Kreativwirtschaft entwickelt. Seit 2014 ist sie Referentin im brandenburgischen Wirtschaftsministerium.

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