zum Hauptinhalt
Die Stadt will das Mercure-Hotel langfristig kaufen und abreißen, stattdessen soll eine Wiese entstehen. Die Bürgerinitiative „Potsdamer Mitte neu denken“ lehnt das ab.

© Lutz Hannemann

Hotel-Streit in Potsdam: Präzedenzfall gegen Mercure-Abriss?

Ist das Modell des Potsdamer Rathauses zum Kauf und zum Abriss des Hotel Mercure juristisch wasserdicht? Die Bürgerinitiative „Mitte neu denken“ wedelt mit einem Urteil aus Dresden. Die Stadt bleibt gelassen.

Von Peer Straube

Innenstadt - Ein Gerichtsurteil aus Dresden könnte den von der Stadt geplanten Kauf und späteren Abriss des Mercure-Hotels torpedieren. So sieht es zumindest die Bürgerinitiative (BI) „Potsdamer Mitte neu denken“, die gegen die Schleifung des 17-Geschossers im Lustgarten ist und sich für einen Erhalt des Gebäudes stark macht. Sollten die Stadtverordneten die veränderten Sanierungsziele für den Lustgarten beschließen, die unter anderem anstelle des Hotels eine „Wiese des Volkes“ vorsehen, kämen auf die Stadt „unkalkulierbare finanzielle Risiken“ zu, warnte die Initiative am Freitag. Die Stadt und die kommunale Pro Potsdam, die für die Entwicklung des Lustgartens zuständig ist, wiesen die Darstellung auf PNN-Anfrage zurück.

Der Dresdner Fall reicht weit zurück

Die Vorgeschichte des Falls in Dresden, auf den sich die Bürgerinitiative beruft, reicht fast bis zur Wende zurück. In dem Streit geht es um das im Herzen der Stadt gelegene „Hotel am Terrassenufer“. Weil der zu Beginn der 1960er-Jahre errichtete Zwölfgeschosser die Sicht von den Brühlschen Terrassen auf die Elbe beeinträchtigt, beschlossen die Stadtverordneten den Abriss des Gebäudes. Mit dem Eigentümer wurde 1993 sogar ein städtebaulicher Vertrag geschlossen, in dem sich dieser verpflichten musste, das Hotel nach zehn Jahren abzureißen und – gemäß eines damals noch zu erarbeitenden Bebauungsplans – durch ein Gebäude mit stadtbildverträglicheren Dimensionen zu ersetzen. Nachdem der B-Plan 2006 beschlossen wurde, verweigerte der Eigentümer, eine Grundbesitzgesellschaft, allerdings den Abriss. Die Stadt klagte – und verlor. Das Dresdener Amtsgericht stellte „schwere und offensichtliche Mängel“ in dem städtebaulichen Vertrag fest und erklärte ihn für unwirksam. Der Kontrakt sei viel zu unbestimmt und benachteilige den Hoteleigner in unangemessener Weise, argumentierten die Richter.

Lässt sich der Fall auf Potsdam übertragen?

Für die Bürgerinitiative ist mit dem Dresdener Urteil, das danach auch noch vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen bestätigt wurde, ein Präzedenzfall entstanden, der sich auch auf das Mercure-Hotel anwenden lässt. Eine Abrissforderung würde ebenfalls gegen das Gebot der Angemessenheit verstoßen, weil damit für den Hoteleigentümer wesentliche wirtschaftliche Nachteile verbunden seien, sagte BI-Mitglied Matthias Grünzig. Sanierungsziele zu beschließen, die anstelle des Hotels eine Grünfläche vorsehen, könnte „sehr schnell“ zu Entschädigungsklagen des Hoteleigentümers führen.

Bei der Pro Potsdam sieht man das anders. Der Fall aus Dresden sei mit der Situation im Lustgarten „nicht vergleichbar“, sagte Sprecherin Anna Winkler. Die Stadt Dresden habe es versäumt, in dem Vertrag „konkret die genauen Abrisspflichten“ festzulegen. Zudem sei sich die Pro Potsdam sicher, im Gegensatz dazu einen städtebaulichen Vertrag mit dem Mercure-Eigentümer „rechtskonform und durchsetzbar formulieren zu können“.

Rathaus will Hotel-Sanierung unmöglich machen

Wie berichtet will die Stadt mit der Festlegung von Sanierungszielen für das Hotelgrundstück dessen Eigentümer, einem US-amerikanisch-kanadischen Konsortium, eine Sanierung des Gebäudes unmöglich machen. Das Kalkül: Das Gebäude würde an Wert verlieren und die Stadt könnte es über ihren Sanierungsträger preisgünstiger erwerben und anschließend abreißen.

Die Bürgerinitiative erneuerte am Freitag ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit, dieses Vorhaben aus dem Treuhandvermögen des Sanierungsträgers zu finanzieren. Sie beruft sich dabei auch auf eine drei Jahre alte Mitteilungsvorlage von Oberbürgermeister Jann Jakobs, in der es heißt, dass der nach damaligem Stand 14 bis 15 Millionen Euro teure Abriss des Mercure-Hotels aus dem Treuhandvermögen des Sanierungsträgers „nicht darstellbar“ sei.

Pro Potsdam und Rathaus finden das Urteil überholt

Für Stadt und Pro Potsdam greift dieses Argument allerdings nicht. Die damalige Aussage könne sich schon bald als überholt erweisen, erklärte Winkler. Die Pro Potsdam setze dabei nicht zuletzt auf zusätzliche Einnahmen durch den weiteren Verkauf von Grundstücken in der Potsdamer Mitte, durch Spenden und durch Fördermittel. Darauf baut auch die Stadt: Die Aussage in der Mitteilungsvorlage bedeute nicht, dass kein Geld aus dem Treuhandvermögen für Kauf und Abriss des Hotels verwendet werden dürften, sagte Rathaussprecherin Christine Homann.

Es bedürfe lediglich eines Finanzierungsnachweises. Liefen die Grundstücksverkäufe in der Potsdamer Mitte weiterhin so gut wie an der Alten Fahrt, sei durchaus mit Mehreinnahmen zu rechnen, zudem sehe der Masterplan für den Lustgarten an dessen Rand die Schaffung neuer Baurechte vor. Durch den Verkauf dieser Grundstücke komme ebenfalls zusätzliches Geld in die Treuhandkasse. Mit dem Land werde außerdem erneut über eine Förderung von Kauf und Abriss des Hotels verhandelt, so Homann. Voraussetzung sei aber der Beschluss von konkreten Sanierungszielen für das Mercure-Grundstück. Wie berichtet steht das Land einer Förderung bislang allerdings skeptisch gegenüber.

Zur Startseite