zum Hauptinhalt
Ingeborg Naundorf, Katrin Lotz-Holz und Katja Stolz von der Selbsthilfegruppe "Busenfreundinnen". 

© Andreas Klaer

Hilfe für Frauen mit Brustkrebs: Die Potsdamer "Busenfreundinnen"

Inge Naundorf war 37 Jahre alt, als sie an Brustkrebs erkrankte. Um sich und anderen zu helfen, gründete die Babelsbergerin eine Selbsthilfegruppe - die nun schon zehn Jahre besteht. 

Von Birte Förster

Potsdam – Ingeborg Naundorf war 37, als sie die Diagnose bekam. Bei einer routinemäßigen Mammographie-Untersuchung entdeckten Ärzte einen Tumor in ihrer Brust. „Ich dachte, das war’s jetzt“, sagt die heute 54-Jährige, die Mutter dreier Kinder ist. Nach einer zunächst erfolgreichen Therapie kam der Krebs einige Jahre später zurück. Naundorf suchte Wege, mit der Erkrankung und der ständigen Sorge umzugehen. Eine große Erleichterung war der Austausch mit ebenso betroffenen Frauen. Die Potsdamerin entschloss sich, eine Brustkrebs-Selbsthilfegruppe für junge Frauen mit Familie zu gründen. Über die PNN startete sie damals einen Aufruf. Mittlerweile gibt es die Gruppe seit zehn Jahren. Vor zwei Jahren hat sie sich in „Busenfreundinnen“ umbenannt.

Die Angst vor dem Tod ist ständig Thema

18 Frauen sind derzeit Mitglied, einmal im Monat treffen sie sich in Babelsberg. Naundorf selbst ist inzwischen seit vielen Jahren krebsfrei und kann ihre Erfahrungen an jüngere Betroffene weitergeben. Sie weiß, dass nicht nur die Angst vor dem Tod ein ständiges Thema ist, sondern auch die Partnerschaft, das Familienleben und die Beziehungen zu Freunden oft eine Belastungsprobe aushalten müssen. „Es strömen wahnsinnig viele Themen aufeinander“, sagt Naundorf. Von der Gruppe werde vieles aufgefangen.

Das erlebt auch Katrin Lotz-Holz so. 2012 erkrankte sie an Brustkrebs. Damals lebte sie in der Schweiz und schloss sich dort bereits einer Selbsthilfegruppe an, bis sie nach Potsdam kam. Seit zwei Jahren ist sie bei den "Busenfreundinnen". „Ich finde es hilfreich, immer wieder in den Austausch zu gehen, weil es immer präsent ist“, sagt die 40-Jährige. „Man ist mit seinen Ängsten und Sorgen ganz anders aufgehoben.“

Auf einer Bildschirmdarstellung einer Magnetresonanz-Mammographie ist ein winziger Tumor in der Brust einer Patientin zu sehen. 
Auf einer Bildschirmdarstellung einer Magnetresonanz-Mammographie ist ein winziger Tumor in der Brust einer Patientin zu sehen. 

© Jan-Peter Kasper/dpa

Bei den Treffen der Selbsthilfegruppe sprechen die Frauen über Behandlungen und Ärzte, Reha und Brustaufbau, den Umgang mit Kindern und dem Partner. Bei jedem zweiten Treffen referiert ein Experte,  es geht beispielsweise um Patientenverfügungen, Traditionelle Chinesische Medizin oder Psychoonkologie. Auch eine Schreibtherapie zähle zu den Angeboten, sagt Naundorf, die als freie Texterin und Übersetzerin arbeitet. Bislang trafen sich die Frauen in einem  Weberhaus in der Karl-Liebknecht-Straße. Seit September stehen wegen Corona gemeinsame Spaziergänge im Babelsberger Park an.

Zwei Frauen aus der Gruppe starben an Krebs

Die gesundheitliche Situation der Frauen in der Gruppe ist sehr unterschiedlich. Manche sind seit einigen Jahren krebsfrei, einige noch in Behandlung, andere haben erneut Metastasen entwickelt. In der Anfangszeit seien zwei Frauen verstorben, sagt Naundorf. Fünf andere hätten daraufhin die Gruppe verlassen. Für die Verbleibenden kam so ein wichtiges Thema auf den Tisch – das Sterben.

Eine wichtige Begleitung während der Krebstherapie waren die "Busenfreundinnen" auch für Katja Stolz. Nur wenige Tage nach ihrer Diagnose ging sie im April 2016 zu ihrem ersten Treffen. „Ich stand vor der Tür und habe geheult wie ein Schlosshund“, erinnert sich die 38-jährige Lehrerin. Die anderen hätten sie liebevoll aufgenommen, ihr bei ihren Fragen und Sorgen weitergeholfen. Der Austausch mit der Gruppe sei auch wichtig, um die eigene Familie zu entlasten. „Ich bin immer wieder froh, wenn die Frauen früh nach der Diagnose zu uns kommen“, sagt Naundorf.

Auch wer den Krebs zunächst besiegt - die Angst vor einem Rückfall bleibt. Sie horche mehr in sich hinein, jedes Ziehen verursache neue Sorgen, sagt Katja Stolz. „Das Urvertrauen, das man in seinen Körper hat, ist komplett weg.“ Katrin Lotz-Holz spricht von einem Damoklesschwert, das über jeder Frau schwebe. Bei jeder Vorsorgeuntersuchung komme die existenzielle Angst wieder hoch, sagt sie.

Was bleibt von der Erkrankung? Die Erkenntnis, das es wichtig ist, eine Grenze zu ziehen, wenn es zu viel wird, sagt Naundorf. Manches lieber auf den nächsten Tag zu verschieben, statt sich spätabends noch darum zu kümmern. Und mehr Gelassenheit walten zu lassen, sich nicht über jede Kleinigkeit aufzuregen, es stattdessen mehr wertzuschätzen, wenn die Familie gesund ist - darin sind sie sich Katja Stolz,  Katrin Lotz-Holz und Inge Naundorf einig. „Mein Leben hat an Qualität sehr gewonnen“, sagt Naundorf. Für alle sei es auch wichtig geworden, nicht zu viel an die Zukunft zu denken, sondern mehr im Hier und Jetzt zu leben. Lotz-Holz hat dieses Credo zu ihrem Beruf gemacht. Früher hat die Psychologin in der Kommunikationsbranche gearbeitet. Mittlerweile hat sie in Potsdam ein Zentrum für Achtsamkeit gegründet und bietet Training zur Stressbewältigung an. Davon profitieren auch die Frauen der Selbsthilfegruppe - bei den Treffen im Babelsberger Park wird auch Achtsamkeit geübt.

Die "Busenfreundinnen" treffen sich jeden 2. Mittwoch im Monat. Normalerweise finden die Treffen im Weberhaus in der Karl-Liebknecht-Straße 28 in Babelsberg statt. Seit September werden diese im Babelsberger Park fortgeführt. Termine sind der 9. Oktober und 14. November jeweils von 14 bis 15.30 Uhr, sowie der 5. Dezember von 10 bis 11.30 Uhr. Der Treffpunkt ist am Eingang zum Babelsberger Park Ecke Alt Nowawes/Grenzstraße. Interessierte können sich per E-Mail an busenfreundinnen.potsdam@gmx.de melden, eine Anmeldung ist aber nicht erforderlich. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false