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Der Havelgarten.

© Sebstian Rost

"Havelgarten" auf dem Kiewitt: Neustart für Potsdams größten Biergarten

Der "Havelgarten" auf dem Kiewitt war einst Potsdams größter Biergarten. Im Sommer geht er wieder in Betrieb. Ein Berliner hat das Ensemble aus Gastronomie und Pension übernommen.

Potsdam - Der Wind weht eisig vom Wasser über den Kiewitt und fegt auch durch den Biergarten am Havelufer. Als Bork Melms sich Restaurant und Garten zum ersten Mal ansah, war es ebenfalls Winter, aber der Gastro-Unternehmer aus Berlin verfügte damals über genügend Phantasie, sich den Ort im Sommer vorzustellen. Das war vor zwei Jahren. Im vergangenen Spätsommer eröffnete er den neuen „Havelgarten“ in Potsdam-West. Eine denkmalgeschützte Villa, die sich zwischen die Blockbebauung der DDR quetscht. Und leicht übersehen wird. Dabei ist es eine Perle: Wasserlage, zentrumsnah – aber gefühlt weit weg und somit urlaubs- oder zumindest feierabendtauglich.

Immer schon war hier Gastronomie, zu DDR-Zeiten ein Biergarten und eine preiswerte Familiengaststätte. Hier wurden Hochzeiten, Einschulungen und Jugendweihen gefeiert, erzählten Melms die Anwohner, als er sie zur Eröffnung einlud. Melms hat gerne zugehört, weil er den Kiez verstehen wollte. Der 41-Jährige kommt aus der Veranstaltungsbranche, in Berlin hat er Kulturformate, Partys und Gastronomie aufgebaut. Dann zog er nach Potsdam und hätte hier gerne nicht gearbeitet, sondern sich die schöne Stadt für den Feierabend reserviert. Aber das Angebot, den "Havelgarten" zu übernehmen, war zu verlockend.

Die Anwohner freuen sich über den Neustart

Die Wiederbelebung des Traditionsrestaurants kommt bei Anwohnern gut an - mehrere Jahre lang stand das Gebäude leer. „Das ist gut fürs Wohngebiet. Endlich ein Ort, wo man im Sommer schön sitzen kann“, sagt eine Frau in einer kleinen nachbarschaftlichen Mittagsrunde. Sie kennen den Ort von früher, jetzt wollen sie das Essen testen und bestellen Kohlroulade, Königsberger Klopse und Biergulasch. Deutsche Küche mit regionalen Produkten konnte sich Melms an diesem Ort gut vorstellen. An zwei Tagen der Woche bietet er sogar DDR-Menüs an. Jägerschnitzel, Senfeier, Soljanka. Und zwar nicht mit Schickimicki aufgehübscht, sondern stilecht bis zur roten Soße, Mehlschwitze mit Ketchup. „Das geht sehr gut“, sagt Melms.

Natürlich gibt es auch die ganz normale klassisch bis moderne Karte mit Ochsenbäckchen und Landente, Fischsuppe, Zander und manch Ausgefallenem wie Saure Nieren in Rotweinjus mit Spätzle – auf besonderen Wunsch der Nachbarschaft. „Da braucht man halt einen Koch, der das kann“, sagt Melms, der stolz ist auf sein Team. Ein bisschen sorgt auch er sich wegen des Fachkräftemangels – und die Saison hat noch nicht mal begonnen. Seiner Erfahrung nach sind die Arbeitszeiten häufig das Problem. „Meistens finden sich individuelle Lösungen, wenn man miteinander redet“, so seine Erfahrung.

Die Villa Kiewitt gehört dazu

Zum "Havelgarten" gehört die Pension Villa Kiewitt mit sieben Zimmern und zwei Suiten. Wegen der Gäste gibt es Montag bis Freitag schon ab 7.30 Uhr ein Frühstücksangebot, am Wochenende ab 9 Uhr. Donnerstag ist Schnitzeltag, samstags Steak- und Burgertag. Der Sonntagsbrunch sei gut besucht. Abends ist täglich bis 22 Uhr geöffnet. 

Sobald das Wetter passt, wird der Biergarten aktiviert, mit Bar und eigener Küche. „Da gibt’s die Klassiker, Würstchen, Burger, Pommes“, sagt Melms. Für private Veranstaltungen kann ein Außen-Areal separat bespielt werden. Wer mit dem Boot unterwegs ist, bekomme – Anruf genügt – bestellte Speisen und Getränke im Picknickkorb angereicht. Direkt Anlegen geht leider nicht. Dafür führt der internationale Rad- und Wanderweg direkt an der Terrasse vorbei. Und wo es früher mal eine Flußbadeanstalt gegeben hat, kann sich Melms sehr gut ein Badeschiff vorstellen. Wenn das mit den Potsdamer Behörden nur nicht so kompliziert wäre.

Mitten im Raum steht ein Kaminofen

Bis zum Sommer spielt sich zunächst alles im gemütlichen Gastraum statt. Historische Holzdielen, weiße Tischdecken und feines altes Goldrandgeschirr. „Ich finde es gut, alte Dinge weiter zu benutzen“, sagt der Chef. Mitten im Raum steht ein Kaminofen, nicht zur Zierde, sondern angeheizt. Hier sitzen und aufs Wasser gucken – so kommt man gut durch den Februar.

Die Mittagsbesucher aus der Nachbarschaft sind schon mal sehr zufrieden. Dann fällt ihr Blick auf die Kuchenvitrine mit Zitronenmousse- und Napoleontorte. Und einem prächtigen, schwarzglänzenden Kalten Hund, der sie begeistert. „Da nehmen wir noch was mit.“

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