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Karin Genrich.

© A. Klaer (Archiv)

Handel in Potsdam: Karin Genrich geht in den Ruhestand

Vor über 30 Jahren eröffnete Karin Genrich ihr erstes Modegeschäft in Potsdam und engagierte sich für den Einzelhandel in der Innenstadt. Um den sorgt sie sich allerdings.

Potsdam - Ihr erstes Geschäft eröffnete Karin Genrich 1987 in der Potsdamer Gutenbergstraße – eine große Leistung in der DDR, in der privater Einzelhandel nicht erwünscht war. Aber sie setzte sich durch – und führte ihr Modefachgeschäft und zeitweise sogar zwei Filialen bis heute. Am 5. August ist nun endgültig Schluss, dann verabschiedet sich die umtriebige Potsdamer Unternehmerin in den Ruhestand. Im Modegeschäft „Karin Genrich“ in der Jägerstraße findet derzeit bereits ein Schlussverkauf statt, auch wenn die Mode bleibt: Franziska Gerdes aus der Stefanel-Boutique übernimmt die Räume für einen eigenen Laden. Ab dem 1. September gibt es dort Kleidung der Marke Luisa Cerano zu kaufen.

Karin Genrich übergibt den Schlüssel mit gemischten Gefühlen. Aus gesundheitlichen Gründen sei der Rückzug aus dem Berufsleben dringend geboten, sagt die 72-Jährige, die sich nie nur für eigene Belange einsetzte, sondern auch in der AG Innenstadt engagierte. Viel zu selten habe sie sich in all den Jahren Erholung oder eine Auszeit gegönnt. Zudem falle es schwer, etwas loszulassen, das man aufgebaut und so lange geführt habe. „Es gibt kaum noch Geschäfte in der Innenstadt, die mehr als ein paar Jahre durchhalten“, sagt Genrich. „30 Jahre, das ist schon etwas Besonderes.“

Mieten in Potsdams Innenstadt steigen

Mit Sorge beobachte sie die Entwicklungen in Potsdam, die es kleinen Unternehmern schwer machen. Die Gewerbemieten in der Innenstadt steigen, sagt Genrich, aber wenn dann Sonntagsöffnungszeiten wegfielen und das Verkehrschaos zusätzlich Kunden abschrecke, sei es kaum möglich, gewinnbringend zu wirtschaften. „Dann fahren eben immer mehr Menschen gleich nach Berlin, als sich in die Potsdamer Altstadt zu quälen“, sagt sie. Auch aus Kundensicht sei das nicht immer ein Gewinn: Man könne heute zwar alles überall kaufen, aber der persönliche Kontakt, fachliche Beratung oder einfach mal eine Tasse Kaffee und ein Plausch – das gibt’s eben nur, wenn Kunden und Verkäufer sich kennenlernen dürfen. Sie selbst hat viele ihrer Stammkundinnen über Jahre betreut, manche kauften – noch in der DDR – bei Karin Genrich bereits ihr Jugendweihekleid.

Als Ehrenpräsidentin des Handelsverbands Berlin-Brandenburg werde sie sich weiterhin für die Belange der Händler und kleinen Unternehmer einsetzen. Vielfach war sie für ihr Engagement in den vergangenen Jahren ausgezeichnet worden, zuletzt am 15. Juni mit dem Verdienstorden des Landes Brandenburg.

Unterstützung für den Wünschewagen

Am kommenden Samstag, dem 1. Juli, möchte Karin Genrich noch einmal etwas Gutes tun und veranstaltet eine Abschieds-Tombola in ihrem Geschäft. Der Erlös aus dem Losverkauf kommt der Initiative Wünschewagen zugute. Der sogenannte Wünschewagen ist ein umgebauter Krankenwagen, der schwerstkranke Menschen vor ihren Tod noch einmal an einen Sehnsuchtsort bringt, sei es die Ostsee oder noch einmal der eigene Garten, sagt Genrich. Der Kranke wird dabei von einem professionellen Team aus Arzt und Pflegepersonal betreut – auf ehrenamtlicher Basis. Auch in Brandenburg ist der Wünschewagen seit 2016 unterwegs. Jedes Los der Spendentombola unterstützt die Initiative und gewinnt, sagt Genrich. Viele Potsdamer Unternehmer hätten hochwertige Preise zur Verfügung gestellt.

Sie selbst möchte sich als Ruheständlerin weiterhin im Ehrenamt und für Hilfsprojekte engagieren. Auch in der Modebranche werde man noch von ihr hören, sie habe schon ein paar Ideen. Vielleicht wird sie eines Tages einen Mode-Stammtisch ins Leben rufen.

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