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Gesundheitsreport der DAK: Brandenburger schlafen immer schlechter

Immer mehr Menschen in Brandenburg kommen nachts nicht zur Ruhe. Auch in Potsdam macht sich der Anstieg bemerkbar. Was helfen kann.

Potsdam - In Brandenburg haben immer mehr Menschen Probleme beim Ein- und Durchschlafen. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Krankenkasse DAK hervor, der am Donnerstag vorgestellt wurde. Für die Studie wurden 119 000 erwerbstätige DAK-Versicherte von 35 bis 65 Jahren sowie 5200 bundesweit Beschäftigte zwischen 18 und 65 Jahren befragt. Um die 82 Prozent gaben dabei Schlafprobleme an. Das bedeutet, dass etwa 987 000 Arbeitnehmer in Brandenburg unter Schlafstörungen leiden – deutlich mehr als im Jahr 2010, als es noch 50,2 Prozent der Befragten waren. Vor allem der Anteil der Betroffenen, die dreimal oder häufiger pro Woche Ein- oder Durchschlafprobleme haben, ist seit 2010 gestiegen – von 18,6 auf 38,8 Prozent.

Der Anstieg macht sich auch in Potsdam bemerkbar. Der Internist und Pneumologe Jörg Günther ist der leitende Schlafmediziner in der „Ernst von Bergmann“-Poliklinik. Das schlafmedizinische Zentrum ist das einzige Schlaflabor in Potsdam. Seit 2009 untersuchen die Mediziner an acht Messplätzen für Erwachsene und zwei für Kinder die schlafbezogenen Atmungsstörungen, die sogenannte Schlafapnoe. Die Zahl der Patienten sei in den letzten Jahren gestiegen, so Günther: „Im letzten Jahr haben wir 1900 Polysomnographien durchgeführt. Im Jahr 2013 waren es nur 1300.“ Bei der Untersuchungsmethode werden verschiedene Körperfunktionen während des Schlafes überwacht, um die Ursachen abzuklären. Günther sieht eine der Ursachen für den festgestellten Anstieg aber auch in der verbesserten Diagnostik der letzten Jahre.

2000 bis 3000 Schlafapnoe-Betroffene in Potsdam

Etwa drei bis fünf Prozent der Bevölkerung zwischen 40 und 70 Jahren sind behandlungsbedürftige Patienten, die an der sogenannten Schlafapnoe leiden, so Günther. Für Potsdam bedeute das um die 2000 bis 3000 Betroffene. Bei ihnen dauern die Atemstillstände in der Nacht länger als zehn Sekunden an und wiederholen sich bis zu 100 Mal pro Stunde. Die Folgen des dadurch entstehenden Sauerstoffmangels können verheerend sein, so Günther. Es könne zum Blutdruckanstieg kommen, zu Herz-Rhythmus-Störungen, auch das Herzinfarktrisiko steige deutlich.

Es gibt neben der schlafbedingten Atmungsstörung noch weitere Ursachen für Schlafprobleme. Die Experten unterscheiden sieben Diagnose-Gruppen. Von Insomnien, also andauernden Ein- und Durchschlafstörungen, über sogenannte Parasomnien, wie Schlafwandeln oder Alpträume, bis hin zu schlafbezogenen Bewegungsstörungen, wie unruhige Beine. Mehr als zehn Prozent der Befragten in der Studie leiden unter schweren Schlafstörungen, den Insomnien. Häufig seien die Ursachen psychosomatischer Natur, so Günther. Die Betroffenen haben dadurch auch tagsüber mit Müdigkeit und Erschöpfung zu kämpfen.

Anzahl der Krankschreibungen wegen Schlafstörungen verdoppelt

Die Probleme wirken sich auch auf die Arbeitswelt aus. „Schlechter Schlaf kann die Leistung mindern. Die Produktivität sinkt und in vielen Berufen steigt die Unfallgefahr“, sagt Anke Grubitz von der Landesvertretung der DAK-Gesundheit Brandenburg. Die Anzahl der Krankschreibungen wegen Schlafstörungen habe sich in den letzten sieben Jahren verdoppelt, so Grubitz, mache jedoch insgesamt gesehen nur einen kleinen Bruchteil der krankheitsbedingten Arbeitsausfälle aus. Das läge daran, dass die meisten Menschen mit ihren Schlafproblemen nicht zum Arzt gehen. „Schlafprobleme sind ein unterschätztes Problem“, sagt Grubitz.

Der Gesundheitsreport zeige aber auch, dass die Einnahme an Schlafmitteln deutlich angestiegen sei. Etwa 10,7 Prozent der Befragten nahmen demnach im letzten Jahr verschriebene oder frei verkäufliche Schlafmittel zu sich. Den Einsatz von Schlafmitteln findet Günther problematisch: „Schlafmittel werden relativ unkritisch eingesetzt. Die Toleranz sinkt dadurch und eine mögliche Abhängigkeit kann die Folge sein.“

Permanente Erreichbarkeit und veränderte Arbeitszeiten als Ursachen

Die Ursachen für die gestiegene Anzahl an Schlafstörungen sieht Grubitz in der sich wandelnden Arbeitswelt mit veränderten Arbeitszeiten, Digitalisierung, permanenter Erreichbarkeit und Arbeiten an der Grenze der Leistungsfähigkeit.

„Schlaf ist eine sehr komplexe Angelegenheit“, betont Günther. „Es gibt für Schlafstörungen sowohl körperliche als auch psychosomatische Ursachen.“ Daher arbeite man in dem Potsdamer Schlaflabor mit verschiedenen medizinischen Fachrichtungen zusammen, wie der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde oder der Psychosomatik. Bevor ein Patient in das Schlaflabor von Günther überwiesen wird, klärt der Hausarzt oder ein anderer Fachkollege, was die möglichen Ursachen für die Probleme sein könnten.

Tipps für einen gesunden Schlaf

Der Schlafmediziner Jörg Günther empfiehlt, mögliche Ursachen für die Schlafstörungen zunächst mit dem Hausarzt abzuklären, bevor ein Facharzt konsultiert wird. Für einen gesunden Schlaf kann man aber auch man selbst etwas tun. Die Charité in Berlin hat dafür Maßnahmen zur Schlafhygiene erstellt, verschiedene Techniken und Verhaltensweisen, die den Schlaf begünstigen und bei kleineren Schlafproblemen helfen könnten.

Wer gelegentlich schlecht schläft, muss sich keine Sorgen machen. Statt sich im Bett zu wälzen, sollte man versuchen, sich mit lesen oder anderen entspannenden Sachen abzulenken. Wichtig ist eine regelmäßige Schlafenszeit, um die eigene innere Uhr nicht aus dem Rhythmus zu bringen. Auch die Länge des Schlafs ist entscheidend, wobei die benötigte Dauer für jeden individuell ist. Morgens sollte man sich ausgeruht und erholt fühlen, das ist entscheidend. Das Schlafzimmer sollte gut belüftet sein. Ideal ist ein ruhiges, abgedunkeltes Zimmer, mit einer Raumtemperatur zwischen 16 bis 20 Grad. Das Schlafzimmer sollte außerdem, wenn möglich, nur zum Schlafen da sein. Für das eigene Wohlbefinden kann auch ein Nickerchen am Tag gut tun. Der Tagesschlaf kann aber unter Umständen den Nachtschlaf ungünstig beeinflussen.

Ein Einschlafritual kann bei kleineren Schlafproblemen ebenfalls zum gewünschten Erfolg führen. Dabei sollten das Abschalten vom Alltag und die Entspannung im Vordergrund stehen. Anstrengende Tätigkeiten sollten vermieden werden. Schlecht für den Schlaf sind Kaffee, Alkohol, Drogen und einige Medikamente. Auch schwere Mahlzeiten sind kurz vor dem Zubettgehen nicht zu empfehlen.

Sarah Stoffers

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