zum Hauptinhalt
Innerhalb eines Jahres wurden neun Wohnungen wieder für den regulären Wohnungsmarkt verfügbar gemacht (Symbolbild). 

© picture alliance/dpa

Gegen Wucher mit dem Wohnraum: Neun "Touri-Wohnungen" in einem Jahr gesichert

Seit einem Jahr ist in Potsdam die Zweckentfremdung von Wohnungen verboten - etwa als Touristenunterkünfte. Funktioniert das?

Potsdam - Wer zu Pfingsten als Tourist ein schönes Wochenende in Potsdam verbringen will, muss sich wahrscheinlich nach einen Hotel umsehen. Denn auf der Vermittlungsplattform airbnb heißt es für den Zeitraum: "Es sind nicht mehr viele Unterkünfte in Potsdam frei, also ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um zu buchen." Jedenfalls, wenn man nach einer Ferienwohnung sucht. 24 solcher Unterkünfte wurden auf der Plattform am Sonntag unter dem Suchbegriff Potsdam für Pfingsten angezeigt. In früheren Jahren waren es deutlich mehr.

Seit einem Jahr geht Potsdam gegen "Touri-Wohnungen" vor

Der Potsdamer Stadtverwaltung und Politik dürfte das gefallen. Schließlich hatte Potsdam vor einem Jahr die "Satzung der Landeshauptstadt Potsdam über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum" in Kraft gesetzt. Beschlossen hatten sie die Stadtverordneten im März. Sie soll vor allem dafür sorgen, dass Wohnungen durch die lukrative Vermietung an Touristen nicht dem Wohnungsmarkt entzogen werden. 

Denn mit der Vermietung an Übernachtungsgäste lässt sich natürlich gut Kasse machen, wie Beispiele aus den vergangenen Wochen zeigen. So wurden etwa für ein Gästehaus am Neuen Garten "mit Badesee direkt über die Straße" für zwei Personen und zwei Nächte 239 Euro verlangt. Für das Appartement in Babelsberg mit Fußbodenheizung für bis zu sechs Personen wurden 374 Euro fällig. Tiefer in die Tasche greifen musste man für ein Cottage am Jungfernsee: Zwei Nächte in der "hochwertigst ausgebauten" Remise kosteten inklusive Gebühren 874 Euro.

Die Stadt hatte erst eine Rechtsgrundlage benötigt

Diskussionen über ein Zweckentfremdungsverbot hatte es schon lange gegeben. Doch es fehlte für Gegenmaßnahmen an der Rechtsgrundlage durch ein Landesgesetz. Das gibt es nun seit 2019 und in Potsdam begann man, an einer entsprechenden Satzung zu arbeiten. AirBnB selbst hatte vor der Coronakrise von etwa 380 aktiven Unterkünften in Potsdam gesprochen, davon würden rund fünf Prozent mehr als die Hälfte des Jahres vermietet.

Ein Jahr nachdem die Satzung in Kraft gesetzt worden ist, ist man sich im Rathaus aber noch nicht sicher, wie sie wirkt. "Insbesondere die Corona bedingten Eindämmungsmaßnahmen der vergangenen zwei Jahre haben starken Einfluss auf den Regelungsbereich der Satzung im Bereich der Fremdbeherbergungen und anderer gewerblicher Nutzungen gehabt", hieß es zuletzt auf PNN-Anfrage. Wie berichtet waren die Touristenzahlen in der Pandemie eingebrochen. Möglicherweise gab es also weniger Nachfrage nach Ferienwohnungen. 

Bis zu 100.000 Bußgeld

Die Satzung verbietet die Vermietung an Gäste auch nicht, sondern stellt es unter Genehmigungsvorbehalt, wenn Wohnraum zu anderen Zwecken genutzt werden soll - beispielsweise als Büro oder Ferienwohnung. Auch Leerstand ist eine Zweckentfremdung. Wer gegen die Satzung verstößt, muss bis zu 100.000 Euro Bußgeld zahlen. 

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.

Innerhalb eines Jahres konnten neun Wohnungen wieder für den regulären Wohnungsmarkt verfügbar gemacht werden. "Verfahrenstechnisch ist eine Anordnung zur Rückführung von Wohnraum erfolgt und umgesetzt worden", teilte das Rathaus mit. "Bei den angezeigten Zweckentfremdungen durch Leerstand konnte durch Kontaktaufnahme in acht Fällen der Wohnraum zurückgeführt werden." 

Wie groß ist der Effekt?

Angesichts von mehr als 91.000 Wohnungen in Potsdam insgesamt erscheint der Effekt überschaubar. Die zuständige Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) hatte seinerzeit vermutet, dass allein die Existenz der Satzung und der darin angesetzten Bußgelder eine gewisse präventive Wirkung haben werde. Beim zuständigen Fachbereich wurden seit Mai 2021 insgesamt 82 Anträge auf eine Genehmigung zur Zweckentfremdung, teilte das Rathaus nun mit. Darunter seien 29 Anträge zur Fremdbeherbergung gewesen, dreimal ging es um gewerbliche beziehungsweise berufliche Nutzung und 19 Male um Leerstand. Davon wurden 43 Anträge genehmigt und 30 abgelehnt.

Potsdam Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD).
Potsdam Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD).

© Andreas Klaer

Zweckentfremdung kann man melden

Damit die Satzung wirken kann, setzt das Rathaus auch auf die Mithilfe von Bürgern. Damit sie zweckentfremdete Wohnungen melden können, wurde eine E-Mail-Adresse unter zweckentfremdung@rathaus.potsdam.de eingerichtet. Seitdem sind nach Rathausangeben 72 Anzeigen und Hinweise eingegangen. Davon seien 44 abschließend bearbeitet. "Bei den Anzeigen und Hinweise handelt es sich zehnmal um Fremdbeherbergung, dreimal um gewerbliche/berufliche Nutzung und 59 Male um Leerstand." Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Meldungen nicht der Anzahl der Wohnungen entspreche.  "Es kann sich um ein Objekt mit mehreren Wohnungen oder ganze Gebäudekomplexe handeln." 

Die Stadtverwaltung sollte aber auch selbst aktiv werden und beispielsweise ungenehmigte Angebote von Ferienwohnungen recherchieren, so war der Plan. „Den Außendienst müssen wir noch aufstocken", hatte Meier bei der Vorstellung des Satzungsentwurfs gesagt. "Derzeit gibt es für die Umsetzung der Zweckentfremdungssatzung eine Mitarbeiterin, eine weitere Stelle befindet sich in der Ausschreibung", heißt es nun auf Nachfrage. In einem Jahr seien fünf Fälle von Zweckentfremdung recherchiert worden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false