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Die Gräber im „Garten der Erinnerung“ werden von den Friedhofsgärtnern mit Bodendeckern bepflanzt, die Blumen werden drei Mal jährlich je nach Saison ausgetauscht.

© Ottmar Winter

Gedenken ohne Pflegesorgen: Zweiter Friedhof in Potsdam mit "Garten der Erinnerung"

Seit 2012 gibt es in Potsdam einen „Garten der Erinnerung“. Ein zweiter wird nun in Babelsberg eröffnet. Ab August werden Nutzungsrechte vergeben.

Potsdam - Eine Reihe von Grabsteinen, die Gräber sind bewachsen mit Bodendeckern und Blumenreihen, dahinter wachsen Rhododendren und Kirschbäume. Einzig auffällig ist, dass sich die Blumen wie ein rot-weißes Band über die ganze Gräberreihe ziehen. Denn hier im „Garten der Erinnerung“ auf dem Neuen Friedhof in der Heinrich-Mann-Allee in der Teltower Vorstadt pflegen nicht die Verwandten oder Freunde der Verstorbenen die Gräber, sondern die Friedhofsgärtner kümmern sich um das Pflanzen, Jäten und Gießen.

Als erster Friedhof in Brandenburg hat der Friedhof 2012 eine solche Anlage eröffnet. 650 Begräbnisstellen für Urnen oder Erdbestattung wurden seither hier vergeben, das Gelände schon zwei Mal erweitert. Das sagte Gunther Butzmann, Leiter des Bereichs Friedhöfe, am Dienstag. Er habe anfangs Bedenken gehabt, ob das Modell angenommen würde. „Aber heute kann ich sagen, es war ein Erfolg, soweit man bei einem Friedhof von Erfolg sprechen kann“, so Butzmann.

Deshalb, und das war der Anlass für die Einladung der Presse, wird ein solcher „Garten der Erinnerung“ nun auch auf dem Babelsberger Friedhof in der Goethestraße angelegt. Ab 1. August werden dort Nutzungsrechte vergeben. Das heißt: Ab diesem Tag können Angehörige von Verstorbenen dort einen Platz buchen oder man reserviert sich noch zu Lebzeiten eine Stelle. „Bei Tagen der offenen Tür hier im Neuen Friedhof haben mich viele Babelsberger angesprochen, die das Konzept angesprochen hat, die aber in ihrem Kiez bleiben wollten“, so Butzmann. Der neue Garten in Babelsberg wird nun zunächst Platz für 150 Grabstätten bieten.

Der Service hat seinen Preis: Zusätzlich zur städtisch erhobenen Gebühr von 740 Euro für ein Urnen- und 1300 Euro für ein Sarggrab für 20 Jahre kommen im gärtnergepflegten Bereich 4210 Euro für ein Urnengrab mit Blumen oder 7180 Euro für ein Sarggrab, zu zahlen direkt beim Reservieren. Alternativ gibt es eine günstigere Variante mit Bodendeckern ohne Blumen. Auch kleine Urnenhaine mit Findlingssteinen wurden angelegt. „Das Geld ist bei vielen da, gerade weil Ältere oft auch Vorsorgeverträge und Versicherungen abschließen“, erläutert Butzmann.

Aus Not für den Rasen entschieden

Die Nachfrage ist also da. Im Gegenzug habe die Nachfrage nach Gemeinschaftsgräbern abgenommen, also etwa Bestattungen auf der Urnenwiese. Viele Menschen, so erklärt es Butzmann, hätten sich aus Not für den Rasen entschieden, weil sie ihren Angehörigen nicht zur Last fallen wollen. Er nenne das „gut gemeinten Egoismus“. Doch häufig fehle der Familie dann ein Anlaufpunkt, ein Ort für die Trauer und das Gedenken. „Es wäre gut, wenn die Familien mehr über den Tod reden würden“, sagt Butzmann. Gerade in „zersiedelten Familien“, in denen die Kinder in anderen Städten lebten und nur zu Ostern und Weihnachten die Eltern in Potsdam besuchten, „da spricht man nicht über den Friedhof“. In solchen Familien aber ist aufgrund der Entfernung die Frage der Pflege der Gräber eine wichtige.

Der „Garten der Erinnerung“ biete einen guten Kompromiss: Ein Ort mit individuellem Grabstein, an dem zu besonderen Gelegenheiten auch Blumen niedergelegt werden können, welches aber das Jahr über keine Arbeit macht.

Insgesamt 14 verschiedene Grabarten gibt es auf den 15 Potsdamer Friedhöfen. „Die Friedhofs- und Bestattungskultur erlebt seit einigen Jahren einen tiefgreifenden Wandel“, lautet der erste Satz auf der Homepage der Potsdamer Friedhöfe. Auch Baumgräber sind möglich – ein Trend, nah an der Natur. Dabei werden jeweils sechs Urnenplätze mit kleinen Grabsteinen um einen Baum auf den Friedhof drapiert, darum herum Wiese, einige Meter weiter der nächste Baum. Dieses Modell werde aber eher heruntergefahren. Im Neuen Friedhof wird es gar nicht mehr angeboten, nur noch in der Babelsberger Goethestraße.

„Viele wünschen sich eine pflegeleichte Alternative zum normalen Grab, wollen aber trotzdem Blumen oder Engelsfiguren ablegen“, sagt Butzmann. Deshalb habe sich das Projekt Baumgräber nicht so entwickelt, wie gewünscht, gerade bei frischen Gräbern würden manchmal sogar Stiefmütterchen um den Baum gepflanzt.

Friedwald nicht geplant

Der nächstgelegene reine Friedwald liegt in Nuthetal. In Potsdam dagegen wird es einen Friedwald zumindest vorerst nicht geben: Einem entsprechenden Prüfantrag der SPD-Fraktion für eine Fläche im Wildpark hat die Stadtverwaltung im Mai eine Absage erteilt. Die Stadt habe genügend Flächen für Bestattungen, heißt es in der Begründung. Außerdem liege die Fläche im Landschafts- und Trinkwasserschutzgebiet – und logischerweise im Wald. Der sei, so heißt es in den Ausführungen, nicht barrierefrei und bei erhöhter Waldbrandgefahr durch Sperrungen möglicherweise nicht ständig zugänglich.

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