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Modellbauer Pascal Lenhard (r.) will den Turm der Garnisonkirche in fünf Tagen aufbauen.

© Andreas Klaer

Garnisonkirche in Potsdam aus Lego: Steinchen auf Steinchen

Im Markt-Center Potsdam entsteht ein Modell der Garnisonkirche – aus Legosteinen. Die Befürworter versprechen sich davon Aufwind für das Projekt.

Potsdam - Der erste Skeptiker taucht nach kurzer Zeit auf. „Watt soll’n ditte?“, fragt der Mann mit den tätowierten Waden. Er beugt sich über die grüne Lego-Wiese, auf der schon die „Grundmauern“ stehen. Mit abschätzigem Blick begutachtet er die Baupläne für die Garnisonkirche, die neben den sandsteinfarbenen Plastiksteinchen liegen. Der Turm der Barockkirche, um deren Wiederaufbau in Potsdam seit Jahren geworben und gestritten wird, soll in dieser Woche im Maßstab 1:60 im Foyer des Markt-Centers entstehen – aus Legosteinen. Am Freitagnachmittag soll das 1,50 Meter hohe Bauwerk fertig sein. „Bau doch lieber was anderes!“, sagt der Mann. Lego-Baumeister Pascal Lenhard lächelt freundlich. Dass er nicht nur positive Rückmeldungen bekommen wird bei diesem Auftragswerk, darauf ist der 45-jährige gelernte Erzieher und Modellbauer gefasst: „Ich halte mich da inhaltlich raus, ich bin ja auch kein Potsdamer.“ Auch im Internet hatten die Spaßvögel der Partei „Die Partei“ vorab gegen die Aktion Stimmung gemacht.

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Am Freitag soll der 1,50 Meter hohe Lego-Kirchturm stehen

Die Idee für den spielerischen Wiederaufbau hatte Siegfried Grube, langjähriger Rewe-Chef. Die Grundsteinlegung am gestrigen Montag übernahm Altministerpräsident Manfred Stolpe. Auch Wieland Eschenburg, Sprecher der Garnisonkirchenstiftung, Matthias Dombert, Chef der Fördergesellschaft zum Wiederaufbau, und andere Aufbaubefürworter hatten sich versammelt. Der fertige Kirchturm soll zunächst ausgestellt werden und 2017 im Rahmen eines Benefizkonzertes versteigert werden, Anfangsgebot 6000 Euro, erläuterte Grube. So teuer sind die Baukosten für das Modell. Wie wie viele Steinchen verbaut werden, das können die Besucher bis Freitag noch schätzen und kleine Preise gewinnen.

Die Befürworter versprechen sich von dem Projekt positive Öffentlichkeit. „Ich glaube, das gibt uns einen Schub, damit wir wieder ins Gespräch darüber kommen, was wir wirklich wollen“, sagte Altministerpräsident Stolpe den PNN. Das ist nach dem Scheitern des Bürgerdialogs auch nötig, wenn der angepeilte Baustart im kommenden Jahr noch gehalten werden soll – so wie es die Vertreter von Stiftung und Fördergesellschaft gestern wieder bekräftigt haben. Bekanntlich fehlen der Garnisonkirchenstiftung nach einem guten Jahrzehnt der Spendensammlung trotz Förderzusage vom Bund noch Spenden in Millionenhöhe. 40 Millionen Euro soll der Bau des Garnisonkirchenturms kosten, allein der erste Bauabschnitt 26 Millionen Euro – doch auch dafür fehlen laut Stiftung noch 3,15 Millionen Euro.

Garnisonkirchenstiftung will "Stufenpaten" für die Kirche gewinnen

Potenzielle Spender will die Stiftung künftig mit konkreteren Angeboten ansprechen, wie Wieland Eschenburg den PNN sagte. Das Gesamtprojekt sei dafür in 15 einzelne „Pakete“ aufgeteilt worden. Als Großspender könne man beispielsweise die Kosten für einen Seminarraum oder die Bibliothek übernehmen – und werde dort entsprechend präsentiert: „Das ist ein Stück weit klarer als bisher.“ Ein weiteres Projekt ist in Planung: Für die Treppenstufen, die zur Aussichtsplattform im Turm führen, sollen Paten gefunden werden. Es handelt sich um 365 Stufen, symbolisch für jeden Tag des Jahres eine. Als Spender könne man beispielsweise Hochzeits- oder Geburtstage auf besondere Weise verewigen. Die Stiftung überlege, die Stufen jeweils zum Preis von 5000 Euro zu „verkaufen“.

Lego-Baumeister Pascal Lenhard bleiben für sein Werk nun fünf Tage, Kinder sind zur Unterstützung willkommen. Der 45-Jährige arbeitet bei der Niemegker Firma „Design in Stein“, es sei bundesweit die einzige Firma, die sich auf Lego-Modellbau spezialisiert hat. Einen Porsche 911 in Originalgröße oder ein Modell des Kreuzfahrtschiffes Queen Mary 2 hat er mit seinen Kollegen gebaut. Für die Kirche habe er mit dem Potsdamer Architekten Christian Wendland die Originalbaupläne studiert und zunächst den Grundriss maßstabsgetreu gelegt, sagt er: „Der Rest ist Gucken und Bauen.“

Die Lego-Modellbauer kommen aus Niemegk - wie Rewe-Urgestein Siegfried Grube

Um den Wiederaufbau der Garnisonkirche wird seit Jahren gerungen. Der Barockbau war im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1968 gesprengt worden. Die Garnisonkirchenstiftung strebt einen Wiederaufbau als Versöhnungszentrum an. Gegner stören sich unter anderem an der Rolle des Bauwerks beim „Tag von Potsdam“ 1933, als die Kirche Schauplatz des von den Nazis inszenierten Schulterschlusses mit der preußischen Elite wurde.

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