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Espresso-Experten in Potsdam: Unter Dampf

Guter Kaffee ist Leidenschaft und Wissenschaft. Bei den „Espressonisten“, Patrick und Delia Großmann, trifft beides aufeinander

Niemand – oder fast niemand – kann Kaffeeduft ignorieren. So besitzen die „Espressonisten“ schon rein olfaktorisch einen entscheidenden Vorteil. An und in den Räumen der Gutenbergstraße kommt man an Kaffee nicht vorbei. Inhaber Patrick Großmann freut sich, dass es mittlerweile so gut läuft. „Nur mit Kaffee – das soll funktionieren?“, wurde er damals von Banken, wo er wegen der Finanzierung mit seinem Konzept vorsprach, gefragt.

Und wie es funktionierte. Seit fünf Jahren verkauft er den Potsdamern hochwertige Siebträger-Kaffeemaschinen und sämtliches Zubehör, vom Milchkännchen bis zum Päckchen Kaffee. Im Raum nebenan oder jetzt im Sommer auf dem Bürgersteig kann man den Kaffee gleich trinken, für Kinder gibt’s eine Limo.

Kaffee, das ist eine Lebensart, das ist Kulturleistung, sagt Großmann. Der 44-Jährige hat zuvor Germanistik studiert, dann unter anderem für Musikzeitschriften geschrieben. Eine Reportage über eine Kaffeerösterei in Italien löste seine Leidenschaft für dieses Getränk, für den Prozess von der Bohne bis zur Tasse, aus. Bis heute profitiert er von den Italienkontakten. Sein Kaffee, 80 verschiedenen Sorten aus 20 Röstereien, sowie fast alle Maschinen kommen von dort her. Im vorderen Verkaufsraum fasziniert zunächst die bunte Vielfalt der kleinen Päckchen und Tüten. Sämtliche Sorten sind entsprechend ihrer Herkunft von Nord- nach Süditalien sortiert, je südlicher, desto dunkler werde in der Regel geröstet, sagt Großmann.

Im hinteren Raum ist der Maschinenpark untergebracht: Glänzendes Metall wohin man blickt, Hebelchen und Knöpfchen für alle Kaffeetrinkgewohnheiten – und Portemonnaies. Zwei von diesen Maschinen verkaufe er durchschnittlich am Tag, sagt Großmann. Für 400 Euro gibt es das Einsteigermodell, für 8500 ein in Handarbeit gefertigtes Schätzchen – drei Monate Wartezeit. Achtmal im Jahr etwa wird die bestellt, sagt Großmann. „Für manche ist das ein Statussymbol, andere sind eben einfach verrückt und sparen, bis es reicht.“

Mittlerweile hat er mit Banken keine Probleme mehr, im Gegenteil: „Ich wurde schon zum Gründertreffen eingeladen“, sagt der Chef. Neun Mitarbeiter beschäftigen er und seine Frau Delia, die damals beide aus Berlin nach Potsdam kamen. Gerade haben sie zusätzliche neue Räume angemietet, um dort die Werkstatt und Maschinen für den Gastronomiebedarf auszustellen. Eine seiner Espressomaschinen, so teuer wie ein Kleinwagen, wird er zur Deutschen Barista-Meisterschaft nach Berlin liefern, wenn die Profis besonders pfiffige und schöne Kaffeekreationen zeigen.

Er selbst greift bis zu 15-mal am Tag zur Kaffee- oder Espressotasse, schätzt er. Nein, Kaffee sei gar nicht so schädlich, wie es immer heiße. Das hört der Kunde spätestens in einem Baristakurs oder bei einer Schulung als frischgebackener Siebträgermaschinenbesitzer. Diese zu bedienen ist ein kleines Handwerk, sagt er. Zuerst kommt immer der Espresso, Grundlage für alle weiteren Variationen. „Für einen guten muss alles stimmen: Mahlgrad des Kaffees, die Menge, die Maschine und der, der sie bedient“, erklärt er die M-Regel.

Eigentlich ganz einfach, Wasser und Dampf werden mit gehörig Druck durch den im Siebträger zusammengepressten Kaffee gejagt. Aber der Kaffee darf nicht bitter werden, und unter einer Schulung von ein bis zwei Stunden gehe hier kein Kunde weg. „Wir fahren aber auch zu denen nach Hause und schließen die Maschine gleich an“, sagt Großmann. Er kenne am Griebnitzsee jede zweite Küche. In den Laden in der Gutenbergstraße kommen aber auch zwei Krankenpfleger aus Berlin, die wissen, dass es hier genau den Kaffee gibt, den sie wollen.

Großmann wird dabei nicht müde, den Vorteil seiner Maschinen gegenüber herkömmlichen Vollautomaten zu erklären. Letztere seien reparaturanfälliger, und weil der Kaffeebrühprozess im Inneren abläuft, anfällig für Schimmelbefall. Beim Siebträgermodell wird der Kaffee zuvor gemahlen, erst dann in der Maschine verwendet. Das schmecke man. Wenn der Barista an Kapsel-Kaffee denkt, schüttelt es ihn. Der schmecke immer gleich bescheiden – von der Umweltverschmutzung mal abgesehen.

Zum fünfjährigen Bestehen der Espresonisten Anfang Juli soll im Laden zum Kaffee Musik gespielt werden, am liebsten alte Mafia-Lieder mit Texten von Blut und Ehre, sagt Großmann, der gut und gerne selbst als Italiener durchgehen könnte, schwärmerisch.

Gutenbergstr. 27, Tel: (0331)23164 09

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