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Landeshauptstadt: Endlich Winter

Potsdams Rodelpisten waren am Wochenende gut besucht – und auch Schlittschuh wurde schon gefahren

Lange hat der Winter auf sich warten lassen, doch nun ist er unübersehbar da: Ganz Potsdam ist weiß bedeckt und Temperaturen unter minus zehn Grad sorgen dafür, dass der Schnee auch noch ein Weilchen liegen bleibt. Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein taten am Samstag das Übrige, um vor allem junge Potsdamer und ihre Eltern vor die Tür zu locken und endlich den Schlitten einzuweihen.

Zu den prominentesten und längsten Rodelpisten der Stadt zählen die beiden Wege links und rechts der Weinterrassen, die zum Schloss Sanssouci hinaufführen – oder besser gesagt hinab: Zahlreiche Kinder und ihre Eltern sausten unter den Augen der überraschten Touristen hier den Hang hinunter. „Man ist ziemlich schnell“, bestätigt eine Potsdamerin, die mit ihrem Mann und ihrem Sohn gerade den Aufstieg machen wollen. „Aber ich bin mir gar nicht sicher, ob das hier überhaupt erlaubt ist.“ Tatsächlich verweist die Schlösserstiftung immer wieder auf die Gefährlichkeit der Strecke – duldet den Spaß aber bislang.

Nicht nur Schlitten sind in Sanssouci unterwegs: Eine Frau kommt scheinbar auf Schuhen heruntergefahren. „Das sind Gleitschuhe“, klärt die Potsdamerin Anke Strüwer auf und zeigt die flachen Kufen, die sie an ihre normalen Schuhe geschnallt hat. „Die sind noch aus DDR-Zeiten, sind aber wieder im Kommen. Für Erwachsene eine gute Alternative zum Schlitten, finde ich.“ Über den Schnee freue sie sich auf jeden Fall – „aber nur am Wochenende“.

Während die einen Gleitschuhe tragen, sind andere sogar mit Skiern unterwegs, berichtet Matthias Michel vom „Nomadenland“ im Volkspark Potsdam: „Ich habe hier schon Spuren von Skiwanderern mit Langlaufskiern gesehen.“ Michel ist selbst Skilehrer, bleibt heute aber lieber drinnen: Die eingeschneite Nomaden-Jurte ist ein Anlaufpunkt für durchgefrorene Spaziergänger, die sich hier mit einem Glas Glühwein oder heißem Apfel-Holunder-Punsch wieder aufwärmen können. Später am Nachmittag sollen hier passend zur Kälte in der Jurte russische Märchen vorgelesen werden.

Doch noch scheint die Sonne und ans Reingehen denkt keiner. Die Hügel unweit der Biosphäre sind zum Teil dicht gedrängt mit Rodlern, die mit verschiedensten Vehikeln die Hänge herunterrauschen – wie zwei Jungen, die gerade zu zweit auf einer roten Plastik-Schüssel die Abfahrt gemacht haben: „Ich nenne es Rutschteller“, sagt der zwölfjährige Hendrik. Der Vorteil dieses Gefährts sei, dass man sich beim Fahren drehen könne, meint er. „Und man fällt leichter um.“ Andere haben einfach die Rollen ihrer Skateboards abmontiert und benutzen diese nun als Snowboards: “Man kann sie wieder anschrauben“, versichert der elfjährige Corbinian. Die Idee hatte der zehnjährige Máté: „Meine Eltern konnten mir kein Snowboard kaufen, das war zu teuer. Da habe ich einfach mein Skateboard umgebaut.“

Während die Schneedecke zum Rodeln völlig ausreichend ist, sind die Eisdecken der Seen in Potsdam derzeit alles andere als tragfähig: Im Neuen Garten klopft ein Kind vorsichtig mit dem Schuh auf das Eis am Uferrand, doch man kann mit bloßem Auge sehen, dass die Einzigen, die das Eis des Heiligen Sees schon gefahrlos betreten können, die Enten sind. Auch die Potsdamer Feuerwehr rät dringend davon ab, Seen und Flüsse in Potsdam zu betreten – nach der kurzen Frostphase ist das Eis noch nicht tragfähig.

Also keine Chance zum Schlittschuhfahren? Nicht ganz: Im Park Babeslberg wird nicht nur gerodelt, auch auf dem kleinen Kindermann-See laufen schon gut ein Dutzend Wagemutige ihre Kufen ein. „Es ist das pure Glück!“, freut sich der Babelsberger Matthias Fiedler. Er gehörte heute zu den Ersten, die die Tragfähigkeit des Eises getestet haben: „Wir waren sehr vorsichtig, aber bis auf ein paar Stellen und Risse, die man meiden sollte, kann man darauf fahren – hier und da knarrt es wie auf Dielenboden.“

Eine Potsdamerin schiebt bereits mit einer Schneeschaufel den Schnee von der Oberfläche des Eises, „damit der Schnee nicht über Nacht anfriert“, wie sie sagt. Sie und ihr Mann Gerd Bürger freuen sich ganz besonders über die Eisbahn: 2012 sind sie aus Kanada zurückgekehrt, wo Bürger, der in der Klimaforschung arbeitet, für drei Jahre eine Stelle bekommen hatte. „Wir hatten während dieser Zeit immer große Sehnsucht danach, den Winter in Potsdam zu erleben und Schlittschuh zu laufen, denn wir waren im südlichsten Teil von Kanada am Pazifik – dort hat es im Winter nur geregnet.“ Dieses Jahr hatten sie lange ausharren müssen, gibt Bürger zu: „Es hat lange gedauert, aber dafür ist es jetzt umso schöner!“

Nicht nur Rodel- und Schlittschuhfans hat es in die Parks gelockt, auch Hobbyfotografen freuen sich über die Fülle an lohnenden Winterlandschaftsmotiven an diesem sonnigen Tag. Nahe des Ufers im Park Babelsberg hat eine Potsdamerin ihre Digitalkamera mit Stativ auf den Sonnenuntergang über der Havel gerichtet: „Ich habe schon sehr auf den Schnee gewartet“, verrät sie. „Ich gehe fast jeden Tag fotografieren – das ist einfach gut für die Seele.“ Doch nun ist der Akku alle: Ein letztes Bild noch, dann geht's wieder nach Hause ins Warme.

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