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Emil Sellos Wirken in Potsdam: Veilchen für die Kronprinzessin

Als Königlicher Hofgärtner in Potsdam stand Emil Sello lange im Schatten seines Lehrers und Förderers Peter Joseph Lenné. Heute vor 200 Jahren wurde Sello geboren. Eine Spurensuche.

Potsdam - Er ist ein Spross der bekanntesten Gärtnerdynastie, die je in Potsdam gewirkt hat. Heute vor 200 Jahren, am 24. Mai 1816, wurde Emil Sello geboren. Schon sein Vater Ludwig arbeitete als Königlicher Hofgärtner in Sanssouci – und ebenfalls sein Großvater Johann Samuel Sello. In der Potsdamer Parklandschaft sind heute noch Spuren Emil Sellos zu finden. Aber man muss sich schon etwas bemühen, sie zu entdecken – vielerorts stößt der Suchende ansonsten auf Lenné, den alle überstrahlenden Landschaftskünstler, seines Zeichens General-Gartendirektor der königlich-preußischen Gärten. Bei ihm ging auch Emil Sello in die Lehre. Hier lernte er die Kniffe der Gartenkunst.

Sello half, Lennés Pläne umzusetzen

Von 1841 bis 1854 hatte Sello unter Lenné als Obergärtner für die preußische Krone gearbeitet. Es war die Zeit der großen Landschaftsverschönerungen am Potsdamer Stadtrand. Friedrich Wilhelm IV. hatte 1840 die Krone erlangt. Der „Romantiker auf dem Thron“ holte sich die Antike nach Potsdam, arbeitete an seinem Preußischen Arkadien. Für die Gestaltung der Landschaft stand dem Monarchen ein Gartenkünstler zur Seite, der einst aus dem Rheinland an die Havel gekommen war: Peter Joseph Lenné. Emil Sello wiederum half als Obergärtner mit, Lennés Pläne umzusetzen.

So wirkte er bei der Neugestaltung des Katharinenholzes und der Anlage des Areals auf dem Pfingstberg mit, wie Gartenarchitekt Clemens Alexander Wimmer berichtet. Der Potsdamer forscht seit Langem zur Gartengeschichte von Sanssouci. Mit den umfänglichen Plänen Friedrich Wilhelm IV. zur Landschaftsverschönerung wuchsen damals die Aufgaben der königlichen Gartendirektion. „Das konnte man nicht alles von Sanssouci aus gewährleisten“, sagt Wimmer.

So wurde das Gartenrevier „Außerhalb Sanssouci“ geschaffen. Ab 1854 war Sello für zehn Jahre als Hofgärtner in diesem Revier tätig. Damit stand er in der Hierarchie auf der gleichen Stufe wie sein Bruder Hermann, der – fast möchte man sagen: natürlich – ebenfalls Königlicher Hofgärtner in Sanssouci war. Beide unterstanden sie aber weiterhin Lenné. Das Verhältnis zwischen Emil Sello und seinem Chef wird wohl recht gut gewesen sein, vermutet Wimmer, „sonst hätte ihm Lenné sicher nicht diesen Posten eingeräumt“.

Auf die falsche Karte gesetzt

„Und dann kam diese neue Ära, in der er auf die falsche Karte gesetzt hat“, sagt Wimmer über Sello. Die falsche Karte, das war Kronprinzessin Victoria. Sie hatte 1858 Friedrich Wilhelm von Preußen, den späteren Friedrich III., geheiratet. Sello sah in der Kronprinzessin, die aus England gekommen war, seine Zukunft, so Wimmer. Dass jedoch Wilhelm I. als Nachfolger Friedrich Wilhelm IV. das damals unglaublich hohe Alter von 90 Jahren erreichen würde und dementsprechend lange, nämlich bis 1888 auf dem Thron blieb, war für die Karriere Sellos sicherlich nicht förderlich. Wilhelm I. interessierte sich nicht für die Gartenkunst. Und als Friedrich III. 1888 für 99 Tage auf den Thron kam, da war Sello selbst schon ein alter Mann. Victoria hatte unter diesen Umständen nur begrenzten Einfluss auf die Entwicklung der königlichen Gärten.

Im Jahre 1864 gab Sello die Stelle im Revier „Außerhalb Sanssouci“ auf und wechselte als Hofgärtner ans Neue Palais, wo Kronprinzessin Victoria mit ihrer Familie wohnte. Sello pflanzte Primeln und Veilchen sowie Blausterne – das war eine Neuerung. Die Kronprinzessin ließ auch Mammutbäume anpflanzen – was nicht erfolgreich war, weil die Bäume erfroren. Für die Familie der Kronprinzessin legte der Hofgärtner nach Victorias Wünschen Heckengärten am Neuen Palais an. Sie sind heute nicht mehr erhalten. Hier konnten die Royals – den Blicken der Bevölkerung entzogen – im ansonsten öffentlich zugänglichen Park hinter großen Hecken ungestört die Gartenwelt genießen. Heute noch erhalten ist hingegen die Lindenallee, die hinter dem Neuen Palais in Richtung Westen führt. Sello leitete 1866 die Arbeiten für die Anlage der vierreihigen Allee. Zuvor hatte es an gleicher Stelle bereits zwei kleinere Baumreihen gegeben.

Sellos Schwerpunkt: Betonung des Gärtnerischen

Lenné starb im Jahre 1866. Damit wurde dessen Direktorenposten frei. Ob sich Sello um diese Stelle bemüht hatte, ist nicht bekannt. „Aber es liegt irgendwie nahe“, sagt Wimmer, schließlich hatte der Gärtner mit knapp 50 Jahren genau das richtige Alter dafür. Der Posten ging jedoch an Ferdinand Jühlke, der sich weniger für die Gartenkunst als vielmehr für den Obst- und Gemüsebau interessierte, wie Wimmer erläutert. Zu Sellos Glück war der Bereich des Neuen Palais aus der Gartendirektion herausgelöst worden, sodass der Gärtner, der später zum Oberhofgärtner ernannt wurde, nur dem Kronprinzen, nicht aber Jühlke unterstand. In den 1870er-Jahren gestaltete Sello für Victoria und ihren Gemahl den Garten des Kronguts Bornstedt nach englischem Vorbild neu. Der Rosengarten im Krongut ist – nach einer Rekonstruktion in neuerer Zeit – heute wieder erlebbar, allerdings nicht mit historischen Rosensorten.

Während für Lenné bei der Gartengestaltung immer „das malerische Bild entscheidend“ war, so lag für Sello der Schwerpunkt auf der „Betonung des Gärtnerischen“, sagt Wimmer. Die Pflanze als Objekt sollte gebührend präsentiert werden. Die Landschaft war demnach weniger wichtig. Sello, der mit seiner Frau Johanna Kahlbau sieben Kinder hatte, starb am 11. Juni 1893. Auf dem Friedhof der Familie, der Teil des Bornstedter Friedhofs ist, liegt Emil Sello begraben. Auf seinem Grabstein steht, er sei am 25. Mai 1816 geboren. Nach allem, was bekannt ist, stimmt dieses Datum wahrscheinlich nicht. Er erblickte wohl bereits einen Tag früher, nämlich am 24. Mai 1816, das Licht der Welt.

Am morgigen Mittwoch findet um 16 Uhr in der Bornstedter Kirche eine Gedenkveranstaltung für Emil Sello statt.

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