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Ein Stück Heimat: DDR-Briefmarken im Bürgertreff Waldstadt ausgestellt

Der Bürgertreff Waldstadt stellt rund 800 Briefmarken aus der DDR aus. Insgesamt waren im Osten mehr als 4000 Postwertzeichen herausgekommen. Als Wertanlage lohnen sie sich jedoch nicht.

Potsdam - Meissner Porzellan, Walter Ulbricht, die Leipziger Messe, das Sandmännchen oder Karl Marx, der wie ein Prediger „Das Kapital“ vor sich hält – wer durch die Ausstellung „Die DDR im Spiegel der Briefmarke“ im Bürgertreff Waldstadt geht, wird sicher zahlreiche Motive wiedererkennen, die man entweder einst auf Briefen in der Hand hielt oder im eigenen Sammelalbum hatte. „Für mich sind diese Briefmarken ein Stück Heimat, denn ich bin in diesem Land großgeworden“, sagt der 68-jährige Potsdamer Dittmar Zengerling, der die Ausstellung anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR und des 30. Jahrestages der friedlichen Revolution organisiert hat.

Rund 800 Briefmarken sind zu sehen – allerdings keine Originale, diese wären zu wertvoll. Die Ausstellung basiert auf der 24-bändigen Publikation „Das war die DDR – eine Dokumentation in Briefmarken“, die eine Auswahl aus den über 4000 Briefmarken liefert, die in der DDR herausgekommen sind.

Bedeutende Wissenschaftler der deutschen Geschichte, Landwirtschaftsmaschinen, das Pergamon-Museum, der Kosmonaut Siegmund Jähn, ostdeutsche Baudenkmale, stolze NVA-Soldaten – auf seinen Briefmarken zeigte sich der Arbeiter- und Bauern-Staat von seiner besten Seite. Und von seiner farbigsten: Vom grauen DDR-Alltag ist hier nichts zu spüren, viele Motive sind überaus bunt und aufwendig gestaltet. „Viele Bundesbürger hat das nach der Wende überrascht, die wussten gar nicht, was für schöne Marken es hier gab“, sagt Zengerling.

Umgekehrt gab es aber auch DDR-Briefmarken, die die Bewohner des sozialistischen Staates nie zu Gesicht bekamen – denn sie wurden gegen Devisen in den Westen verkauft. „Manche Marken gab es nicht im freien Handel, die wurden in einer begrenzten Auflage gedruckt und gezielt an Sammler im Westen verkauft“, so Zengerling. Doch auch an die regulären Marken kam man nicht immer heran: Für viele Sondermarken gab es Sperrwerte und wer sie haben wollte, musste – wie für so vieles andere auch – Schlange stehen.

Auch Zengerling wartete als Schüler immer wieder vor dem Postamt, um an begehrte Marken heranzukommen: „Ich hatte keinen Sammlerausweis, damit war es besonders schwer.“ Als Jugendlicher hatte er begonnen, Briefmarken zu sammeln, vor allem Sport-, Weltraum- und Tiermotive. Im Studium stellte er das Sammeln dann ein, „aus finanziellen Gründen“. Erst als Rentner nahm er seine alte Leidenschaft wieder auf und besitzt heute fast alle Briefmarken, die jemals in der DDR und der BRD herausgekommen sind, rund 15 000 Stück. Dadurch kennt Zengerling auch die Unterschiede, die die Zeitzeugen aus Papier widerspiegeln: „Zum Beispiel gibt es Briefmarken aus beiden Ländern, die antifaschistische Widerstandskämpfer ehren. Bei den DDR-Briefmarken tauchen dort viele Kommunisten auf, bei den BRD-Briefmarken gar nicht.“

Die Ausstellung zeigt auch einige seltene und begehrte Sammlerstücke, etwa den Marx-Block von 1953, der in einer Auflage von 300 000 Stück gedruckt worden war und heute einen Katalogwert von 160 Euro hat. Ein besonders ungewöhnliches Exponat ist die Sondermarke zum 15. Jahrestag der DDR – die Bezeichnung Marke ist allerdings etwas irreführend, denn das Stück hat beinahe die Ausmaße eines A4-Blattes. „Da war die DDR am größten!“, scherzt Zengerling. Die Marke habe es sogar ins Buch der Rekorde geschafft. In andere Bücher hingegen nicht: In normale Sammelalben passte die riesige Marke gar nicht rein. Eine ebenfalls kuriose Marke, die es zu gewisser Berühmtheit gebracht hat, ist leider nicht in der Ausstellung zu sehen: Eine Marke von 1958 zum 40-jährigen Jubiläum der Novemberrevolution, die einen NVA-Soldaten zeigt – mit eindeutig asiatischen Gesichtszügen. Nachdem die irreführende Darstellung aufgefallen war, wurde der „Pappchinese“, wie er im Volksmund bald darauf hieß, aus dem Verkehr gezogen.

Wertvoll werden Marken oft nicht nur wegen der Auflage, sondern wegen kleiner Abweichungen und Druckfehler, vor allem aus der Zeit zwischen 1945 und 1949: „Es gibt zum Beispiel eine 80 Pfennig-Marke mit Ernst Thälmann, die es in sechs verschiedenen Farbtönen gibt“, sagt Dittmar Zengerling. Oft mussten die Druckereien nach dem Krieg auf verschiedene Papiersorten zurückgreifen, auch dies macht Marken aus dieser Zeit wertvoll.

Als Wertanlage lohnen sich DDR-Briefmarken allerdings nicht wirklich: Komplette Sammlungen mit allen DDR-Marken sind laut Katalog 5000 bis 6000 Euro wert, in der Realität werden sie aber oft für weniger verkauft. Viele junge Menschen, die die Sammlungen ihrer Eltern oder Großeltern geerbt hätten, könnten heute mit Briefmarken nicht mehr viel anfangen, sagt Zengerling. Daher werden Sammlungen oft für wenig Geld weiterverkauft, was den Wert der Marken schmälert, unabhängig von der Seltenheit.

Wer mehr über DDR-Briefmarken erfahren will, sollte sich den 29. Oktober, 5. und 7. November vormerken: An diesen Tagen wird Dittmar Zengerling jeweils um 18 Uhr die Ausstellung präsentieren und Wissenswertes zu den Marken erzählen.

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