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Zufrieden. Die Potsdamerin Anne Biewald forscht seit zehn Jahren auf dem Telegrafenberg. Nun wurde ihre Arbeit mit dem wichtigsten Wissenschftspreis des Landes prämiert.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Ein knappes Gut

Die Potsdamer Landschaftsökologin Anne Biewald erhält für ihre Arbeit zum „virtuellen Wasser“ den Landespreis für junge Wissenschaftler

Eine persönliche Vorliebe für Wasser hat sie eigentlich nicht. Nur der Umstand, dass sie in Potsdam nahe dem Heiligen See und der Havel lebt, könnte ihr Verhältnis zum Element erklären. Mit Wasser hat Anne Biewald nun reüssiert, zumindest mit der virtuellen Form davon. Am Donnerstag wurde der promovierten Landschaftsökologin und Wirtschaftswissenschaftlerin vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) der diesjährigen Postdoc-Preis des Landes Brandenburg in der Kategorie Geistes- und Sozialwissenschaften verliehen. In ihrer Forschungsarbeit hat sie sich dem Konzept des „virtuellen Wassers“ gewidmet.

Anne Biewald lebt seit gut zehn Jahren in Potsdam. Am weltweit renommierten Institut für Klimafolgenforschung auf dem Telegrafenberg hat die 37-Jährige bereits ihre Diplomarbeit geschrieben, als sie noch in Greifswald Landwirtschaftsökologie studierte. Sie wollte zielgerichtet an das Institut. Ihr Thema, das nun ausgezeichnet wurde, hat zwar nicht direkt etwas mit Klimaforschung zu tun. „Aber man kann darauf aufbauen“, sagt sie im Gespräch. Mit „virtuellem Wasser“ wird die Menge an Wasser umschrieben, die in der Produktion von Gütern – zum Beispiel Lebensmitteln oder auch Waren – benötigt wird. Virtuell, weil das Wasser nicht mehr greifbar ist, sondern in Gurken, Tomaten, einem Computerchip oder auch einer Schrankwand steckt. Und dieser Verbrauch kann eben von Region zu Region sehr unterschiedlich sein. Während beispielsweise Indien vorbildlich ist und – bedingt durch Importe von Lebensmitteln – vergleichsweise wenig Wasser braucht, sind andere Regionen, etwa in Südeuropa, dabei viel schlechter aufgestellt.

Für die Landwirtschaft wird das meiste des blauen Wassers, also des Grundwassers, was auch als Trinkwasser geeignet wäre, verbraucht – rund 70 Prozent. Die Umwelteinflüsse spielen dabei eine große Rolle, so braucht man in Marokko wegen der großen Hitze für ein Kilo Weizen fünfmal so viel Wasser wie in Deutschland. Schließlich ist es wichtig, wo das Wasser herkommt: Wasser etwa aus Ägypten zu exportieren wäre Frevel, weil es dort dringend gebraucht wird.

Die Potsdamerin konnte mit ihrer Arbeit zeigen, wo Wasser gespart werden kann. Jetzt sei es möglich, zu sagen, wo knappes Wasser für den Handel verbraucht und wo es eingespart werden könnte. So werde etwa in Spanien, Portugal und Italien Wasser verschwendet, in Marokko und Indien aber gespart. Hintergrund ist, dass in Südeuropa viele Lebensmittel exportiert werden, obwohl das Wasser dort knapp ist. Anne Biewald hat ihr Thema bereits wissenschaftlich publiziert, in der Fachzeitschrift „Ecological Economics“. Der Preis nun (20 000 Euro) ist für sie eine Honorierung ihrer Leistung. Bislang hat sie das virtuelle Wasser nur bis 2005 untersucht, als nächstes will sie sehen, was in der Zukunft passiert, etwa unter den Bedingungen des Klimawandels und einer wachsenden Weltbevölkerung.

Das Preisgeld will sie für die Familie nutzen. Erst einmal möchte sie weiter am PIK bleiben, sagt die aus Jena stammende Mutter von drei kleinen Kindern. Was sie als nächstes machen wird, kann sie allerdings nicht genau sagen. Da sie keine feste Stelle hat, hänge das immer auch von der Bewilligung von Projekten ab. „Ich habe eine ganze Bandbreite von Themen, die ich noch gerne angehen möchte“, sagt sie, von Armut und Klimawandel bis eben auch zu Wasser und Klima. Der Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Günther Stock, würdigte als Jurymitglied die Arbeit der Potsdamer Wissenschaftlerin als Vorbild interdisziplinärer Forschung. Sie habe es verstanden, dem Konzept des virtuellen Wassers eine ökonomische Dimension zu geben. „Damit werden die zum Teil auch widersprüchlichen Berechnungen zu dem Thema auf eine neue Basis gestellt.“ Denn nun könne man den Wert und die Sinnhaftigkeit bestimmter Warenströme eindeutiger erfassen.

Jan Kixmüler

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