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Auch das Strandbad Wannsee verzeichnete deutlich weniger Besucher als noch vor einigen Jahren.

© Ralf Hirschberger/dpa

Ein Drittel weniger Gäste: So verlief die Badesaison in Potsdam

Müll, Lärm und zugeparkte Uferwege:  Wegen Corona waren in der Badesaison vor allem wilde Badestellen stärker frequentiert. In die Strandbäder kamen weniger Besucher.

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Potsdam - So oft wie in diesem Jahr haben die Potsdamer wohl noch nie Badeurlaub zu Hause gemacht: Aufgrund der Pandemie fielen viele Reisepläne flach und vor allem im August, in dem es 15 Tage mit über 30 Grad Celsius gab, suchten viele Potsdamer Abkühlung in den zahlreichen Gewässern der Umgebung. Juni und Juli waren jedoch durchwachsen, weshalb Stadtwerke-Sprecher Göran Böhm eine gemischte Bilanz zieht: „In der Strandbadsaison 2020 haben wir in unseren Bädern 69.925 Besucher begrüßen können. Dies sind 33,4 Prozent weniger als noch im Jahr 2019.“ Das Waldbad Templin hatte 41.075 Gäste, im Stadtbad Park Babelsberg waren es 24.850. Zum Vergleich: Im verregneten Sommer 2017 hatten die Stadtwerke-Bäder insgesamt 65.378 Besucher. 

Die offizielle Badesaison fing später an 

Böhm schätzt, dass der Rückgang zu rund 70 Prozent auf das zu kühle Wetter und zu 30 Prozent auf Corona zurückzuführen ist. Aufgrund des Lockdowns fing die offizielle Badesaison in diesem Jahr eineinhalb Monate später an als sonst: Am 13. Juni öffneten die Bäder der Stadtwerke wieder, aufgrund der Hygienebestimmungen durften im Waldbad Templin maximal 966 Gäste und im Stadtbad Babelsberg maximal 444 Gäste zeitgleich anwesend sein, Wasserrutschen und Beachvolleyballplätze waren gesperrt.

Gleichzeitig wurden inoffizielle Badestellen stärker genutzt; Müll, Lärm und zugeparkte Straßen gehörten zu den Begleiterscheinungen. „Nach Einschätzung der DRK-Wasserwacht Potsdam läuft in den Strandbädern der Stadt alles geregelt ab. Im Gegensatz dazu waren wilde Badestellen bei warmen Temperaturen oft überfüllt“, so Fabian Lamster vom Deutschen Roten Kreuz Potsdam.

Zugeparkte Seepromenade in Groß Glienicke 

Besonders extrem zeigte sich dies an der Seepromenade in Groß Glienicke: „Es gab an den heißen Wochenenden der letzten Wochen wiederholt Besucher der Badestelle vor Ort, die mit Pkw die Seepromenade so zugeparkt haben, dass der Bus dort nicht mehr fahren konnte“, sagt Göran Böhm, der auch Pressesprecher des Potsdamer Verkehrsbetriebs (ViP) ist. Dem ViP blieb in einigen Fällen nichts anderes übrig, als die Buslinie 638 umzuleiten und die Haltestellen entlang der Seepromenade und der Sacrower Allee nicht mehr anzufahren.

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Auch Rettungsdienst oder Feuerwehr wären im Zweifel nicht mehr durchgekommen, weil Parkverbote rücksichtslos ignoriert wurden. Entsprechende Verstöße wurden vom Ordnungsamt geahndet, in einzelnen Fällen wurden Autos auch abgeschleppt, informierte Stadtsprecherin Juliane Güldner: „Gleichzeitig wird derzeit die gesamte Verkehrsführung, insbesondere im Bereich Seepromenade, überprüft und gegebenenfalls dem Bedarf angepasst.“ Eine Anfrage der Potsdamer Linkspartei, ob der ViP nicht selber das Abschleppen von Autos veranlassen dürfe, wie die BVG in Berlin, Beschied die Stadt negativ: „Dafür gibt es in Brandenburg keine entsprechende Rechtsgrundlage“, hieß es in der Antwort der Stadtverwaltung.

Gefrustete Anwohner wiesen darauf hin, dass der kleine Uferbereich am Groß Glienicker See keine offizielle Badestelle sei: „Abfälle von Imbissen und Kippen treiben im See und am Ufer gibt es von Step keine Mülltonnen“, schrieb Anwohnerin Beatrix Isensee in einem Leserbrief. „Wir ertrinken unter dem Ansturm der Badegäste, der Müll türmt sich, der Bus fährt nicht mehr durch den Ort, das wilde Parken ist nicht mehr auszuhalten!“, sagte Ortsvorsteherin Birgit Malik gegenüber den PNN.

Weniger Ordnungswidrigkeiten 

Trotz dieser Zustände meldet das Ordnungsamt, dass Einsätze wegen Ordnungswidrigkeiten an Seen im Vergleich zum Vorjahr unverändert hoch seien, sich aber verlagert hätten: „In der Vergangenheit hatten wir häufig am Waldbad Templin Einsätze bei Verstößen im ruhenden Verkehr“, sagt Juliane Güldner. „Diese Probleme sind durch Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Bereich Verkehrsanlagen und der Unteren Straßenverkehrsbehörde entschärft worden.“ Insgesamt gab es im Zeitraum zwischen dem ersten Juni und dem 27. August 32 Beschwerden wegen Falschparkens und offenem Feuer an den Seen.

Unmut gibt es auch immer wieder wegen Müll: Nicht nur am Baggersee am Stern türmten sich nach dem Wochenende oft die Abfälle, auch im Park Babelsberg und im Neuen Garten hatte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten häufig mit Wildbadern und deren Hinterlassenschaften zu kämpfen. Dazu kam der Streit um das Strandbad Babelsberg: Gegen die in diesem Jahr begonnene Verkleinerung des Strandbades gab es zahlreiche Proteste von Anwohnern, die unter anderem die Kosten und den Mangel an offiziellen Badestellen in Potsdam kritisierten. Die Stiftung möchte auf dem Areal des Strandbades einen historischen Rundweg anlegen.

Ärger mit Müll auch in den Parks 

Aufgrund der starken Nutzung der Potsdamer Gewässer mahnte die Stadt Anfang August zu mehr Rücksicht seitens der Badegäste und Wassersportler gegenüber Tieren und Pflanzen: „Für die Potsdamer Seen und die Havel gilt es beim Baden, bei Bootstouren und anderen wassersportlichen Aktivitäten unbedingt, dies mit Abstand vom Schilfgürtel und ohne das Durchfahren bzw. Durchqueren der Seerosenteppiche zu tun“, hieß es in einer Pressemitteilung. Mehr als die Hälfte des Potsdamer Stadtgebietes liegt in Naturschutzgebieten und Landschaftsschutzgebieten.

Köpper in Kiebitzberge, Kleinmachnow.
Köpper in Kiebitzberge, Kleinmachnow.

© Manfred Thomas / Tsp

Dazu gehört auch der Sacrower See, wo Ordnungsamt und Polizei an den August-Wochenenden verstärkt Kontrollen durchführten. Wegen der verhältnismäßig geringen Ausdehnung des Sees ist dieser sehr empfindlich, der Uferweg darf daher nicht verlassen und der See nicht mit Wasserfahrzeugen wie Kajaks, Flößen oder Stand-Up-Paddling-Boards befahren werden. Auch Campen, offenes Feuer und laute Musik sind verboten. „Die Landeshauptstadt Potsdam bittet dringend darum, lediglich die drei geduldeten Badestellen am See zu nutzen“, hieß es dazu in der Pressemitteilung.

Partyboote erfreuen sich wachsender Beliebtheit 

Die DRK-Wasserwacht Potsdam beobachtete in diesem Jahr viele leichtsinnige Badegäste: „Uns ist aufgefallen, dass Schwimmerinnen und Schwimmer leichtsinnigerweise überall in der Havel geschwommen sind und Schifffahrtszeichen missachteten“, sagt Fabian Lamster. „Wenn sie quer über die Fahrrinne schwimmen sowie von Brücken oder Dampferanlagestellen springen, können sie sich und andere in große Gefahr bringen.“ Insgesamt musste die Wasserwacht in diesem Jahr 51 Mal zu Personensuchen, Bootsbergungen und Taucheinsätzen ausrücken, sieben Mal davon im August.

Ebenfalls aufgefallen ist der Wasserwacht, dass viele Menschen ihre Privatfeiern aufs Wasser verlegt haben: „Aufgrund der Corona-Pandemie sind in diesem Sommer generell mehr Boote auf Potsdams Gewässern unterwegs gewesen, also auch mehr sogenannte Partyboote, bei denen die Wasserwacht aber nicht weiter eingreifen brauchte“, so Lamster.

Auch bei der Wasserschutzpolizei sind deswegen nicht mehr Anzeigen eingegangen: „Über den allgemeinen Anstieg im Sportboot- und Vermietungsverkehr hinaus sind objektiv keine vermehrten Feststellungen zu Ruhestörungen bzw. Privat-Partys auf Booten festzustellen gewesen“, sagt Polizeisprecher Heiko Schmidt.

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