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Dritter Havelübergang in Potsdam: Ises könnte Flottenneubau verhindern

Flottenchef Jan Lehmann übt Kritik an den Plänen für eine innerstädtische Entlastungsstraße, denn damit wäre der Flottenneubau am Neptunbassin vor dem Aus. Die CDU dagegen will den Beschluss zum Neptunbassin kippen.

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Die neu entfachte Debatte über einen dritten Havelübergang hat womöglich Auswirkungen auf den geplanten Neubau der Weissen Flotte im Lustgarten. Flottenchef Jan Lehmann sagte den PNN am Freitagabend auf Anfrage, würden die alten Planungen für die sogenannte innerstädtische Entlastungsstraße (Ises) umgesetzt, könne der Flottenneubau mit Restaurant und Verwaltungstrakt weder wie geplant am Neptunbassin errichtet werden noch am Bahndamm. Letzteres fordern die Kritiker des umstrittenen, winkelförmigen Gebäudes, das der Potsdamer Architekt Karl-Heinz Winkens entworfen hat. „Sollte die sogenannte Stummel-Ises gebaut werden, ist der Lustgarten in jeglicher Hinsicht zerpflückt“, so Lehmann.

Grund für die Debatte ist das Aus für die umstrittene Havelspange als Verknüpfung der Bundesstraßen 1 und 2 über den Templiner See. Brandenburgs Infrastrukturministerium hatte das Projekt wie berichtet endgültig gekippt. Potsdams CDU und SPD hatten daraufhin erneut für einen dritten Havelübergang plädiert und die Stummel-Ises ins Spiel gebracht, die vom Hauptbahnhof entlang der Bahnstrecke durch den Lustgarten bis zur Dortustraße führen würde. Lehmann übte Kritik an dem Vorstoß. Beide Parteien hätten für den Flottenneubau gestimmt, torpedierten das Projekt nun aber erneut durch die Diskussion über die Ises.

Allerdings wird der Flottenneubau die Stadtverordneten wohl ohnehin abermals beschäftigen. Auf einem Stadtparteitag der CDU am Donnerstagabend verdonnerte die Parteibasis die sechsköpfige Stadtfraktion dazu, sich „auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass der Stadtverordnetenbeschluss zum Flotten-Neubau revidiert wird“. Gefordert hatte das Wieland Niekisch vom CDU-Stadtverband Potsdam-West. „Vor allem kulturhistorische und verkehrstechnische Argumente sprechen gegen den Neubau“, begründete Niekisch seinen Vorstoß und fügte hinzu: „Es geht um eine wirtschaftliche und architektonische Lösung, die der Weissen Flotte, dem Stadtbild und dem Lustgarten-Ensemble nutzt.“

Dass dies mit dem geplanten Neubau nicht zu erreichen sei, hatten vor der entscheidenden Abstimmung im Stadtparlament zahlreiche Experten und Initiativen erklärt. Besonders vehement hatten sich die Bürgerinitiative Mitteschön und der Förderverein zum Wiederaufbau des Neptunbeckens gegen den Entwurf ausgesprochen und für Alternativen starkgemacht. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister hatte sich der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL), Klaus-Henning von Krosigk, besorgt über die „drohende Zerstörung des Ensembles Stadtschloss-Lustgarten“ gezeigt. Landtagsschloss-Architekt Peter Kulka hatte den Flotten-Neubau als „Unding“ kritisiert.

Auch in den einzelnen Ortsverbänden der Potsdamer CDU lehnten die Mitglieder den Winkens-Entwurf ab und wurden vom Abstimmungsverhalten ihrer Fraktion überrascht. Niekisch kommentierte das gegenüber den PNN diplomatisch: „Man kann einer Fraktion nicht befehlen, wie sie abzustimmen hat.“ Auch Potsdams CDU-Chefin Katherina Reiche weiß um die vermeintlichen Zwänge der Fraktion, die im Stadtparlament mit der SPD, der FDP und den Grünen kooperiert. Vor diesem Hintergrund treffe die Fraktion mitunter Entscheidungen, die die Basis anders sehe. Das Bauvorhaben im Lustgarten mit seinem engen Bezug zum wiederaufgebauten Stadtschloss ist der CDU-Basis indes zu bedeutend, als den Beschluss des umstrittenen Neubaus zu akzeptieren. „Wir haben klar den Auftrag formuliert, alles für eine bessere Lösung zu tun“, sagte Niekisch.

Lehmann von der Weissen Flotte kritisierte die CDU scharf für ihren Vorstoß. Sein Unternehmen solle aus dem Lustgarten vertrieben werden, klagte er und verwies auf die siebenjährigen Bemühungen um das Baurecht für einen Neubau.

Ob sich im Falle eines CDU-Antrags eine Mehrheit gegen den Flottenneubau findet, ist offen. SPD-Fraktionschef Mike Schubert sagte lediglich: „Wenn es einen Antrag gibt, werden wir uns damit befassen.“ Die SPD hatte zuletzt uneinheitlich abgestimmt.

Für Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg bleibt gegenwärtig ohnehin das Gespräch der Stadt mit dem Architektur-Büro Dietz-Joppien abzuwarten. Das Architekten-Paar hatte gewarnt, dass mit einer Bebauung des Neptunbeckens Urheberrechte verletzt würden, die sich durch die Gestaltung des Lustgartens nach Entwürfen von Dietz-Joppien ergeben. Wenn sich aus dem Gespräch Handlungsbedarf ergeben würde, müsse laut Scharfenberg eine neue „konsens- und tragfähige Variante“ gefunden werden.

Der Architekt Günter Vandenherz schlägt indes als permanenten Bau der Weissen Flotte einen kreisrunden Pavillon vor – „eine Form, die in sich geschlossen und umlaufbar ist und nicht konkurriert mit dem Stadtschloss“. Vandenherz sieht diesen Pavillon direkt auf einer Freifläche zwischen dem Hotel Mercure, der Langen Brücke und der Havel. Der zweistöckige Bau mit einem Durchmesser von 20 Metern kann sofort gebaut werden, der Platz ist da, so Vandenherz, „aber die wahre Attraktivität entsteht erst, wenn das Hotel weg ist – ich baue ja für die Zukunft“. Im Obergeschoss bringt Vandenherz ein Restaurant mit 100 Plätzen plus 50 Plätze auf einer Terrasse unter, im Erdgeschoss Ticketschalter sowie Toiletten. Ihre Büros müsse die Flotte außerhalb des Lustgartens haben, so Vandenherz.

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