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Die Baustelle der Garnisonkirche.

© Foto; Varvara Smirnova

Diskussionsveranstaltung: Keine Annäherung beim Thema Garnisonkirche

In der Berliner Akademie der Künste trafen am Mittwochabend Gegner und Befürworter der Potsdamer Garnisonkirche aufeinander.

Potsdam - Warum diese Diskussion mitten im Herzen Berlins führen, vis-à-vis vom Brandenburger Tor, also an einem derart prominenten Ort, aber fern von Potsdam? Die Debatte um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirchturms sei ein „Streit von nationaler Bedeutung“, sagte der Moderator des Abends Matthias Sauerbruch. Und genau darum sei man heute hier in der Akademie der Künste am Pariser Platz zusammengekommen, um über dieses umstrittene Potsdamer Kirchenbauprojekt zu reden, erklärte der Architekt gleich zu Beginn der Diskussion am Mittwochabend. Sauerbruch hatte teils prominente Fürsprecher und Gegner des Wiederaufbauvorhabens um sich versammelt.

Und natürlich stand am Ende der knapp dreistündigen Veranstaltung nicht ein Konsens. Daumen hoch oder runter für die Garnisonkirche – die Fronten blieben unverrückt. Aber es schimmerte auch Verständnis für den jeweils anderen durch. „Ich habe Respekt für die andere Meinung“, bekannte Wiederaufbaubefürworterin und Grünen-Stadtverordnete Saskia Hüneke. Selbst Wolfgang Huber, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, der sich seit Langem für den Wiederaufbau stark macht, verriet am Mittwochabend in seinem Eingangsstatement, er habe sich vor vielen Jahren zunächst „nur zögernd auf dieses Vorhaben“ des Wiederaufbaus eingelassen.

Es habe viel zu lange gedauert, bis das Glockenspiel abgestellt wurde

Philipp Oswalt, Architekturprofessor aus Kassel, hingegen kann sich nach wie vor nicht mit dem gestarteten Wiederaufbau anfreunden. „Für mich ist es ein Problem, dass die Kirche rekonstruiert werden soll“, sagte Oswalt. Er erinnerte daran, dass die Garnisonkirche nicht nur am sogenannten Tag von Potsdam 1933 bei der Inthronisierung der Nazidiktatur eine bedeutende Rolle gespielt habe, sondern sich auch in den Jahren zuvor hier radikale Kräfte versammelt hätten.

Oswalt hatte vor einigen Monaten einen Offenen Brief initiiert, der Auslöser einer Debatte über das Glockenspiel mit seinen umstrittenen Inschriften auf der benachbarten Plantage war. In der Akademie der Künste bedauerte Oswalt am Mittwochabend, dass es so viele Jahre gedauert habe, bis „dieses elende Glockenspiel abgestellt“ wurde. Hüneke, Anfang der 1990er-Jahre Potsdamer Kulturstadträtin, erinnerte in diesem Zusammenhang jedoch daran, dass die Verantwortlichen in der Stadt die Bedeutung der jüngst scharf kritisierten militaristischen Inschriften nicht erkannt hätten, als vor nunmehr bald 30 Jahren das Glockenspiel in Potsdam aufgebaut wurde.

Zu wenig Bruch mit der Vergangenheit

Doch Oswalt kritisierte vor allem auch, das ganze Kirchenbauprojekt lasse seiner Ansicht nach zu wenig den Bruch mit der Vergangenheit erkennen. Der Evangelischen Kirche warf der Architekt dabei sogar „moralische Geldwäsche“ vor. Denn die Stiftung Garnisonkirche habe zwar das von dem radikalisierten Ex-Oberstleutnant Max Klaar gesammelte Geld, das für die Garnisonkirche bestimmt war, nicht angenommen. Klaar habe das Geld jedoch anderen kirchlichen Bauprojekten zur Verfügung gestellt. Und die Evangelische Landeskirche wiederum unterstütze die Garnisonkirche mit einem Kredit.

Hildegard Rugenstein, Pastorin der Französisch-Reformierten Gemeinde in Potsdam und zugleich eine ausgewiesene Kritikerin des Wiederaufbaugeschehens am früheren Standort der Garnisonkirche, bezeichnete den im Bau befindlichen Turm in der Diskussion am Mittwoch als Monster. Diese Zuschreibung beziehe sich aber nur auf die architektonische Wirkung des zunächst als Solitär geplanten knapp 90 Meter hohen Bauwerks. Rugenstein sprach sich für einen Baustopp aus. Der frühere Brandenburger Landeskonservator Detlef Karg sagte, er verstehe nicht, wenn ein Architekt kundtue, „innen baue ich modern, aber außen baue ich alt“. Der neue Turm soll bekanntlich außen originalgetreu und innen modern errichtet werden.

Architektonischer Bruch sein notwendig

Zur grundsätzlichen Kritik an Rekonstruktionen verlorener Bauwerke verwies Thomas Albrecht, Architekt des im Bau befindlichen Garnisonkirchenturms, auf das Beispiel des Markusturms in Venedig, der Anfang des 20. Jahrhunderts eingestürzt war. Auch dort habe man sich damals zu einer historischen Rekonstruktion entschlossen.

Dass es nach dem Willen der Evangelischen Kirche hingegen keinen originalgetreuen Wiederaufbau auch des Garnisonkirchenschiffs geben werde, machte Altbischof Huber in der Diskussion deutlich. „Ohne einen klaren architektonischen Bruch wird es das Kirchenschiff nicht geben“, sagte der Geistliche. Und überhaupt werde es um den etwaigen Bau des Kirchenschiffs erst dann gehen können, wenn eine vernünftige Nutzung dafür gefunden sei. Auf die Kritik, man könne den Turm der Garnisonkirche wegen der geschichtlichen Belastung des Bauwerks nicht äußerlich originalgetreu aufbauen, entgegnete Huber, es seien doch immer Menschen und nicht Häuser, von denen Untaten ausgehen. „Menschen machen den Wahnsinn, nicht Gebäude“, sagte Huber. Vorsichtig deutete der Kirchenmann in seinem Schlusswort am Mittwoch zudem an, es könne am neuen Kirchturm – über den Einbau erhalten gebliebener historischer Fragmente hinaus – künftig womöglich etwas Weiteres geben „was im Ausdruck dieses Gebäudes den Unterschied klarer markiert“, also äußerlich sichtbar werden lässt, dass es nicht der originale Kirchturm ist. Darüber müsse man zunächst noch diskutieren. Huber betonte, dass der neue Turm mit seiner darin geplanten Friedensarbeit „eine ganz andere Sprache spricht, als die Sprache der Vergangenheit“.

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