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Werder (Havel) ist ein naturnaher Ort. Ein Klimaschutzkonzept für die wachsende Stadt gibt es bislang allerdings nicht.

© Enrico Bellin

Diskussionsabend im Scala: Wer regiert künftig in Werder?

Am 12. Juni ist Bürgermeister:innen-Wahl. Die fünf Kandidierenden trafen bei einem Talk aufeinander – vor mehr als 200 Gästen.

Werder (Havel) - Dass Politik keinen interessiert, kann man nach einem Besuch beim Diskussionsabend mit den Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten in Werder (Havel) am Dienstagabend nicht gerade behaupten. Die rund 200 Plätze im Saal des Scala-Kulturpalastes waren voll besetzt. Viele Besucherinnen und Besucher mussten sich in den Gängen auf den Boden setzen.

Die amtierende Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU), Anja Spiegel (SPD), Timo Ritter (Linke), Marlon Deter (AfD) und Anika Lorentz (parteiunabhängig) haben sich auf der Bühne Fragen zu den Themen Klima, Energie und Umwelt, Teilhabe und Weltoffenheit sowie Bildung, Jugend und Wohnen gestellt. Am 12. Juni wird in Werder gewählt.

Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU).
Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU).

© Andreas Klaer

Eingeladen zum Talk hatten das Aktionsbündnis Weltoffenes Werder und die Klimainitiative Werder. Die Initiatoren hatten drei Themenblöcke vorbereitet. Im Anschluss an jeden Block konnte das Publikum Fragen stellen.

Bürgermeisterin löst Raunen im Publikum aus

Warum hat Werder kein Klimaschutzkonzept? Um diese Frage ging es zu Beginn. Bürgermeisterin Manuela Saß, seit acht Jahren im Amt, befand, solche Konzepte lägen doch meist eh nur in der Schublade. Werder habe in den vergangenen Jahren viel getan in Sachen Klimaschutz: LED für die Straßenbeleuchtung, Blühwiesen und Tagungen der Verwaltung im digitalen Sitzungsdienst, sagte die CDU-Politikerin. Ihr Satz: „Das Klima wird nicht in Werder gemacht“, löste jedoch ein Raunen im Publikum aus.

Anika Lorentz, die von den Grünen und dem Verein StadtMitGestalter unterstützt wird, mahnte, Photovoltaikanlagen gehörten auf alle öffentlichen Gebäude. „Wenn wir jetzt nicht damit anfangen, dann hinterlassen wir unseren Kindern eine wasserarme, wenig grüne Gegend“, sagte sie.

Dass Photovoltaikanlagen auf jedes Dach gehören, sah auch AfD-Mann Marlon Deter so – aber manche Dächer seien dafür gar nicht gemacht, sagte er. Klima sei als Thema im Trend, aber der Klimaschutz brauche Zeit. Das schienen im Publikum viele anders zu sehen.

Marlon Deter tritt für die AfD an.
Marlon Deter tritt für die AfD an.

© promo

Anja Spiegel (SPD) forderte, Klimaschutz mit Umwelt- und Artenschutz zusammenzudenken. Biomasse, die eh anfalle, müsse dringend für mehr Wärmegewinnung genutzt werden. „Ich bin mir sicher, dass bei Herbstreith & Fox eine ganze Menge Wärme anfällt“, sagte sie mit Blick auf das Lebensmittelindustrieunternehmen aus Werder. Es sei wichtig, neue Gebäude so zu bauen, dass sie für verschiedene Zwecke genutzt werden könnten.

Für Timo Ritter von den Linken ist mit Blick auf den Klimaschutz der Fahrradverkehr in Werder ausbaufähig. „Wir brauchen erstmal ein geschlossenes Radwegenetz, damit wir über die Ortsteile – ohne über die Straße zu müssen – sicher zum Ziel kommen“, sagte er. 

Timo Ritter kandidiert für die Linken.
Timo Ritter kandidiert für die Linken.

© promo

AfD-Politiker Deter – selbst Autofahrer – sorgte sich hingegen darum, dass die Autofahrer von der Straße „gefegt“ werden. Das wolle er nicht. Die parteiunabhängige Kandidatin Lorentz wiederum konterte: „Ich möchte nicht, dass Autofahrer weitere Fahrradfahrer von der Straße fegen.“

Anika Lorentz.
Anika Lorentz.

©  promo

SPD-Politikerin Spiegel bekam große Zustimmung aus dem Publikum, als sie die aus ihrer Sicht größte Problemstelle im Stadtverkehr ansprach: Vor den Türen des Kulturpalastes auf der Eisenbahnstraße gerate sie mit ihrem E-Roller durch die zugeparkte Straße immer wieder in gefährliche Situationen. Ihre Forderung nach einem Parkverbot an dieser Stelle erntete Applaus.

Beim Thema Windräder waren sich alle Bewerber einig: Man braucht sie – aber wo? Saß wolle sie „nicht in einem Naherholungsort“ wie Werder. Deter sagte, sie gehörten dahin, wo sie keinen stören. Wo das ist, ließ er wie auch die anderen Kandidaten offen.

Anja Spiegel (SPD).
Anja Spiegel (SPD).

© Ottmar Winter

Eindeutige Worte zum Thema Rassismus

Im zweiten Themenblock Teilhabe und Weltoffenheit sagte SPD-Frau Spiegel, es sei wichtig, Fördergelder für Vereine besser zu verteilen. Sie sei stolz auf das zivilgesellschaftliche Engagement für Geflüchtete aus der Ukraine. Bürgermeisterin Saß äußerte sich ganz ähnlich. Weltoffenheit habe Werder schon immer ausgezeichnet. Die Initiative müsse aber aus der Bevölkerung kommen und könne nicht von der Politik verordnet werden. Das fand auch Lorentz, jedoch sei das, was die Verwaltung gerade mache, „nachzügliches Handeln“, sagte sie. „Wir brauchen ein Flüchtlingsmanagement.“ Aber eines, das nicht nur sporadisch sei, sondern eine „dauerhafte Linie“.

Ritter sagte, die Stadt könne jene Privatpersonen, die Ukrainer aufgenommen hätten, besser unterstützen. „Hilfsangebote für Helfer“ seien wichtig. Zum Thema Rassismus in der Stadt fanden die Kandidaten dann eindeutige Worte: Wer rassistisch beleidige, der sei „dumm und doof“, so Saß. Ritter ergänzte: „Dass Rassismus genauso scheiße ist wie Krieg, da sind wir uns alle einig.“

Es gab viel Redebedarf: Auch nach zwei Stunden Diskussion landeten noch Zettel mit Fragen aus dem Publikum beim Moderator. Viele der Besucher blieben nach einer Pause für die Verlängerung, die fast bis 22 Uhr dauerte. Eine Favoritin oder einen Favorit für das Amt gab es den Reaktionen des Publikums nach zu urteilen jedoch nicht.

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