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Das Klinikum "Ernst von Bergmann" am Sonntag

© Andreas Klaer

Die Corona-Lage am Sonntag in Potsdam: Klinik-Hilferuf stößt auf Resonanz

In Potsdam infizieren sich immer mehr Menschen mit dem Coronavirus. Ein Hilferuf der beiden Krankenhäuser bleibt allerdings nicht ungehört. Irritationen gibt es wegen falsch dargestellter Infektionszahlen auf der Seite des Robert-Koch-Instituts.

Potsdam - Kurz vor Weihnachten und trotz aller Beschränkungen muss das Gesundheitsamt weiter neue Höchststände bei der Zahl der neuen Corona-Infektionen in Potsdam melden. Angesichts der dadurch absehbar steigenden Patientenzahlen haben sich die beiden Potsdamer Krankenhäuser zu einem gemeinsamen Hilfeaufruf entschlossen – der am Wochenende bereits für viel Resonanz sorgte.

Hohe Inzidenz von mehr als 230

Das Rathaus meldete am Sonntagvormittag auf seiner Internetseite eine Sieben-Tage-Inzidenz von 237,9 Fällen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. Am Freitag lag dieser Wert noch bei 206, vor einer Woche bei 146, vor einem Monat bei 118. Konkret meldete das Gesundheitsamt am Sonntag 36 und am Samstag 90 neue Fälle. Das waren 57 Corona-Infektionen mehr als am vergangenen Wochenende. Knapp 1300 Potsdamer befinden sich aktuell in Quarantäne.
In dieser Lage haben Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), das kommunale Bergmann-Klinikum und das von den katholischen Alexianern geführte St. Josefs Krankenhaus die Bevölkerung eindringlich um Unterstützung bei der Behandlung von Corona-Patienten gebeten. „Wir stehen aktuell vor einer der schwierigsten Situationen der vergangenen Jahrzehnte“, heißt es in einem gemeinsamen Aufruf der Kliniken im Internet, für den die Stadt Potsdam am Samstag warb. In den Kliniken und Gesundheitsämtern würde „täglich rund um die Uhr Übermenschliches“ geleistet, „um in dieser schwierigen Phase der Coronavirus-Pandemie zu helfen und Leben zu retten“. Doch die Kräfte der Kollegen würden „schwinden“. Gesucht würden nun Helfer, Studierende der Medizin, ausgebildete Pflegekräfte, Notfallsanitäter und Rettungsassistenten, „die sich mit uns gegen das Coronavirus stellen“. Das könne ehrenamtlich, auf Honorarbasis und in Festanstellung passieren, sowohl kurz- als auch langfristig. Und weiter hieß es: „Jede helfende Hand wird gebraucht“ – sei es bei der Pflege, beim Service, bei der Logistik oder Entsorgung sowie auf den Covid-Stationen. Der Aufruf wurde hundertfach in sozialen Netzwerken geteilt.

Erste Helfer schon gefunden

Ein Alexianer-Sprecher sagte den PNN am Sonntagmittag, die Resonanz sei groß. „Aktuell haben sich bereits über 30 Freiwillige gemeldet, die uns unterstützen möchten.“ Viele würden gerne auch über die Feiertage helfen – oder neben der hauptberuflichen Tätigkeit. „Das ist ein deutliches Zeichen der Solidarität.“ Weiter sagte der Sprecher: „Wir sind sehr dankbar und beginnen morgen mit den konkreten Einsatzplanungen.“ Auch vom Klinikum hieß es: „Die ersten eingetroffenen Bewerbungen zeigen uns, dass der Aufruf auf positive Resonanz stößt.“

Mehr als 80 Patienten in den Kliniken

Die Lage in den Kliniken ist weiterhin äußerst angespannt: So wurden in den beiden Krankenhäusern am Sonntag 81 Patienten wegen Corona-Erkrankungen behandelt, 17 davon auf einer Intensivstation. Am Samstag waren es noch 87, am Freitag waren es 83, am Donnerstag 79. Potsdam hatte am Freitag einen sogenannten Massenanfall von Erkrankten ausgerufen, auch bekannt als Großschadensereignis. Damit können die notwendigen Einsatzkräfte und die Koordinierung der Versorgung besser gesteuert werden, es ist die letzte Stufe vor dem Katastrophenfall. OB Schubert rechnet noch mit einer Verschlimmerung der Lage. „Die aktuelle Situation in den Krankenhäusern ist nur der Blick in den Rückspiegel. Wir haben jetzt so viele aktuelle Neuinfektionen, dass es tatsächlich sehr eng wird“, sagte er in einem Interview mit der „Märkischen Allgemeinen“. Er schlug vor, dass Sanitätskräfte der Bundeswehr aus Berlin in Brandenburg helfen.

Das St.-Josefs-Krankenhaus in Potsdam am Sonntag
Das St.-Josefs-Krankenhaus in Potsdam am Sonntag

© Andreas Klaer

RKI-Darstellung mit falschen Zahlen

Für Irritationen sorgt unterdessen die aktuelle Darstellung der Infektionszahlen in der Landeshauptstadt durch das Robert-Koch-Institut. Auf dessen Deutschlandkarte zu den übermittelten Corona-Infektionen je Kommune hatte Potsdam am Sonntag lediglich eine Inzidenz von 28,8. Gelistet wurden auch nur 2082 Fälle, tatsächlich sind es laut Gesundheitsamt aber 2809.

Solche Diskrepanzen gibt es schon seit Tagen – was auch dazu führt, dass auf der deutschlandweiten Überblickskarte des RKI die Stadt Potsdam als gelber Fleck angezeigt wird, mit scheinbar deutlich niedrigeren Werten als andere Kommunen. Woran das liegt, ist unklar. Eine Stadtsprecherin sagte den PNN, die Daten würden regulär gemeldet. Eine RKI-Sprecherin sagte den PNN bereits Ende vergangener Woche, man könne die Differenz nicht kommentieren. Solche Diskrepanzen könnten verschiedene Ursachen haben – etwa durch einen sogenannten Übermittlungsverzug, zum Beispiel „wenn das Gesundheitsamt bereits Fälle an die zuständige Landesbehörde übermittelt hat, diese aber noch nicht vom Land an das RKI übermittelt worden sind“. Die Daten würden automatisiert und elektronisch übermittelt. „Die anschließende Qualitätskontrolle kann dazu führen, dass Datensätze im Verlauf ergänzt oder korrigiert werden“, so die RKI-Sprecherin. Wann mit einer Korrektur der Potsdamer Werte zu rechnen ist, blieb ungesagt.

Hinweis: Interessierte, die in den Kliniken helfen wollen, können sich entweder per Mail an recruiting@klinikumevb.de oder wirfuerpotsdam@alexianer.de wenden.

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