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Puzzlespiel. Die Finanzierung der Kitas in Brandenburg durch Land, Kommunen, Träger und Eltern ist kompliziert. 

© Andreas Klaer

Diakonie-Direktorin Ursula Schoen im Interview: „Für die Eltern wird es teurer werden“

Diakonie-Direktorin Ursula Schoen über steigende Kitakosten und den Stopp der Rechtsreform in Brandenburg.

Frau Schoen, wie nimmt die Diakonie die Situation der Kitas im Land Brandenburg wahr?
Als Bildungsministerin Britta Ernst ankündigte, aus der Reform des Kitagesetzes auszusteigen, war das für uns ein richtiger Schock. Nicht nur bei uns als Landesverband der Diakonie, sondern auch bei unseren Trägern. Denn wir spüren jeden Tag die Mühen der Ebene des Kita-Alltags im Land Brandenburg. In der Finanzierung gibt es große Differenzen zwischen den Kommunen, dazu kommen unklare Zusagen seitens der Landespolitik. Offensichtlich besteht auch Uneinigkeit innerhalb der kommunalen Gremien in Brandenburg über den Ausstieg aus der Kita-Rechtsreform. Für uns ist das Engagement in Brandenburg sehr kleinteilig und sehr teuer: Wir müssen unsere Einrichtungen in den unterschiedlichsten kommunalen Kontexten und Strukturen beraten.

Ursula Schoen
Ursula Schoen

© Promo

Warum war das so ein Schock?
Wir alle haben viel Hoffnung darin gesetzt, dass durch die Kitareform eine Entlastung in der Finanzdebatte kommt und dass wir mehr Kraft in die Qualitätssicherung stecken können. Unsere Träger sind oft kleine Einrichtungen vor Ort, etwa auch Kirchengemeinden, wo die Verwaltung noch zu einem guten Teil ehrenamtlich geschieht. Die Zeit und die Kraft, die wir im Moment investieren, weil von Ort zu Ort unterschiedliche Rahmenbedingungen herrschen, würden wir gern anders nutzen – wenn die Rahmenbedingungen, unter denen die Kita-Arbeit in Berlin und Brandenburg läuft, neu und verbindlich definiert werden.

Was sind für Sie denn die Hauptsorgen im Bereich der Kita-Arbeit?
Ein wichtiges Thema ist das Krisenmanagement. Wir brauchen Klarheit, wenn jetzt die Preise steigen: Wer zahlt eigentlich das, was teurer wird? Die Kommune, das Land, die Eltern?

Glauben Sie, dass es so etwas wie Zuschläge für Eltern geben wird, also dass die Elternbeiträge teurer werden, wenn die Heizung der Gebäude teurer wird im Winter?
Ich glaube schon, dass die Eltern auch an den Preissteigerungen beteiligt werden. Das ist auf jeden Fall eine Frage, die im Raum stehen wird. Und ich glaube, der erste Punkt, an dem das eintritt, ist das Essensgeld. Das heißt, das wird teurer und dann müssen die Eltern mehr zahlen. Was für alle ein Problem wird: Denn wir erleben ja im Moment, dass nicht nur Menschen, die vom Bezug von Sozialhilfe abhängig sind, jetzt von den Preiserhöhungen betroffen sind, sondern auch Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Auch die werden belastet werden, auch die stehen in unserem Fokus.

Welche Lösungen gibt es denn für so ein Problem?
Uns ist es, gerade auch als Sozialverband, immer wieder wichtig, zu sagen, dass Menschen verlässlich rechnen können müssen. Und das betrifft alle Bereiche, neben der Kita etwa auch die Pflegekosten im Alter. Für uns ist das Kitarahmengesetz, das jetzt steckengeblieben ist, dabei eine Grundvoraussetzung. Wir wünschen uns dringend, dass alle positiven Zeichen der Kommunen aufgenommen werden und wir mit der Kitareform doch noch ein Stück weiterkommen, bevor sich das Jahr zum Ende neigt.

Was kann die Diakonie selber machen, um die Kosten klein zu halten? Sind die Kita- gebäude hinreichend gedämmt? Hat man hinreichend alternative Heizungen in den Gebäuden?
Die Investitionen in die Gebäude sind ein Dauerbrenner, das ist völlig klar. Und das ist ja auch Teil des Rahmengesetzes, dass verbindlich geklärt wird, was das Land beisteuern kann. Wir alle wissen, dass wir sparen können, aber dass wir dazu erst einmal die Gebäude technisch nachrüsten müssen. Und ich denke, es gibt gerade unter den diakonischen Trägern ein hohes Bewusstsein. Es gibt eine Verbindlichkeit in der diakonischen Welt, dass man sich bis 2035 im klimaneutralen Bereich bewegen möchte.

Haben Sie denn genug Nachwuchs bei Erzieherinnen und Erziehern?
Nein, im Gegenteil. Da brauchen wir in Brandenburg eine aktivere Bildungspolitik. Dazu gehört eine ganze Reihe von Maßnahmen. Zum Beispiel fordern wir eine breitere und gerechtere Förderung der Freiwilligendienste als wichtigen Einstieg in die Sozialen Berufe. Denn wir merken, dass FSJler, die bei der Diakonie waren, hinterher zu fast einem Drittel auch in eine im weitesten Sinne in eine soziale berufliche Ausbildung gehen. In Verbindung mit einer zeitgemäßen Integrationspolitik ist auch die vereinfachte Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse dringend notwendig. Insgesamt braucht es eine angemessene Förderung der Ausbildungsstrukturen: Es kann nicht sein, dass beispielsweise dringend benötigte Heilerziehungpfleger ihre Ausbildung selbst finanzieren müssen. Als diakonischer Praxispartner der Brandenburger Landespolitik entziehen wir uns unserer Verantwortung nicht und bringen unser Know-how aktiv auf allen Ebenen in den demokratischen Willensbildungsprozess ein.

Zur Person:

Ursula Schoen ist Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, zu dessen Mitgliedsorganisationen 463 Kitas in Berlin, Brandenburg und Sachsen gehören.

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