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Landeshauptstadt: Das zweite Ende von Klement Gottwald

Heute vor 20 Jahren wurde die Rückbenennung der Brandenburger Straße offiziell bekanntgegeben

Innenstadt - Blanker Unsinn war das. Darin sind sich Potsdams Historiker einig. Die Brandenburger Straße in Klement-Gottwald-Straße zu benennen, wurde „eben hingenommen“, sagt etwa Hartmut Knitter, „interessiert hat sich dafür aber nie jemand“. „Klement Gottwald hatte mit Potsdam überhaupt nichts zu tun“, ergänzt Klaus Arlt. Am 5. Januar 1990, heute vor 20 Jahren, war es dann offiziell. Der Unsinn würde rückgängig gemacht werden, die Straße ihren alten, angestammten Namen zurückerhalten.

Und den Anstoß dafür gaben die Leser des PNN-Vorläufers, der Brandenburgischen Neuesten Nachrichten (BNN). Deren damalige Lokalredakteurin Karin Markert hatte den Umbenennungsvorschlag unterbreitet und damit „rund 300 Leserzuschriften ausgelöst, die fast ausnahmslos den alten Namen für die heutige Fußgänger- und Einkaufsstraße zurückforderten“, wie es in einem BNN-Artikel vom 5. Januar 1990 heißt. Der damalige Rat der Stadt ließ etwas Zeit verstreichen, dankte dann artig den Lesern und beschloss, die Flaniermeile zurückzubenennen. Historisch gesehen, währte das Namenspatronat des tschechoslowakischen Stalinisten Gottwald nur kurz. „Mindestens seit 1749“, sagt Historiker Arlt, habe die Verbindung Brandenburgische oder Brandenburger Straße geheißen. Seit dem 20. Februar 1809 sogar amtlich. An jenem Tag erschien eine Publikation, in der Potsdams Innenstadt und die Vorstädte in zwölf Bezirke eingeteilt und die überlieferten Straßennamen bestätigt wurden. Die Schrift war eine Folge der Stein-Hardenbergschen Reformen und der in ihrem Kielwasser erlassenen preußische Städteordnung. Damit wurde auch die Namensgebung von Straßen obligatorisch.

Dann aber kam der 14. Juni 1955. Zwei Jahre zuvor hatte der tschechoslowakische Diktator Gottwald das Zeitliche gesegnet, in der DDR fand eine „Woche der deutsch-tschechoslowakischen Freundschaft“ statt. Dies war den hiesigen Parteioberen Anlass genug, dem Verblichenen in Potsdam mit einer prominenten Straßenbenennung zu huldigen. „Ein Politspektakel“, sagt Arlt.

Als die Wende die alten Götzen des Ostblocks vom Sockel fegte, fand auch Gottwald sein zweites Ende. Ohnehin hatte sich der sperrige Name nie richtig durchgesetzt. Die älteren Potsdamer seien auch zu DDR-Zeiten „weiterhin in die Brandenburger und zu Karstadt gegangen“, erzählt Historiker Knitter. Jüngere nannten die Straße gern Broadway.

Am 9. Februar 1990 ist es dann soweit. Das Orchester der Volkspolizei spielt unter der Leitung des Komponisten Gustav Büchsenschütz die Brandenburg-Hymne „Märkische Heide“, der BNN-Einladung zur Rückbenennung sind viele Potsdamer gefolgt. Als die Schilder symbolisch ausgetauscht werden, gibt es Beifall und „Bravo“-Rufe. Knitter macht rückblickend „Züge von Volksfeststimmung“ aus. Schließlich sei es eine der wichtigsten Straßenrückbenennungen in Potsdam gewesen, findet er. Die „Brandenburger“ sei eine der „uralten Straßen“ der Stadt, pflichtet Arlt bei. Er habe es damals „sehr warm begrüßt“, dass die Einkaufsmeile die historische Bezeichnung zurückerhielt. Andere Straßen sollten bald folgen. So wurde etwa die Kupferschmiedgasse wieder zur Ebräerstraße, die Wilhelm-Külz- zur Breiten und die Otto-Nuschke- zur Lindenstraße.

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