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Coffee to stay: Ein Besuch im Caffè Paradiso im Holländischen Viertel

Im Holländischen Viertel hat Antje Bider-Conrads das Caffè Paradiso eröffnet. Dort will sie ihre Leidenschaft für Italien und ihre Liebe zum Osten vereinen.

Potsdam - Wäre es möglich, dann würden wohl zwei Herzen in Antje Bidder-Conrads Brust schlagen. Eines für ihre Liebe zum Osten, eines für die zu Italien. Mit dem Caffè Paradiso im Holländischen Viertel hat sie beide Leidenschaften in einem Projekt vereint – und einen langgehegten Traum wahr gemacht.

Als Medienrechtsanwältin hat Bidder-Conrad unter anderem für das Medienboard Berlin-Brandenburg gearbeitet. Seit 2012 ist sie außerdem als Rechtsanwältin selbstständig. In Potsdam leben sie und ihre Familie – die 53-jährige Anwältin ist Mutter dreier Kinder – eine dreijährige Unterbrechung in Florenz eingerechnet nunmehr seit 20 Jahren. In der Hebbelstraße, in den Räumen des vormalig dort ansässigen Geschäfts Schoko-Kunst, hat Bidder-Conrad nun das Caffè Paradiso eröffnet und bietet italienische Snacks und Kaffeespezialitäten an.

Die deutsche Teilung war ein bestimmendes Thema

Ihre Leidenschaft für Italien und ihre Liebe zum Osten – beide haben ihren Ursprung in der Jugend. „Mein Vater war beim Bundesdeutschen Nachrichtendienst tätig, der damals noch ein rein westdeutscher Geheimdienst war“, sagt sie. Und auch wenn der Vater von seiner Arbeit nichts preisgeben durfte, so sei die deutsche Teilung ein bestimmendes Thema in seinem Leben gewesen. „Das hat mich beeinflusst.“ Sie interessierte sich für den Osten.

Als Mädchen lebt sie in München, im holländischen Den Haag und schließlich in Westberlin. In der geteilten Stadt erfährt sie die Grenze zu Ostdeutschland ganz konkret. „Wir konnten überall hin, nur eben nicht in Gebiete, die nur einige Straßen weiter lagen.“ Bidder-Conrad kann nicht, wie ihre Mitschüler, einfach mit dem Bus Richtung Österreich, als ihre Klasse eine Fahrt in ein Skigebiet macht. „Aufgrund der Tätigkeit meines Vaters war die Durchreise für unsere Familie einfach zu gefährlich.“ Sie fliegt dafür mit einer der alliierten Fluglinien nach München und steigt dort zu ihren Klassenkameraden in den Bus. „Das ist verrückt, wenn ich mich daran erinnere.“

Die Familie macht oft Urlaub in Italien. Vor allem in der Zeit, in der der Vater noch in München stationiert ist. Bereits damals entdeckt Bidder-Conrad ihre Leidenschaft für das „italienische Lebensgefühl“ und beschließt, einmal dort leben zu wollen. Den Traum von Italien behält sie sich, auch wenn die Trennung von Ost und West bei ihr eine Neugier hervorruft, die sie nach dem Studium in Bonn und nach dem Fall der Mauer erst einmal in den Berliner Prenzlauer Berg lockt.

Wenige Jahre später zieht sie mit ihrem Mann kurz vor der Hochzeit in ein Nachbargebäude der Villa Kellermann in die Berliner Vorstadt. Sie waren vor Ort, um ihr Hochzeitsfest zu planen, als sie den Aushang für eine Wohnung sahen. Der damalige Investor habe Probleme mit den anderen Mietern gehabt, sagt Bidder-Conrad. Schließlich hätten fast alle Wohnungen leer gestanden. „Zwei Wochen vor unserer Hochzeit zogen wir ein und hatten, trotz kleinem Budget, ein riesiges Haus am See – nur für uns. Auch wenn wir darin nur eine kleine Wohnung bezogen.“ Mit einem Lächeln erzählt Bidder-Conrad, wie sie Gäste im Sommer gern im Uferpavillon nahe der Villa bewirtete.

Ihr Traum vom Leben in Italien wird 2007 wahr, als ihr Mann eine Stelle am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz erhält. Die Familie zieht mit zwei Kindern und einem Neugeborenen in die Toskana. Bidder-Conrad nimmt drei Jahre Elternzeit, lernt Italienisch und lebt das Leben, das sie schon als Mädchen so faszinierte.

Sie begeistert sich für italienische Bars und den kurzen Kaffee – Caffè auf Italienisch. Ein Konzept, das sie als „Coffee to stay“ bezeichnet: Der Kaffee, für den man sich einige Minuten Zeit nimmt, um ihn vor Ort zu genießen und sich kurz, aber persönlich, auszutauschen.

Als sie 2010 mit Mann und Kindern zurück nach Potsdam kommt, raten ihr Freunde und Familie ab, sich von ihrem sicheren Job beim Medienboard zu trennen und den Sprung in die Gastronomie zu wagen. Es sollte noch bis zum November 2018 dauern, bis sich die Idee von dem italienischen „Caffè“ entwickelt und sie ihr Erspartes zusammenkratzt, um sie in die Realität umzusetzen. Das italienische Lebensgefühl nach Potsdam zu transportieren, das will sie mit der langen Theke schaffen. „Davor steht immer ein Hocker bereit, für den kurzen Kaffee zum Verweilen.“

Naima Wolfsperger

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