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Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) warnt vor Unterschriften für das Bürgerbegehren zum Erhalt von drei DDR-Bauten in der Potsdamer Mitte. Bei der Einweihung der Ringerkolonnaden neben dem Landtagsschloss fand er am Freitag deutliche Worte.

© A. Klaer

Bürgerbegehren zur Potsdamer Mitte: Gegenwind für Mitte-Skeptiker

Die Ziele des Bürgerbegehrens zum Erhalt von DDR-Bauten rund um den Alten Markt rufen immer mehr Kritik hervor. Oberbürgermeister Jann Jakobs ruft die Potsdamer dazu auf, das Anliegen nicht zu unterschreiben.

Potsdam - Mehr als 3300 Unterschriften haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen den Abriss von DDR-Bauten in der Potsdamer Mitte gesammelt – innerhalb einer Woche. Angesichts dessen melden sich nun immer mehr Kritiker zu Wort, die davor warnen, bei der von der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ initiierten Aktion zu unterschreiben, die sich gegen den Abriss des Mercure-Hotels, des Baus der Fachhochschule (FH) und des Wohnblocks Staudenhof wendet.

So sprach sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Freitag erneut gegen das Bürgerbegehren aus. In einer Rede neben dem Landtag anlässlich der abgeschlossenen Sanierung der Ringerkolonnaden forderte Jakobs die Potsdamer explizit auf, nicht zu unterschreiben – er sehe die Entwicklung der Mitte bedroht. Der Landtag, das Potsdam Museum und die Neubauten an der Alten Fahrt würden von vielen Potsdamern angenommen und hätten sich zu einer Attraktion für Touristen entwickelt. „So wollen wir weitermachen“, sagte er. Der Alte Markt sei längst nicht fertig.

Jakobs: Keine Fixierung auf das Historische

Mit Blick auf den ab Dezember 2017 geplanten Abriss des FH-Gebäudes sagte Jakobs, dass nun weitere Schritte auf ihre Realisierung warten. Man orientiere sich dabei am Leitbautenkonzept aus dem Jahr 2010 sowie weiteren Beschlüssen der Stadtverordneten. Dabei handele es sich keineswegs um eine Fixierung auf das Historische, weil die privaten Investoren neben den Gebäuden mit historisierenden Leitfassaden auch moderne Gebäude errichten sollten. Auch der Chef des Sanierungsträgers, Horst Müller-Zinsius, sagte, erst nach dem FH-Abriss werde ein lebendiges Innenstadtquartier entstehen. Gegenüber den PNN kritisierte er, den Initiatoren des Begehrens mangele es an einem Finanzierungskonzept für ihre Ideen, sie würden sich einzig auf den Einsatz öffentlicher Mittel verlassen. Auch Jakobs sagte, zwar sei tatsächlich der Einfluss der Stadt auf die Bebauung am Größten, wenn man selbst Bauherr sei. Allerdings würde ein Verzicht auf private Investoren die finanziellen Möglichkeiten der Stadt weit übersteigen.

Die Aktivisten von „Potsdamer Mitte neu denken“ fordern unter anderem, auf den geplanten Verkauf öffentlicher Grundstücke rund um den Alten Markt zu verzichten. Das marode FH-Gebäude – dessen Studenten ziehen 2017 in einen Neubau an der Pappelallee – soll als Ort für Stadtgesellschaft, Beteiligung und Integration weiterentwickelt werden.

Keine öffentlichen Mittel für Abriss der FH, des Staudenhofs und des Mercure-Hotels

Anlass des Bürgerbegehrens ist der Beschluss der Stadtverordneten, langfristig das Hotel Mercure zu kaufen, abzureißen und an dessen Stelle eine Wiese anzulegen. Das Votum steht unter Finanzierungsvorbehalt, ein entsprechendes Konzept soll bis Sommer feststehen. In dem Bürgerbegehren wird gefordert, für den Abriss des 16-Geschossers und der anderen beiden Gebäude dürften keine öffentlichen Mittel verwendet werden.

Nicht nur Jakobs sondern auch andere Stadtpolitiker meldeten sich zu Wort. Es sei schwer, Gründe für den Erhalt des FH-Gebäudes und des Staudenhof zu finden, teilte CDU-Fraktionschef Matthias Finken mit. Er warnte davor, die von demokratischen Mehrheiten in den vergangenen 25 Jahren getroffenen Entscheidungen zur Mitte auf den Kopf zu stellen. „Unter dem Deckmantel eines demokratischen Bürgerbegehrens soll die Uhr zurückgedreht werden.“ „Ob die Potsdamer dies wirklich ihrer Stadt und den kommenden Generationen antun wollen“, würden heute schon „besorgte Menschen aus ganz Deutschland“ nachfragen, erklärte Finken. Und: „Die aufwendige Sanierung desolater Bestandsbauten ist keine Lösung.“

"Gebaute Zeitzeugen der DDR-Zeit"

Dagegen machten sich Linke-Politiker erneut für das Bürgerbegehren stark. Die Landtagsabgeordnete Anita Tack sagte, ihr sei die Meinung der Bürger wichtig, „denn Stadtentwicklung ist vor allem Sozialpolitik“. Die drei umstrittenen Gebäude gehörten als „gebaute Zeitzeugen aus DDR- Zeit“ genauso zur Mitte wie die historischen Gebäude.

In dieser Woche hatten wie berichtet vier Architekturprofessoren der FH unter dem Motto „Kein Stillstand in der Potsdamer Mitte“ zehn Gründe gegen eine Unterschrift formuliert. Tack kritisierte, die Professoren sollten nicht so tun, als würden sie die Mehrheit der Potsdamer vertreten: „Der Andrang auf die Unterschriftenlisten zum Bürgerbegehren spricht eine andere Sprache.“ Linke-Kreischef Sascha Krämer sekundierte, um zu erfahren, „wie die Potsdamer ticken“, wolle seine Partei eine Bürgerbefragung. Die könnte kommen, wenn mehr als 14.000 Unterschriften gesammelt werden. Wenn dies gelingt, müssen sich die Stadtverordneten mit den Forderungen beschäftigen. Bei einer erwartungsgemäßen Ablehnung der Forderung nach einem Verkaufsstopp für Mitte-Flächen käme es darüber zu einem Bürgerentscheid. Nur wenn dann mehr als 25 Prozent aller stimmberechtigten Potsdamer – also rund 35 000 Personen – Ja ankreuzen und es dazu weniger Nein-Stimmen gibt, wäre der Entscheid erfolgreich. Und verbindlich.

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