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Die Stadtverordneten wollen die Tropenhalle in Potsdams Norden erhalten.

© Andreas Klaer

Update

Bornstedter Feld: Ein Bekenntnis zur Biosphäre

Die Biosphäre in Potsdam soll erhalten bleiben - als Freizeit- und Wissenschaftscenter. Doch wird das neue Konzept auch tragfähig sein?

Potsdam - Im jahrelangen Streit um die Zukunft der Biosphäre ist es ein Durchbruch: Die defizitäre Tropenhalle soll erhalten bleiben. Diesen erneuten Grundsatzbeschluss haben die Stadtverordneten am Mittwochabend gefasst – trotz Kritik an der Tragfähigkeit des geplanten Konzepts im Vorfeld.

In einer Machbarkeitsstudie soll nun zunächst bis Anfang nächsten Jahres untersucht werden, wie das Tropenhaus auf Grundlage der Konzeptidee „Biosphäre 2.0“ zu einer Art Freizeit- und Wissenschafts-Center weiterentwickelt werden kann. Nach ersten Schätzungen würde das wie berichtet 17 Millionen Euro kosten. Nach dem von ihm vorangetriebenen Beschluss teilte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) mit: „Ich bekenne mich ausdrücklich zu der innovativen Idee eines klima- und nachhaltigkeitsorientierten, didaktisch-interaktiven Science-Centers.“ Ein solches Projekt passe perfekt zur Stadt.

Wellnesszentrum neben der Tropenhalle geplant

Über Jahre hinweg haben die Stadtverordneten darüber gestritten, was aus dem einst etwa 31 Millionen Euro teuren Glas-Stahlbetonbau werden soll, der zur Bundesgartenschau 2001 errichtet worden war. Auch am Mittwoch wurde der Beschlusstext noch einmal überarbeitet: So setzte die CDU/ANW-Fraktion umfangreiche Änderungen durch, wonach es in dem Konzept auch Vorgaben für ein Wellnesszentrum neben der Halle geben soll, das für die Gäste des dort geplanten Tagungshotels gedacht ist – aber auch für die Öffentlichkeit. Das Hotel soll auch die Besucherzahlen in der Biosphäre erhöhen helfen. Man setzt darauf, dass viele Tagungsteilnehmer auch die Biosphäre besuchen.

Die Biosphäre selbst soll künftig weit mehr als nur eine Tropenhalle sein. So will man dort Klimazonen wie die Wüste und die Arktis oder Lebensräume wie die Ozeane für die Besucher erlebbar machen. Damit will die Stadt auch die Top-Themen wie den Klimawandel oder den Artenschutz in den Vordergrund rücken – die Biosphäre 2.0 soll also auch ein außerschulischer Lernort werden.

Forschungseinrichtungen wollen das Konzept unterstützen

Das findet auch den Beifall der hiesigen renommierten Wissenschaftseinrichtungen. Zahlreiche international herausragende Institute wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), das Alfred-Wegener-Institut (AWI), die Universität Potsdam oder das Geoforschungszentrum (GFZ) hätten sich in einem offiziellen Letter of Intent bereits einverstanden erklärt, Potsdam bei dem Vorhaben zu unterstützen, sagte Schubert.

Ein weiterer Bestandteil des Konzeptes ist die Entwicklung von Außenbereichen der Biosphäre, die in Teilen auch für die Bewohner des Bornstedter Felds zugänglich sein sollen. Dazu gehört beispielsweise die Schaffung von gemeinsamen Gardening-Flächen sowie gastronomischer Einrichtungen, was die CDU/ANW noch einmal gesondert im Beschlusstext verankern ließ. Ferner müsse die Organisation des zusätzlichen Verkehrs untersucht und auch eine Kooperation mit dem Naturkundemuseum geprüft werden, sagte CDU/ANW-Fraktionschef Matthias Finken. Auch eine Kooperation mit dem Mitmachmuseum Extavium war bereits erwogen worden. Auch eine Bürgerbeteiligung ist vorgesehen.

Betreiber- und Finanzierungskonzept soll geklärt werden

Ferner soll es in der Machbarkeitsstudie um ein tragfähiges Betreiber- und Finanzierungsmodell gehen – also darum, ob die Halle womöglich wieder privatisiert wird. Bekanntlich war sie das schon einmal – bis 2007 der damalige Betreiber, eine Tochter des Flebbe-Kinoimperiums, Insolvenz anmeldete. Die Stadt übernahm und zahlt seitdem jährliche Zuschüsse, die sich aktuell bei bis zu 1,4 Millionen Euro bewegen. Der Bund der Steuerzahler hatte die Biosphäre deshalb bereits mehrfach als Beispiel für Verschwendung öffentlicher Mittel gebrandmarkt.

Die Entscheidung, ob für das Projekt tatsächlich 17 Millionen Euro ausgegeben werden sollen, müssen die Stadtverordneten im nächsten Jahr separat entscheiden.

Abriss stand immer wieder zur Debatte

Das Konzept für ein Freizeit- und Wissenschafts-Center in der Biosphäre ist das Ergebnis eines Workshops, in dem Stadtverordnete und die auf Eventarchitektur spezialisierte Agentur Dan Pearlman die Rahmenidee entwickelt hatten. Daran hatte es allerdings auch viel Kritik gegeben – etwa vom Grünen-Kreisverband, der AfD, einigen CDU-Vertretern und SPD-Fraktionschef Pete Heuer, die allesamt vor unkalkulierbaren Mehrkosten für die Stadt warnten. Selbst ein Abriss wurde wieder ins Spiel gebracht.

Befürworter des neuen Modells sind optimistischer. Laut dem Grundkonzept soll – inklusive der per Kredit zu finanzierenden Investitionen und möglicher Fördermittel – der aktuelle städtische Zuschussbedarf auf rund 455 000 Euro pro Jahr mehr als halbiert werden. Zur Bilanzverbesserung wird mit einem Besucherstrom von 260 000 Gästen pro Jahr kalkuliert, jetzt sind es rund 110 000 weniger.

Offenbar wurden die Kritiker im Vorfeld der Stadtverordnetenversammlung überzeugt. Anstandslos übernahm Schubert die Änderungswünsche der Unionsfraktion, zugleich lobten etwa Linke und Die Andere die Grundidee. Nach den jahrelangen Diskussionen freute sich Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) über den Beschluss. Damit habe man „eine Grundlage zum Weiterarbeiten“.

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