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Landeshauptstadt: Blitz und Donner in der Wetterküche

Aristoteles schrieb das erste Buch über die Meteorologie – in Potsdam eröffnete das erste Wettermuseum

Teltower Vorstadt - Da braut sich was zusammen, heißt es so schön, wenn ein Unwetter donnernd aufzieht. Dabei gibt es jetzt tatsächlich eine Wetterküche in der es blitzt, donnert und sogar akustisch wahrnehmbar regnet.Der Potsdamer Telegrafenberg, auf dem seit 1893 meteorologische Daten gesammelt werden, ist Standort dieses weltweit wohl einzigartigen Museums. Eine Ausstellung für Entdecker über Entdecker – präsentiert wird die Geschichte der Meteorologie, darunter der Flug von Reinhard Süring mit einem Ballon, der beinahe tödlich geendet hätte.

Am 31. Juli 1901 hob Süring gemeinsam mit Arthur Berson im einem Freiluftballon vom Flugfeld Tempelhof ab und schaffte es bis in 10 800 Metern Höhe. Offiziell anerkannt wurden als Rekord aber nur zehn Kilometer, „weil die Tinte des Höhenmessers eingefroren war“, sagt Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe. Und, dass es für die beiden bei minus 31 Grad Celsius beinahe der Tod gewesen wäre, da sie ohnmächtig geworden sind. Berson habe die Reißleine gezogen, dadurch hätten beide überlebt. Ein Nachbau der Gondel steht in dem kleinen Museum, das mit Hilfe der Deutschen Stiftung Umwelt finanziert wurde.

Gerstengarbe, einer der Nachfolger Sürings am Potsdam-Institut für Klimafolgeforschung (PIK), führte gestern zur offiziellen Museumseröffnung die Besucher durch die Räume des alten Waschhauses, die auch von Schülern der Gesamtschule Peter Joseph Lenné gestaltet worden sind. Über ein Jahr beschäftigten sich die Schüler mit den Themen und erarbeiteten mit dem PIK das Ausstellungskonzept für die „Wetterküche“. Die Kooperation wurde durch ein erziehungswissenschaftliches Forschungsseminar der Universität begleitet. Als Credo der Schüler galt dabei, ein Museum zum Entdecken und Anfassen zu schaffen, sagte Lehrerin Anke Debertshäuser. Das haben sie geschafft: Interaktion statt purer Information, Überraschungen hinter jeder Tür.

Der Schreibtisch in dem nachgestellten Büro von Reinhard Süring ist allerdings nicht das Original, an dem der frühere Leiter der Station auf dem Telegrafenberg gearbeitet hat. Noch nicht. Denn der Wissenschaftler, der derzeit an dem historischen Holztisch sitzt, habe ihn nicht hergeben wollen, sagte Gerstengarbe. „Er geht aber nächstes Jahr in den Ruhestand.“ Die Aquarelle an der Wand entstammen dagegen dem Pinsel Sürings. Wolken sind darauf zu sehen – hinter jedem Bild ist eine moderne Fotografie sowie eine Erklärung der Wolkenformen angebracht.

Jann Jakobs zeigte sich begeistert von der Umsetzung des Konzeptes. So etwas brauche Potsdam, sagte der Oberbürgermeister. Die Einrichtung bietet vor allem jüngeren Besuchen Informationen rund um die Themen Wetter und Klima. Spannend sind die Stücke präsentiert, so fühlte sich Jakobs beim Abheben des Telefonhörers auf Sürings Schreibtisch beispielsweise wie Süring selbst – ein fiktiver Anruf tönt aus der Telefon-Muschel.

Lehrreiches gibt es allerorten in dem kleinen Haus: Eine Nachbildung des größten je gefundenen Hagelkorns in Handballgröße, die höchste je gemessene Schneehöhe angezeichnet auf einem Bild der Nikolaikirche und eine Heizplatte, mit der die höchste je gemessene Lufttemperatur demonstriert wird. Dazu steht Schülern künftig ein Bildungsserver mit allen wichtigen Daten zur Verfügung. Auch eine Zeitleiste mit den wichtigsten Stationen der Wetteraufzeichnungen und somit der Klimaforschung haben die Schüler geschaffen. Jedoch muss sie nun um die Jahreszahl 2007 erweitert werden. Denn nach dem ersten Lehrbuch von Aristoteles 350 vor Christus, der Erfindung des Thermometers durch Galilei 1592, dem ersten Zeitungswetterbericht 1860 in „The Times“, der Eröffnung des Potsdamer Observatoriums 1893 und dem ersten Wettersatelliten 1960 gibt es nun das erste Wettermuseum.

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