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Am 8. November 2019 wurde der repräsentative Holzbogen am Eingang der Matrosenstation „Kongsnæs“ beschädigt.

© privat/Archiv

Update

Bizarrer Streit ums Kongsnæs-Tor: Die Step will es nicht gewesen sein

Investor Linckersdorff wirft der Potsdamer Stadtentsorgung die „Vernichtung von Beweismitteln“ vor. Deren Versicherung bezweifelt, dass der Müllwagen das Tor kaputt gemacht hat.

Berliner Vorstadt - „Ich bin ein Opfer von Willkür“, sagt Michael Linckersdorff. Im November sei ein Müllfahrzeug der Stadtentsorgung (Step) in den Torbogen seines Grundstücks, der Matrosenstation Kongsnæs, gekracht. Doch die Step weigere sich, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Die Step verbreite Unwahrheiten und habe noch am Tag des Unfalls „Beweismittel vernichtet“, indem sie die Überreste des Holztores kurzerhand entsorgte. Und zwar „ohne meine Zustimmung“, sagt Linckersdorff entrüstet.

Im Polizeiprotokoll vom 8. November 2019, das den PNN vorliegt, heißt es, der Müllwagen habe das Tor beim Herausfahren „touchiert“, daraufhin „blieb der hölzerne Torbogen auf dem Dach des LKWs liegen“. Offenbar hat der Fahrer des Daimler-Lasters gegenüber der Polizei seine Schuld zugegeben.

Das Tor hatte laut Linckersdorff eine Stahlarmierung, die beim Unfall verbogen wurde.
Das Tor hatte laut Linckersdorff eine Stahlarmierung, die beim Unfall verbogen wurde.

© Christoph M. Kluge

"Möglicherweise holzzerstörende Pilze"

Doch seine Vorgesetzten tun sich damit schwer. Seit Wochen streitet Linckersdorff mit der Versicherung der Step, der Haftpflichtgemeinschaft Deutscher Nahverkehrs- und Versorgungsunternehmen (HDN). Die HDN beruft sich auf ein Gutachten der Dekra Saarbrücken. Darin heißt es, es könne „nicht geklärt werden, ob der Schaden durch ein Touchieren des Müllfahrzeugs mit dem Holzportal verursacht wurde“. Möglicherweise habe das Bauwerk „Schäden durch holzzerstörende Pilze“ gehabt und sei deshalb einfach umgefallen. Außerdem sei auf Fotos „kein Fundament erkennbar“, so die Dekra. Aus dem Gutachten geht allerdings auch hervor, dass sich der Gutachter nicht selbst vor Ort umgeschaut hat. 

"Dass Holz altert, ist klar", so Linckersdorff. Aber es sei stabil gewesen. 

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„Das ist eine Posse“, sagt Wolfram Seyfert, der als Projektentwickler für den Eigentümer zurzeit die Sanierung des Gebäudekomplexes leitet. „Der Torbogen wurde damals nach allen Regeln der baulichen Kunst errichtet und von Statikern geprüft“, sagt er. Dass es eine solche Prüfung gab, belegt auch ein Schreiben eines Potsdamer Ingenieurbüros vom März 2000, das den PNN vorliegt.

Einige Reste des Torbogens liegen auf dem Grundstück vor Ort. 
Einige Reste des Torbogens liegen auf dem Grundstück vor Ort. 

© Andreas Klaer

"Das Tor stand auf Original-Fundamenten"

Damals war Seyfert aber noch nicht zuständig. Der Torbogen wurde vom „Förderverein Kongsnæs e.V.“ errichtet. Auch der damalige Vereinsvorsitzende Volker Schneeweiß hat keinen Zweifel an der Stabilität des Konstrukts: „Das Tor stand auf Original-Fundamenten.“ Selbstverständlich sei der Schaden durch „Fahrlässigkeit“ verursacht worden: „Das Fahrzeug hatte dort nichts zu suchen.“ Der Förderverein hatte sich seit April 1996 für die denkmalgetreue Restaurierung der Gebäude eingesetzt. Das Ensemble im norwegischen Stil war Ende des 19. Jahrhunderts als Anlegestation für die Wasserfahrzeuge des preußischen Königshauses errichtet worden. Im Zweiten Weltkrieg brannte es bis auf die Grundmauern nieder. Nach dem Bau der Berliner Mauer lag ein Teil des Grundstücks im Sperrgebiet.

2000 ließ der Förderverein den Torbogen von einer norwegischen Tischlerei originalgetreu rekonstruieren. Doch der Wiederaufbau der gesamten Anlage nahm erst seit 2009 Gestalt an. Damals kaufte Linckersdorff das Anwesen von der Stadt Potsdam. Die Ventehalle am Ufer wurde dann erst im vergangenen Sommer fertiggestellt, in den anderen Gebäuden wird bis heute gebaut.

Michael Linckersdorff.
Michael Linckersdorff.

© Ottmar Winter

Schneeweiß hält die Zerstörung des Tors für einen Skandal. Persönlich wünscht er sich, dass es wiederaufgebaut wird. Doch der Förderverein habe sich inzwischen aufgelöst, es liege nun am Eigentümer, sagt Schneeweiß.

Auch der Architekt und Norwegen-Experte Lothar Wedhorn aus Berlin ist erschrocken über das Verhalten der Step. Im Jahr 2000 hatte er die geschnitzten Verzierungen professionell beurteilt. 

Die Konstruktion sei ein Zeugnis für die norwegische Architektur des 19. Jahrhunderts, die ihrerseits den mittelalterlichen Kirchenbau Skandinaviens und die Schiffbaukunst der Wikinger zitiert habe, schrieb Wedhorn damals. Die aufgerissenen Drachenmäuler hätten der nordischen Mythologie zufolge „die bösen Geister abschrecken“ und die Menschen beschützen sollen. Heute sei Wedhorn „fast 100“, sagte er den PNN. In seinem langen Leben habe er so viel in Norwegen gearbeitet, dass er das Land heute besser kenne als seine Heimat Berlin.

Wie kam das Fahrzeug schadlos hinein?

Offen bleibt bislang die Antwort auf die Frage, wie das Fahrzeug zwar schadlos hineinfuhr, aber beim Ausfahren das Tor einriss? Für Investor Linckersdorff ist der Fall klar: Der Step-Fahrer habe auf dem Hof die Mülltonne eingesammelt und danach vergessen, die Klappe des Lasters wieder zu schließen. Deshalb habe er den Bogen mit Durchfahrthöhe von 3,8 Meter beim Ausfahren mitgerissen. Fotos und Videos vom Ort des Geschehens scheinen diese Version zu bestätigen. Linckersdorff kündigte gegenüber den PNN rechtliche Schritte an. Der Eigentümer fordert 18 000 Euro von der Versicherung für die Wiedererrichtung des Bogens. Grundlage sei ein Kostenvoranschlag der polnischen Spezialbaufirma, die zurzeit auch seine anderen Gebäude saniere. Die Step hingegen wollte sich nicht zum Sachverhalt äußern, „da die Thematik noch nicht abschließend bewertet ist“, teilt Sprecher Stefan Klotz mit.

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